Alte Schule

Gewaltprävention in Ketsch: Ein starkes „Nein“ muss geübt sein

Gewaltpräventionstrainerin Lina Mörixbauer vermittelt der Klasse 2a das Sesista-Programm – Kinder sollen richtig reagieren, wenn Fremde sie ansprechen.

Von 
Caroline Scholl
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Mit Empathie und der nötigen Ernsthaftigkeit – ein starkes „Nein“ mit einer entsprechenden Abwehrhaltung: Das hat Wirkung. Lina Mörixbauer zeigt den Kindern, wie sie hierbei die Körpersprache einsetzten können. © Scholl

Ketsch. Die Klasse 2a wartet gespannt in ihrem Klassenzimmer, denn es steht ein ganz besonderer Besuch an. „Die Schüler absolvieren heute das vierte und somit finale Modul des Sesista-Programms, welches wir als Partnerschule schon seit vielen Jahren immer in den ersten Klassen starten“, erklärt Schulleiterin Sylvia Schimmeier. Auch an der Neurottschule werde das Programm, welches von der Gemeindeverwaltung finanziert wird, umgesetzt.

In dem vor 20 Jahren von Selbstverteidigungslehrer Jürgen Mörixbauer entwickelten Kurs geht es darum, Kinder „Selbstbewusst, stark und sicher“ zu machen. Dafür stehe die Abkürzung Sesista. Schwerpunkte des Programms sind die Selbstbehauptung, Gefahrenvermeidung und -analyse, Grundlagen und Praxis der Selbstverteidigung und das Bewähren in modellhaften Situationen. Mit verschiedenen Übungen, eingängigen Grundregeln, die von den Schülern immer wieder skandiert werden, lernen sie Gefahrensituationen zu erkennen, diese einzuschätzen und im Ernstfall zu bewältigen. Eine große Rolle spiele dabei die Einordnung der eigenen Gefühle, die Einschätzung des Gegenübers und ein starkes „Nein“, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt.

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„Leider ist in den vergangenen Jahren der Bedarf gestiegen, immer wieder hört man von Situationen, in denen Kinder auf dem Schulweg angesprochen werden. Das Einüben und somit das Verinnerlichen des im Kurs Gelernten spielt daher eine ganz zentrale Rolle. Die Nachhaltigkeit beginnt, wie man so schön sagt, bei den Eltern, die im Vorfeld der Sesista-Kurse in Infoabenden informiert werden und mit Infomaterial versorgt werden, um auch nach dem Kurs mit ihren Kindern das Gelernte zu wiederholen und zu üben. Auch die Lehrer binden oft die Inhalte von Sesista in den Schulalltag mit ein, was den Schülern zugutekommt“, bestätigt Lina Mörixbauer, die mit viel Empathie und der nötigen Ernsthaftigkeit die Schüler an diesem Tag durch das Sesita-Programm begleitet.

Für Gewaltprävention ein Passwort ausgemacht

„Wisst ihr noch was eure Hausaufgaben waren und habt ihr die gemacht?“, fragt sie in die Runde und schon schnellen die Finger nach oben. Eine Schülerin erklärt: „Meine Eltern und ich haben ein Passwort ausgemacht.“ Auch, dass dieses Passwort sonst niemand wissen darf, wissen die Schüler. Es wird dann verwendet, wenn beispielsweise jemand behauptet, von den Eltern geschickt oder beauftragt worden zu sein, beispielsweise das angesprochene Kind abzuholen.

Doch wie sieht es in der Anwendung mit diesem Wissen aus? Die Gewaltpräventionstrainerin inszeniert hierzu ein Rollenspiel, bei dem sich eine Schülerin vorstellen soll, sie sei alleine zu Hause und das Telefon klingelt. Lins Mörixbauer gibt dann am Telefon vor, eine Postbotin zu sein, die mit der Mutter ausgemacht habe, ein Paket abzugeben und vereinbart sogar ein Klingelsignal.

Die Schüler werden nun darauf sensibilisiert, auf keinen Fall mitzuteilen, dass sie alleine zu Hause sind und niemals die Türe zu öffnen – das Ganze wird mit einem Merksatz manifestiert. „Mit Mama und Papa besprecht ihr bitte, ob überhaupt ans Telefon gehen sollt. Und auch hier hilft euer Passwort, wenn ihr doch mal am Telefon seid und jemand etwas von euch möchte. Doch was macht ihr, wenn es klingelt und die Polizei steht angeblich vor der Tür“, fragt Mörixbauer weiter. Hier lernen die Kinder, dass sie immer die 110 oder 112 in einer solchen oder auch in einer anderen Situation, die sich seltsam anfühlt, anrufen können und Hilfe bekommen.

Die beiden Nummern werden ebenso mit Reimen oder Eselsbrücken wie „eins minus eins ist null“ oder „eins plus eins ist zwei“ geübt.

Schon geht es weiter im Programm und die achte Grundregel wird an diesem Tag wiederholt: „Ich ersticke das Problem im Keim mit einem starken Nein.“ Dass dieses „Nein“ nicht etwa geschrien, sondern bewusst, laut und deutlich und mit einem festen Blick ausgesprochen wird, üben die Kinder in Rollenspielen und machen ihre Sache dabei richtig gut, wie Lina Mörixbauer bestätigt. Bei der anschließenden „Meisterprüfung“ wurden die Kinder, die nun das komplette Sesista- Programm absolviert haben, mit einer Urkunde belohnt, wobei die Trainierin betont: „Nicht nur die Urkunde macht den Meister, sondern die Übung.“

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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