Ketsch. Seit 2016 organisiert das Team von „Sunday Movies“ einmal im Monat ein Filmmatinee, welches ein Ort der Begegnung für verschiedene Kulturen ermöglicht. Hierbei geht es um Respekt, Toleranz und ein ungezwungenes Miteinander, bei dem immer ein Film für die ganze Familie gezeigt wird. Zur Septemberausgabe des Formats, bei dem am kommenden Sonntag, 15. September, der Film „Mama Muh und die große weite Welt“ gezeigt wird, ist es dem Organisationsteam um Kommunikationsexpertin und Moderatorin Janine Mareille Ruch gelungen, den Personal-Brand-Fotografen Irnis Kubat als Gesprächspartner zu gewinnen.
In einem Gespräch mit unserer Zeitung gibt Irnis Kubat gerne Einblicke in seine Erfahrungen, die er selbst mit dem Thema Integration in Deutschland gemacht hat. „Ich bin vor 13 Jahren aus Bosnien nach Deutschland gekommen, denn dort waren die Umstände so, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dort eine Familie zu gründen oder mit gutem Gewissen sagen konnte, hier ist ein Land, in dem ich meine Kinder aufwachsen lassen möchte“, erklärt der 41-jährige, der damals im Alter von Ende 20 bereits ein Diplom als Lehrer erlangt hatte. Dieses wurde allerdings nicht anerkannt, sodass Irnis zunächst einen Job bei der Deutschen Post als Paketfahrer annahm, was in den nächsten acht Jahren sein Hauptberuf blieb.
Bosnier berichtet in Ketsch: Sprache ist der Schlüssel zur Integration
„Ich merkte schnell, dass der entscheidende Schlüssel zu Integration das Lernen der Sprache ist, aber auch die Bereitschaft offen und herzlich auf Menschen zuzugehen, ganz ohne Vorurteile. Heute würde ich sogar sagen, ich hätte mich schon viel früher trauen sollen, einfach Deutsch zu sprechen, meistens versteht man ja zunächst mehr, denn so lernt man eine Sprache am schnellsten und kommt mit den Menschen in Kontakt“, so Kubat.
„Bei allem, was man tut, sollte stets der Mensch im Vordergrund stehen und wenn es Hürden gibt, dann ist es wichtig, lösungsorientiert zu handeln. Ich kann heute sagen, vieles ist möglich, wenn man die Bereitschaft dazu hat. So musste ich, weil eben damals die Vorgaben so waren, noch einmal eine Fahrprüfung machen, obwohl ich in Bosnien schon längst den Führerschein hatte. Ob dies sinnvoll war, spielt keine Rolle, es war so und nötig für den Job, also machte ich es“, erläutert der Vater von zwei Kindern.
Seit Irnis Kubat in Deutschland ist, habe er immer in der Rhein-Neckar-Region gelebt und sich dort stets wohlgefühlt. „Mit wurde außerdem schnell bewusst, dass es wenig Sinn macht ‚unter sich’, also in meinem Fall unter Bosniern zu bleiben, wenn man in einem neuen Land Fuß fassen möchte. Man spricht dann nur die eigene Sprache und erlebt nur die eigene Kultur, was einen nicht weiterbringt, wenn man es wirklich ernst nimmt, mit der Integration“, führt Irnis Kubat weiter aus.
Ein großes Netzwerk an Freunden und Bekannten in Ketsch
Auch wenn der sympathische Wahloftersheimer längst schon nicht mehr für die Deutsche Post in Ketsch unterwegs ist, hat er sich ein großes Netzwerk von Freunden und Bekannten aufgebaut und vielen ist er als der liebenswerte Paketfahrer, der immer ein Lächeln auf den Lippen trägt und ein freundliches Wort hat, in Erinnerung geblieben.
Mittlerweile hat sich Irnis Kubat ein eigenes Berufsfeld erschlossen und machte sein Hobby – die Fotografie – zum Beruf. „Zunächst arbeitete ich als Hochzeitsfotograf, dann kam die Pandemie und heute bin ich selbstständig als Personal-Brand-Fotograf aktiv und außerdem als Berater. Ich baue ein Netzwerk für Gründer auf, denn ich hätte mir dies für mich selbst sehr gewünscht, als ich mich für den Schritt in die Selbstständigkeit entschied. Da gibt es so viele Dinge, die man beachten muss und oft weiß man einfach nicht, woher man wichtige Informationen bekommt. So möchte ich anderen Gründern auf ihrem mutigen Weg helfen“, ergänzt Irnis Kubat.
Sunday Movies in Ketsch thematisiert Lösungsvorschläge für das Gelingen von Integration
„Ich selbst sehe mich als Teil einer Community in Deutschland und ich weiß, dass erfolgreiche Integration für alle Seiten eine große Aufgabe ist. Persönlich würde ich sagen, dass Einwanderung bestenfalls an Jobs oder an nötige Ausbildungen gekoppelt sein sollte. Irgendwie sollte es ja klar sein. Wenn wir später Rente erhalten wollen, dann muss man auch in die Rentenkassen einzahlen, also arbeiten. Ich wünsche mir daher für die Zukunft, dass auch in der Politik mehr lösungsorientiert gearbeitet wird und schneller agiert wird“, so eine Hoffnung von Kubat.
„Die Zeiten sind aktuell sicher nicht einfach, doch wir alle, gleich welcher Herkunft, können gemeinsam etwas dafür tun, damit unsere Zukunft für unsere Kinder positiv wird“, bemerkt Irnis Kubat.
Am Sonntag ist er zu Gast bei den „Sunday Movies“ und das Publikum darf sich auf einen Gast freuen, der ganz authentisch und offen von seinen persönlichen Erfahrungen berichtet.
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