Fischerkönige des Backfischfests, Teil 1 (1950er bis 70er Jahre)

Ein Blick in die Geschichte der Ketscher Fischerkönige

Zu Beginn des Ketscher Backfischfests im vergangenen Jahrhundert findet das Königsangeln am Rhein statt und die Festumzüge verfügen jeweils über ein Motto.

Von 
Caroline Scholl
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Fischerkönig Eugen Hemmerich wird hier 1970 mit dem offen Wagen abgeholt. © Scholl

Ketsch. In diesem Jahr wird in Ketsch zum 70. Mal das Ketscher Backfischfest gefeiert. Natürlich hat sich in den Jahren das Erscheinungsbild, wie wir es heute erleben, immer wieder verändert. Einen Fischerkönig indes, den hat es schon immer gegeben und alle Würdenträger, die mit unserer Zeitung im Gespräch waren, verbindet eines: Ein großer Stolz, einmal oder manchmal auch mehrfach Fischerkönig und somit Regent eines der größten Volksfeste im Umkreis gewesen zu sein.

Wir blicken mit einer Kurzserie mit drei Teilen zurück auf sieben Jahrzehnte Backfischfest und wagen mit dem amtierenden Fischerkönig einen Ausblick in die laufenden und kommenden Jahre.

Das erste Ketscher Backfischfest dauerte 1952 drei Tage

Ganze drei Tage dauerte das erste so benannte Backfischfest, das 1952 vom 2. bis zum 4. August gefeiert wurde. Damals lockte das Fest schon rund 6000 Besucher an, lässt sich in Archiven nachlesen, und Mitte bis Ende der 1950er Jahre wurde das Fest auf zwei Wochenenden erweitert und über einen eigens gebauten Zugang zum Bruch fanden schon rund 30 000 Besucher den Weg ins Zelt.

Zu den Höhepunkten gehörten in den ersten zehn Jahren Motto-Backfischfestumzüge. Der erste Zug 1952 hatte das Motto „Enderle von Ketsch“ mit einem gleichnamigen Festwagen und einer Buchstabengruppe Backfischfest. Später in den 1950ern lockten Varietéabende, Auftritte des Pfälzer Volkssängers Kurt Dehn und Bier von der Pfisterer Brauerei die Gäste ins Zelt. Autoscooter oder die Schiffschaukeln waren auf dem Festplatz mindestens genauso begehrt wie Zuckerstangen und „Mohrekepp“ vom „Gutselstand“.

Fischerkönig 1970: Eugen Hemmerich (l.) mit den damaligen Prinzen. © REPR/SCHOLL

„Das Königsangeln fand damals im sogenannten ,Strom’ statt, also auf dem Rhein – den Anglersee, den hatte noch keiner vollständig ausgehoben. Gefangen wurden Brachsen, Rotaugen oder Sonnenbarsche, seltener auch Zander und es machten etwa 100 Angler mit, denn Fischerkönig zu werden, war eine begehrte Trophäe“, erinnert sich der heute fast 95-jährige Fischerkönig aus dem Jahr 1958.

Auch, dass man mit Bambusgerten angelte, weiß er zu berichten. Der Fisch, der gebacken verkauft wurde, stammte in den Anfängen aus Ketsch und zwar direkt von den Fischern. In den 1960er Jahren dann waren Programmpunkte wie das Fischessen der Dorfältesten gesetzt und Tanzabende auf dem eigens gebauten Tanzboden gab es ebenso wie Kaffee und Kuchen am Nachmittag aus der Weinlaube der Gaststätte ,Vater Rhein’. Musikalisch erklang das Lied ‚Blondes Fischermädel’ von Willi Sommer und der Frühschoppen mit der 33. US-Army-Band brachte Big-Band-Sound ins Zelt.“

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Eugen Hemmerich gelang es schließlich im Jahr 1970, die begehrte Fischerkönigskette für sich zu gewinnen. „Wir haben damals im ‚unteren See’, also am Rhein, etwa rechts vom Wildschweingehege, geangelt und die Konkurrenz war groß. Jeder hatte seine eigene Taktik mit den Ködern. Ich setzte auf Mückenlarven. Die konnte man allerdings nicht einfach kaufen. Daher gingen mein Anglerfreund Dieter Landfried und ich morgens bei St. Leon in den Kraichbach. Er holte die Larven aus dem Schlamm und ich stand wie ein Goldgräber mit dem Sieb parat, um an die Larven zu kommen“, sagt Hemmerich und lacht. Der sympathische Ketscher berichtet, welche Freude es damals war, mit einem Autokorso, begleitet von dem Ketscher Fanfarenzug und dem Musikverein, durch die Gemeinde Richtung Festzelt zu fahren.

Dort wurde mittlerweile Schwanengold aus Liter-Steinkrügen ausgeschenkt, erst ab 1979 gab es 0,4-Liter-Glaskrüge. Auf den Bierdeckeln von Schwanenbräu wurde der Festtermin des Backfischfestes in Ketsch in der Gastronomie publik gemacht.

Beim Backfischfestumzug 1952 lautet das Motto „Enderle von Ketsch“. © REP/SCholl

Eugen Hemmerich fällt dazu direkt eine weitere Anekdote aus seiner Fischerkönigzeit ein: „Am ersten Abend nach der Ehrung auf der Bühne gab man mir den Dirigentenstock in die Hand, damit ich das Orchester dirigieren sollte. Ich war so euphorisch, dass ich danach alle zum Bier einlud. Aber es waren 45 durstige Musiker. Auf einen Schlag hatte ich somit alle Freibons für Bier in der ersten Stunde meiner Amtszeit verbraten“, erinnert er sich mit einem breiten Lächeln.

Musikalisch waren in dieser Zeit die „Bentley Sisters“ aus Holland oder die „Linzer Buam“ genauso Publikumsmagneten wie ansonsten das Ballonwettfliegen oder die Höhenfeuerwerke.

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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