Backfischfest

Ketscher Backfischbäcker erklären: Deshalb bleiben die Fritteusen 2022 kalt

Für die Ketscher Fischbäcker Ostfalk und Obeldobel ist das Backfischfest in Ketsch dieses Jahr keine Option. Aus mehreren Gründen.

Von 
Caroline Scholl
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„Dreimal Zander bitte!“ – am Stand von Obeldobel wird 2019 ordentlich geordert. © Brückl

Ketsch. Für beide Fischbäcker, dies sei gleich zu Beginn versichert, ist die Absage der Teilnahme am 69. Ketscher Backfischfest zwar eine wirtschaftlich nachvollziehbare, aber jedoch keine einfache oder leichtfertige Entscheidung gewesen. Mit viel Herzblut und seit Jahrzehnten sorgten Nicole Ostfalk und Peter Obeldobel jeweils links und rechts der großen Backfischfestbühne für leckere Fischspezialitäten, die mit verlässlich hoher Qualität Gäste von nah und fern zur Sause rund um den Backfisch lockten.

„Mein Großvater war praktisch ein Mann der ersten Stunde, als es um das Ketscher Backfischfest ging, dann übernahm mein Vater und danach ich mit meinem großartigen Team von rund 20 Personen den Betrieb des Standes“, sagt Nicole Ostfalk.

Rund fünf Tonnen Fisch

Für Peter Obeldobel, der schon manchen seiner Geburtstage Anfang August beim Fischbacken auf dem Fest verbrachte und dieses Jahr 66 wird, wäre es der 47. Einsatz mit seinen rund 15 Mitarbeitern gewesen. Doch es kam anders, kein Backfisch auf dem Backfischfest, nicht von den Ketscher Fischbäckern und auch sonst nicht, so verkündete es der Angelsportverein 1928 in seiner jüngsten Pressekonferenz. Grund genug, nun die Fischbäcker mal selbst zu Wort kommen zu lassen, denn die Absage beruht auf vielen Faktoren.

2019 stellt sich unter anderem die Frage: Was darf es sein – Zander oder Forelle? © Brückl

„Zunächst ist es das Ordern der Fischmengen zum Anfang des Jahres. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch in einer Zeit, zu der Corona-bedingt überhaupt nicht abschätzbar war, ob ein Fest stattfinden kann – dies vergisst man leicht“, sagt Ostfalk. Dabei gehe es, so erklärt Obeldobel, um Mengen in der Größenordnung von um die fünf Tonnen Fisch.

Beide Stände bieten ein umfangreiches Sortiment an verschiedenen Fischsorten, die gebacken oder geräuchert teils ganz oder als Filet angeboten werden. „Zu der Pandemie kam dann noch die Kriegssituation in Europa. Zander beispielsweise kommt nicht selten aus Russland oder Kasachstan, hier ist die Verfügbarkeit stark eingeschränkt und die Preise entsprechend hoch. Dann kommen gestiegene Preise für das Frittieröl hinzu. Für die 2000 Liter Öl, die ich beim Backfischfest brauche zahle ich den dreifachen Preis. Wie soll man dies an den Kunden weitergeben?“, führt Obeldobel aus.

Doch nicht nur hier liegen Kosten, die es zu kalkulieren gilt. „Zu dem Fisch kommen noch weitere Artikel wie Kartoffelsalat, Pommes, Brötchen oder Remoulade. Gerade bei den Brötchen sind die Preise auch gestiegen, dies kann man kaum noch auf den Kunden umlegen. Dann müssen wir Papier und Tüten für die Verpackung drucken lassen. Kühlwagen müssen geordert, Gewürzmischungen für die Panande bestellt werden und so vieles mehr. Bei einer kurzfristigen Absage wäre dies ein riesiges Problem“, ergänzt Nicole Ostfalk.

Im fünfstelligen Euro-Bereich

Peter Obeldobel beziffert die Kosten auf Beträge mindestens im hohen fünfstelligen Euro-Bereich. Stromkosten und Gaspreise steigen zudem kontinuierlich. Auch das Personal sei ein großes Thema, schließlich brauche man hier große Planungssicherheit. Und wenn während des Festes ein Teil des Personals vielleicht wegen Corona ausfallen würde, wäre dies nicht abzufangen, immerhin seien die steigenden Fallzahlen traurige Realität.

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„Die Auflagen sind da und können sich ständig ändern. Und man braucht Personal, welches sich auskennt. Ich weiß, hier kann ich mich auf mein Team verlassen. Deshalb ist es eben nicht einfach, so auf die schnelle andere Fischbäcker zu finden. Hätte mir einer versichert, alles läuft wie gehabt, dann wäre ich dabei, aber aktuell ist dies einfach nicht realistisch“, weiß Nicole Ostfalk.

Beim Team Obeldobel ist die Personalfrage allein durch die fortgeschrittene Altersstruktur problematisch. Viele, er selbst und seine Schwester, die nun über 70 Jahre alt und eine riesige Stütze am Stand ist, seien nun älter und ein Backfischfest sei eben ein „Knochenjob“.

„Man muss auch bedenken, dass wir ganz andere Auflagen mit Kassensystemen haben, die müssen alle bedienen können. Es ist alles nicht mehr so einfach und ob wir nächstes Jahr dabei sein werden, bleibt abzuwarten, denn die Lage entspannt sich vielleicht nicht so schnell. Schließlich muss alles, wirklich alles von den Fischbäckern selbst mitgebracht und aufgebaut werden und man hat noch weitere Kosten beispielsweise für Zeltmiete, Feuerwerk, Abräumpersonal und die Bewirtung von Gästen“, so Peter Obeldobel. Hier hätte sich der erfahrene Fischbäcker seitens der Backfischfest GmbH mehr Kommunikation gewünscht. „Ich hätte es sehr gut empfunden, wenn Festwirt, ASV und wir beiden Fischbäcker uns vielleicht mal zusammengesetzt hätten und ein Konzept für die Umsetzung des ersten Backfischfestes nach der Pause gefunden hätten. Vielleicht wäre es in kleinerem Stil vom Risiko und den Kosten überschaubarer gewesen. Jetzt quasi von null auf 100 zu starten und dort weiterzumachen, wo man 2019 aufhörte, finde ich persönlich schwierig, denn es hat sich vieles geändert. Auch die Besucher sind von höheren Kosten im Alltag betroffen oder haben in der Pandemie Einbußen gehabt, da muss der ein oder andere sicher beim Festbesuch anders kalkulieren als die Jahre zuvor. Was ich aus Erfahrung weiß, ist, dass gerade Besucher, die von weiter herkommen, besonders wegen des Backfisches gekommen sind. Wenn ich mit meinen Kunden hier spreche, haben alle Verständnis für meine Entscheidung“, versichert Obeldobel. Auch Nicole Ostflak bestätigt dies, wer mit ihr spricht, kann die Gründe nachvollziehen.

Und doch wird ihr, so sagt sie, wenn das Backfischfest startet, das Herz bluten, denn dies ist eigentlich ein wichtiger Teil ihres Lebens: „Ich hoffe sehr, dass es im nächsten Jahr wieder anders läuft und wäre die Erste, die mit dabei ist, wenn die Gegebenheiten stimmen.“

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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