Rheinhallengaststätte

Fastenbrechen in Ketsch zeigt Verzicht als Bereicherung

Die Tradition des gemeinsamen Fastenbrechens soll den Zusammenhalt mit Muslimen in der Gesellschaft stärken. Deshalb sind auch Nicht-Muslime eingeladen - und folgen dem Aufruf gerne.

Von 
Caroline Scholl
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Leckere Speisen werden für das Iftar von den Familien zubereitet. © SCHOLL

Ketsch. Der Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr von gläubigen Muslimen in der Zeit vom 10. März bis zum 9. April begangen wird, ist nicht nur eine der fünf Grundpflichten des Islam, sondern für die Praktizierenden eine ganz besondere intensive Zeitspanne. „Dazu gehört, dass in der Zeit vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unter anderem auf Essen und Trinken verzichtet wird“, erklärt Anne Ashour-Leidinger vom Integrationsbüro in Ketsch.

Mit durch ihre Initiative ist vor einigen Jahren in der Enderlegemeinde die Idee entstanden, ein gemeinsames Fastenbrechen während der Ramadanzeit als Begegnungsmöglichkeit für Muslime und Nicht-Muslime zu etablieren. Hintergrund sei dabei, miteinander ins Gespräch zu kommen, Verständnis und Toleranz für die unterschiedlichen Kulturen zu schaffen und somit die Herzen füreinander zu öffnen.

120 Plätze in Rheinhallengaststätte Ketsch schnell belegt

In der Rheinhallengaststätte wurden also die Tische eingedeckt und von den über 120 Plätzen waren später alle belegt, denn das Iftar, wie das gemeinsame Essen nach Sonnenuntergang genannt wird, genießt einen hohen Stellenwert als soziales und intensives Erlebnis. „Die Gäste, die wir erwarten, kommen vorwiegend aus Ketsch und es ist immer wieder schön mitzuerleben, wie harmonisch und friedvoll diese besondere Veranstaltung abläuft“, freut sich Nicole Verclas vom Integrationsbüro. Zum Fastenbrechen, zu dem alle Interessierten gleich welcher Konfession geladen sind, bringen die muslimischen Familien köstliche Speisen für ein gemeinsames Buffet mit, und schnell entsteht so nach und nach eine große Auswahl herzhafter und süßer Leckereien.

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„Da die Muslime, die heute hier sind, ursprünglich aus ganz unterschiedlichen Regionen kommen, sind auch die Speisen und Traditionen sehr vielseitig. Wie der Ramadan und das Iftar begangen werden, überliefert sich über die Generationen in den Familien. Manche essen als erstes eine Dattel, manche beginnen mit einer herzhaften Suppe und manche beginnen mit einem Gebet, nachdem pünktlich nach Sonnenuntergang der Gebetsruf ertönt. Alle verbindet, dass man das Essen in dieser Zeit besonders wertschätzt und sich darüber bewusst wird, dass das Angebot an Nahrung keine Selbstverständlichkeit ist“, erklärt Latifa Yahia-Cherif, Integrationsmanagerin beim DRK.

Auch christliche Ketscher beim Fastenbrechen dabei

Zum gemeinsamen Fastenbrechen sind an diesem Abend mit Pfarrer Christian Noeske und Diakon Kurt Gredel auch Vertreter der christlichen Konfessionen der Einladung gefolgt. „In unserem Bibel-Koran-Kreis stehen wir kontinuierlich im gemeinsamen Austausch und mein Respekt gilt den Muslimen, die den Ramadan, der doch mit viel Enthaltsamkeit einhergeht, begehen“, bekräftigt Chrisitan Noeske.

Das gemeinsame Fastenbrechen ist seit einigen Jahren eine schöne Tradition in Ketsch -  und ein Ort der Begegnung. © SCHOLL

Eine Nicht-Muslimin, die aus Solidarität schon seit fünf Jahren den Ramadan begeht, ist Natalie Fisbeck-Groh aus Ketsch. „Ich habe mich schon immer für die unterschiedlichen Kulturen interessiert, habe Arabisch gelernt und zahlreiche muslimische Freunde. Da entstand die Idee, den Ramadan mitzubegehen und ich erlebe die Zeit als eine sehr entschleunigte Phase. Man strukturiert sich innerlich anders und schärft das eigene Bewusstsein. Natürlich ist es erst einmal ungewohnt, doch der Körper stellt sich doch relativ schnell um und durch den Verzicht erfährt man viel Bereicherung“, so die Mutter von Kindern im Alter von acht bis 15 Jahren.

Als kurz nach halb sieben der Gebetsruf durch die Rheinhallengaststätte klingt, ist auch Bürgermeister Timo Wangler mit seiner Frau Katja anwesend und nutzt die Gelegenheit, wie viele Interessierte auch, mit Muslimen aus Ketsch ins Gespräch zu kommen – bevor schließlich, dem Anlass angemessen, gemeinsam gegessen wird.

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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