Selbstbewusst, sicher, stark

Ketscher Grundschüler lernen, mit klarem „Nein!“ Grenzen zu setzen

Selbstverteidigungslehrer Jürgen Mörixbauer hat ein Programm entwickelt, das Grundschülern helfen soll, selbstbewusst, sicher und stark zu sein.

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Jürgen Mörixbauer von SeSista übt eine Angriffsituation. Die Schülerin hat gelernt: Zubeißen eine Chance ist, sich zu befreien. © SCHOLL

Ketsch. Mayla (8) geht ein kurzes Stück über den Schulhof und biegt um die Ecke, als ein Mann sie anspricht. Doch ganz selbstbewusst reagiert die Grundschülerin sofort richtig, sie dreht sich weg, als sie zunächst geschubst wird und als der Mann sie am Arm festhalten will, versucht sie ihn zu beißen und kommt frei, denn die Schrecksekunde des Angreifers kann sie zum Weglaufen nutzen.

Glücklicherweise ist dieses Szenario an diesem Donnerstagvormittag Teil einer Übung und nur gestellt, denn gemeinsam mit ihrer Klasse hat Mayla gerade die erste und dritte Grundregel aus dem „Sesista“-Kurses, in denen es heißt „Spricht mich jemand an, gehe ich einfach weiter dann“ und “Greif mich, dann beiß ich“ wiederholt und nun mit Jürgen Mörixbauer, der in dieser Szene den Angreifer mimt, ganz praktisch ausprobiert. Seit vielen Jahren sind die Neurottschule in der Gartenstraße und die Alte Schule in Schulstraße in Ketsch Partnerschulen von „Sesista“ - eine Abkürzung für „Selbstbewusst, sicher stark“- einem Programm, das der Selbstverteidigungslehrer Jürgen Mörixbauer entwickelt hat, um Kindern und Jugendlichen genau die Eigenschaften aus dem Namen zu vermitteln.

Ketscher Grundschüler lernen Selbstverteidigung: Gefahren einschätzen lernen

Der Kurs, den die Gemeindeverwaltung finanziell trägt, wird in insgesamt vier Modulen in den Klassenstufen 1 und 2 durchgeführt. Vorab gibt es einen Informationselternabend, um die Eltern in dieses wichtige Thema mit einzubeziehen. „Basis von allem ist es, dass die Kinder Gefahrensituationen erkennen, diese einschätzen können, um diese im Ernstfall zu bewältigen“, erklärt Mörixbauer im Gespräch beim Besuch dieser Zeitung. Dabei gehe es darum, die eigenen Gefühle einzuordnen und auch die des Gegenübers einschätzen zu lernen und Grenzen zu setzen. Wichtig sei dabei das bewusste „Nein!“ - „denn fühlt sich etwas an wie Igitt- dann mache ich nicht mit“, so einer der Merksätze des Kurses.

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In Rollenspielen wird dies vertieft. Auch die Analyse von Gefahrensituationen ist Teil des Programms und schließlich werden mögliche Angriffe simuliert und schnelle, für Kinder durchführbare, Abwehrtechniken erlernt und ausprobiert, sodass die Kinder praktisch üben können, wie man sich verhält, wenn einen jemand beispielsweise am Schulranzen festhält. Mit sich reimenden, eingängigen Grundregeln werden Inhalte vertieft und beherzt von den Kindern skandiert: „Mama oder Papa müssen immer, immer, immer wissen wohin ich geh’ und mit wem ich geh.“ Doch was ist zu tun, wenn jemand vorgibt, von den Eltern geschickt worden zu sein, um das Kind abzuholen? Hier hat Jürgen Mörixbauer eine gut praktikable Lösung: „Ihr vereinbart mit euren Eltern ein geheimes Passwort, das nur ihr und Mama und Papa kennen. Wenn dies jemand nicht kennt, dann geht ihr nicht mit. Auch wenn jemand euren Namen weiß, oder den eurer Eltern“, so der erfahrene Trainer.

Ketscher Grundschüler lernen Selbstverteidigung: Namensschilder problematisch

Er erklärt den Schülern weiter, dass beispielsweise Namensschilder an den Schulranzen oder Rucksäcken den Tätern - Mörixbauer nennt sie im Vortrag die Pappnasen - den eigenen Namen und die Adresse verraten können, und dass man diese immer innerhalb der Schultasche tragen soll, nie von außen sichtbar. Auch Kindernamen an Autoscheiben stellt er in Frage, können sie ja schließlich zur direkten Ansprache eines Kindes führen. „Kinder beschreiben Täter immer als böse, schwarz oder dunkel gekleidet oder fremd aussehend und vielleicht bewaffnet. In Sesista verdeutlichen wir ihnen, dass ein Täter aussehen kann wie jeder andere auch und es auch bekannte Menschen sein können, die zu Pappnasen werden. Es ist wichtig, dass die Kinder sich auf ihr Bauchgefühl verlassen und es gilt: ‚Ein gutes Geheimnis bleibt bei mir, ein schlechtes Geheimnis erzähle ich dir’ (Mama oder Papa oder andere Vetrauensperson).“

Auch müssten die Kinder wissen, dass sie in Schutzräumen wie zum Beispiel Geschäften entlang des Schulwegs Hilfe bekommen und wenn sie laut „Feuer, Hilfe, Feuer“ rufen und eine Person die sie bedrängt mit „Sie“ ansprechen und sagen „Lassen Sie mich in Ruhe“ Aufmerksamkeit von anderen da sei. Auch Stellen, an die sich Kinder telefonisch wenden können seien wichtig, betont der Sicherheitsfachmann. In der Schule werden die zehn Grundregeln von „Sesista“ immer wieder mal wiederholt und auch zuhause sollten die Eltern das erlernte mit den Kindern üben. „Beim Thema Selbstbehauptung und dem Verhalten in Gefahrensituationen gilt schließlich: Übung macht den Meister“, bekräftigt Jürgen Mörixbauer.

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