Ketsch. „Ich habe nicht nur Wurzeln in Bremen, sondern war auch Waldorfschüler“, sagte Kabarettist Jakob Friedrich. Der Schnell- und Querdenker gastierte am Samstagabend im Ferdinand-Schmid-Haus. Dieser trat mit seinem Programm „I schaff mehr wie Du!“ auf. Besucher ließen sich Sprachwitze und Gedankensprünge über die schwäbische Mentalität, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge sowie seinen Arbeitsalltag nicht entgehen. Gnadenlos lotete der Stimmenimitator dabei die Grenzen des Sagbaren aus. Ein Kabarett voller Spontanität, vom Publikum enthusiastisch gefeiert, das für Genuss an Comedy sorgte.
„Ich bin selbst schwäbischer Facharbeiter, aber ich habe einen Migrationshintergrund, denn meine Eltern kommen aus Bremen.“ Als Mechatroniker hatte der Humorist einige Anekdoten aus seinem Berufsalltag im Programm. Friedrich berichtete von ersten Arbeitstagen, imitierte die Gespräche mit seinem Chef und den Kollegen. So glaubt Friedrich, Kollege Volker sei ein gebürtiger Facharbeiter und begann spielerisch die Stimmen von Hebamme und Mutter im Kreissaal nachzuahmen. Bei der Frage nach dem Geschlecht war die Antwort: „Ich seh’s nicht. Der trägt ’ne blaue Latzhoos“, so Hebamme Friedrich.
Jakob Friedrich in Ketsch: Stereotyp des Schwaben
Damit kitzelte er gekonnt die Lachnerven des Publikums. Da nimmt das Neugeborene Volker den Schnuller raus und sagt zur Hebamme im schwäbischen Dialekt, wofür sie denn ihre Hände waschen müsse, sie hat doch den ganzen Tag „nichts gschafft“. Hier grüßt das Stereotyp des Schwaben. Denn wenn man die Bremer mit den Schwaben vergleicht, dann werde klar, die Schwaben setzen bei ihrer Arbeitsethik noch einen drauf.
„Also bei mir ist das anders, denn ich bin eher so gebürtiger Waldorfschüler“, sagte Friedrich und wechselte das Thema zu dem bedingungslosen Grundeinkommen. Der 38-jährige Kabarettist ist der Meinung, das bedingungslose Grundeinkommen sei die logische Konsequenz aus der technischen Entwicklung. Daraufhin zeigte er in einem Schauspiel den Tauschhandel von Gleichrichterplatine und Sonnenblumenbrot auf. Er wollte auch mal „Tacheles“ mit seinem Chef reden, was er von dem bedingungslosen Grundeinkommen hält. Doch die Antwort blieb bei einer Gegenfrage „Was isch jetzt mit dene Kabel, räumsch du die jetzt auf?“ Sein Nachbar Jürgen antwortete hingegen: „Wo soll das Geld dafür herkomme, hasch du dir des mal überlegt?“ Ebenso provokant wie amüsant zerpflückt er genüsslich aus seiner Sicht kritikwürdige sozialpolitische Maßnahmen.
Jakob Friedrich in Ketsch: CDU wie „frisches Dosengemüse“
Gleichermaßen bekam in seinem Programm auch die CDU ihr Fett weg. Denn diese halte sich für innovativ und konservativ. „Das ist ja wie frisches Dosengemüse. Oder mit Vollgas auf der Stelle stehen.“ Aber CDU wählen sei völlig in Ordnung, denn er mache auch manchmal komische Sachen. Die theatralische Art des Mannes in blauer Latzhose kam gut an und bewirkte das, was klassisches Kabarett zum Ziel hat – einen Erkenntnisgewinn durch Reflexion auslösen.
Seine zahlreichen Alltagsgeschichten und die exemplarisch treffenden Beispiele aus Vorstellungsgesprächen und ersten Arbeitstagen hat jeder schon mal in gleicher oder ähnlicher Weise erlebt. So fanden sich die anwesenden Gäste an Stellen des Programms in der Rolle des „neuen Kollegen“ wieder. Außerdem sollte noch das „Waldorfklischee“ an diesem Abend aufgeräumt werden. Denn laut Friedrich können auch Waldorfschüler mal rebellisch werden. Mit der Aussage „Ich habe heimlich meinen Namen mit c getanzt“, traf er bei seinen Zuschauern ins Schwarze. Personen und Themen wurden so Schlag auf Schlag durch den Kakao gezogen.
Jakob Friedrich in Ketsch: Lachen ohne Ende
Nach zwei Stunden Lachnerven-Dauerbeschuss machte Jakob Friedrich noch auf seine neue „So geht’s“-Videoreihe aufmerksam, in welcher sämtliche der imitierten Personen von Azubi bis Chef mitmachen und zeigen „wie man einen Nagel reinhaut“.
Zu guter Letzt bedankte sich der Humorist bei seinen Zuschauern mit den Worten: „Ihr seid ein super Publikum und das sage ich nicht jeden Abend. Nur an den Abenden, an denen ich einen Auftritt habe“ – und erntete damit nochmals einige herzhafte Lacher.
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