Unfallvermeidung

Hundetraining für Zusteller in Ketsch: So schützt die Post ihre Mitarbeiter vor tierischen Angriffen

Mit einem speziellen Training schulen Deutsche Post und DHL in Ketsch Mitarbeiter aus der Region im Umgang mit Vierbeinern. Dabei geht es viel um Körpersprache und gesunde Vorsicht.

Von 
Benjamin Jungbluth
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„Ruby“ in Aktion: Die speziell trainierte Sporthündin verbeißt sich im „Paket“ von DHL-Zusteller Matthias Sen, während die Hundetrainer Cedric Zimmermann (v. l.) und Erik Aubertin Anweisungen geben und Zustellkollege Fahri Abali die Szene beobachtet. © Benjamin Jungbluth

Ketsch. Erst ist von „Ruby“ nur ein Knurren zu hören, während sie Matthias Sen ganz genau fixiert. Weil er aber immer näherkommt, schlägt die kraftvolle Hündin lautstark an. Und als der junge Paketbote schließlich einen Gegenstand in ihre Richtung reicht, springt sie mit einem kraftvollen Satz plötzlich nach vorne und verbeißt sich darin.

Zum Glück trägt Matthias Sen gerade kein Paket aus, sondern hält einen stabilen Beißschutz vor sich. Und „Ruby“ wiederum hat keine bösen Absichten: Für die fünf Jahre alte Belgische Schäferhündin ist das alles nur ein Spiel, für das sie extra ausgebildet worden ist. An diesem Nachmittag ist sie der heimliche Star bei einem besonderen Training auf dem Ketscher Zustellstützpunkt in der Durlacher Straße. Dabei lernen Mitarbeiter von Deutscher Post und DHL, wie sie sich im Umgang mit Hunden richtig verhalten.

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„Im Praxisteil mit unserer ,Ruby‘ wollen wir den Teilnehmern zeigen, welche Kraft hinter einem solchen Tier steckt und wie sich das eigene Verhalten auswirken kann“, erklärt Hundetrainer Erik Aubertin, der die Schulung anleitet. Die kleine Gruppe an Post- und Paketboten kommt dabei aus der ganzen Region der Mannheimer Niederlassung, die für die Postleitzahlen mit den Anfangsziffern 68 und 69 zuständig ist.

Von Ketsch gehen Zustellungen nach Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt

Im Ketscher Zustellstützpunkt, wo bis zum Umzug nach Plankstadt im kommenden Jahr alle Sendungen für Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt verarbeitet werden, gibt es ausreichend Platz für die Theorie- und Praxisteile des kleinen Lehrgangs.

Die dabei ausgebildeten Mitarbeiter sollen ihr frisch erworbenes Wissen dann nebenbei an Kollegen weitergeben, denn das Thema Hundeunfälle ist für den Postkonzern durchaus relevant. Deutschlandweit gab es 2024 fast 1.900 solcher Unfälle, was zu über 1.000 Tagen unfallbedingter Ausfälle führte. Im Bereich der Mannheimer Niederlassung waren es immerhin 61 Unfälle, die 29 Ausfalltage nach sich zogen.

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„Wir nehmen das Thema entsprechend ernst und versuchen, unseren Kollegen eine möglichst realitätsnahe und fundierte Unterstützung an die Hand zu geben“, erklärt Unternehmenssprecher Marc Mombauer die Hintergründe des Ketscher Trainings. „Natürlich lassen sich nicht alle Vorfälle vermeiden, aber wenn man die Verhaltensweisen von Hunden und ihre Kommunikation kennenlernt, kann man in schwierigen Situationen oft besser reagieren.“

Training in Ketsch: So kommunizieren Hunde

Genau da setzt Hundetrainer Erik Aubertin an. Mit seinem Kollegen Cedric Zimmermann und Hündin „Ruby“ ist er extra aus dem Saarland angereist, um die Zusteller der Mannheimer Region für das Thema zu sensibilisieren. „Wir bieten solche Schulungen deutschlandweit für die Post an, weil das dabei vermittelte Wissen sehr wichtig ist: Hunde kommunizieren sowohl mit Artgenossen als auch mit Menschen nach ganz bestimmten Mustern. Wenn ich diese Muster erkenne, kann ich richtig reagieren und die allermeisten Situationen entschärfen“, erläutert Aubertin.

Fühle sich ein Hund etwa bedroht oder unsicher, wähle er je nach Prägung eine von vier klassischen Verhaltensweisen. Das Beschwichtigen – beispielsweise durch das Anlegen der Ohren, das Lecken des eigenen Gesichts oder das Wegdrehen des Kopfes – werde dabei mitunter von Menschen missverstanden, sodass sie sich dem Hund noch mehr zuwenden.

„Das führt dann aber oft entweder zur Flucht oder dem regelrechten Einfrieren, also einem Erstarren des Hundes. Das sind zwei weitere Verhaltensweisen, die deutlich zeigen, dass der Hund gestresst ist und in Ruhe gelassen werden will“, so Aubertin. Wenn alle diese Signale missverstanden würden, könne die letzte Reaktion folgen: Der Kampf, was bei vielen Hunden zwar eher ein leichtes Schnappen sei, manchmal aber eben auch mehr.

Postboten lernen in Ketsch, Eskalationen mit Hunden zu vermeiden

Damit solche Situationen nach Möglichkeit gar nicht erst so weit eskalieren, rät der Experte dazu, sich fremden Hunden immer mit Respekt zu nähern und sie eher zu ignorieren als sie bewusst anzusprechen. „Wegrennen, hektische Bewegungen oder auch ein direktes Zugehen auf das Tier sollte man auf jeden Fall vermeiden. Zusteller haben zudem noch das Problem, dass sie aus Sicht des Hundes in deren Territorium eindringen. Deshalb ist es völlig in Ordnung, wenn in einem solchen Fall das Paket nicht direkt übergeben, sondern etwas entfernt abgelegt wird“, wirbt Aubertin um einen pragmatischen Umgang im Arbeitsalltag.

Hundehalter wiederum sollten von sich aus Situationen vermeiden, die problematisch werden könnten: Den Hund, auch wenn er noch so lieb ist, vor dem Öffnen der Tür einschließen oder den Briefkasten außen am Grundstück anbringen.

DHL-Zusteller Matthias Sen hat selbst noch keine schlechten Erfahrungen mit Hunden gemacht, sieht das Training aber als gute Präventionsmaßnahme. „Man lernt zu verstehen, wie ein Hund denkt und was er mir sagen will“, sagt Sen. „Und einmal selbst zu erleben, welche Kraft so ein Tier hat, ist wirklich krass“, fügt er lachend hinzu, während „Ruby“ weiter an seinem Beißschutz hängt und nach Kräften daran zerrt.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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