Im Interview

Ketscher Bürgermeister Timo Wangler: „Ich bin froh, dass ich ein so tolles Amtsleiterteam habe“

Bürgermeister Timo Wangler spricht im Interview über den kommenden Haushalt und klärt über die Themen auf, die ihm im neuen Jahr wichtig sind.

Von 
Marco Brückl
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„Wir haben eine Haushaltssperre gehabt. Das können wir auf lange Sicht aber nicht durchhalten“, sagt Bürgermeister Timo Wangler. © Brückl

Ketsch. Zum Neujahrsempfang lädt die Gemeinde Ketsch am Sonntag, 15. Januar, ab 11 Uhr in die Rheinhalle ein. Die Veranstaltung bietet die Gelegenheit, das Jahr 2022 Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf die Planungen für 2023 zu geben. In unserer Redaktion gibt es ungeduldige Redakteure, die nicht so lange warten möchten – Bürgermeister Timo Wangler versteht das und beantwortete unsere Fragen. Im Gespräch ging er unter anderem auf die Themen ein, die ihm im neuen Jahr wichtig sein werden, ein.

Herr Wangler, im Interview nach 100 Tagen (wir berichteten) zogen Sie bereits ein sehr positives Fazit Ihrer neuen Aufgabe als Bürgermeister von Ketsch, nachdem Sie bis zu Ihrer Wahl am 8. Mai 2022 Kämmerer von Sandhausen waren – was hat sich verfestigt nach einem halben Jahr, was hat sich vielleicht geändert seitdem?

Timo Wangler: Es gilt für mich nach wie vor: Bürgermeister ist ein Traumberuf. Es ist ein Privileg für mich. Ganz klar. Es macht immer noch Spaß. Und ich kenne nun auch alle Strukturen. Ich habe mit vielen, vielen Leuten gesprochen. Ich habe alle Außenstellen durch, ich habe alle besucht. Das ist auch ganz wichtig. Mit den Personalgesprächen intern bin ich durch. Ich habe nun ein wesentlich besseres Bild von den Menschen, von den unterschiedlichen Charakteren der Mitarbeiter in der Verwaltung. Auch nach wie vor ist das Amtsleiterteam super – ich bin froh, dass ich so ein tolles Amtsleiterteam habe. Aber auch die anderen Mitarbeiter ziehen alle mit. Natürlich gibt es immer auch Wünsche von den Mitarbeitern und von mir. Und es wird nicht immer alles bejubelt. Aber ich denke schon, dass wir eine gute Stimmung haben und ich versuche auch, viel für die gute Stimmung zu machen. Mir ist nach wie vor wichtig, das Personal mitzunehmen. Ich bin ein Teamplayer. Wir sind nur so stark wie das schwächste Glied. Das heißt, man muss die Leute mitnehmen und auch anhören.

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Was heißt, Sie machen was für die Stimmung, wie sieht das konkret aus?

Wangler: Zum Beispiel gestalten wir gerade einen Personalraum. Wir haben gestrichen. Wir legen einen neuen Boden. Wir haben das alles selber geplant.

Wo ist der Personalraum?

Wangler: Hier im Rathaus unten im Keller. Da hatten manche schon die Mittagspause gemacht. Es ist aber nicht nur bei den Mitarbeitern wichtig, Meinungen auszutauschen und zuzuhören, sondern natürlich auch zwischen Gemeinderat und Verwaltung. Da haben wir uns auch schon Raum und Zeit gegeben, um einander zuzuhören. Ich denke, das ist auch wichtig, dass bei der Zusammenarbeit eine gute Stimmung herrscht. Wir haben eine Weihnachtsfeier mit low Budget gemacht, da war die Stimmung gut. Das gilt auch für die Klausurtagung, bei der wir übrigens nicht weggefahren sind, um Kosten zu sparen.

Das ist ein gutes Stichwort: Die Klausurtagung im Oktober – war sie, wie Sie sie sich vorgestellt haben, obwohl die Themen bei angespannter Haushaltslage doch sicher schwieriger zu behandeln sind?

Wanlger: Ich fand die Stimmung bei der Klausurtagung gut und sie war gar nicht schwierig. Auch der Haushalt war eigentlich nicht so schwierig, weil wir beim Haushalt schon Fortschritte gemacht haben. Ich will gar nicht so viel aus dem Nähkästchen plaudern, aber der Haushalt sieht dieses Jahr schon wesentlich besser aus als im Jahr 2022. Wir sind natürlich nicht auf null. Aber wenn ich unseren Haushalt mit Gemeinden vergleiche, die aus guten Haushalten kommen und jetzt Probleme auch mit der Energiekrise haben, dann sind wir mit den 2,5 oder 2,1 Millionen Euro Defizit gut bedient. Da sind die höheren Strompreise schon komplett drin und wir haben aber auch die LED-Umstellung der Straßenbeleuchtung schon komplett drin – trotz Energiekrise macht sich das dann bezahlt. Die Anstrengungen, die wir unternommen haben, die bringen etwas. Ich habe immer gesagt, wir müssen unsere Hausaufgaben machen, dann kommt das andere von alleine. Dabei bewirken auch kleine Veränderungen etwas – wie sagt man so schön: Kleinvieh macht auch Mist. Für uns war ja wichtig, in allen Bereichen etwas zu verändern. Wir haben nach Einsparpotenzialen überall geschaut, ob beim Personal, bei den Vereinen oder bei den Senioren, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es geht einfach um strukturelle Veränderungen. Was man allerdings nicht auf Dauer vernachlässigen darf, sind Unterhaltungsmaßnahmen, von denen wir in 2022 einige einfach nicht durchgeführt haben. Wir haben eine Haushaltssperre gehabt. Das können wir auf lange Sicht aber nicht durchhalten. Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir auch wieder diese Unterhaltungsmaßnahmen vornehmen können. Und die Strukturen dafür müssen wir schaffen.

Was können Sie aus der Debatte um den Haushalt 2023 schon verraten, obwohl die Zusammenkunft dazu natürlich erst noch kommt?

Wangler: Mit drin im Haushalt 2023 haben wir die LED-Umstellung mit 700 000 Euro. Wir haben ja einen öffentlichen Beschluss dazu gefasst, ein Ingenieurbüro zu beauftragen. Da sieht man auch, dass Krisen immer etwas Positives haben. Wir haben zunächst überlegt, die LED-Umstellung über zwei, drei Abschnitte zu machen. Jetzt, da die Strompreise so gestiegen sind, ist es für uns besser, dies in einem Schritt umzusetzen, weil es ökologisch und ökonomisch sinnvoller ist. Dann haben wir wieder die Kanal- und Straßenunterhaltung mit drin. Da wollen wir 2023 wieder beginnen und haben einen Abschnitt mit drin. Da wollen wir uns generell jedes Jahr wieder um einen Abschnitt kümmern. Ich denke, das sind nun so ungefähr 1,5 Millionen Euro für Kanal, Wasser und Straße. Wir haben ja eine Kontrollverordnung, die wir beim Kanal abarbeiten müssen. Dann haben wir beim Schwimmbad die Erneuerung der Pumpe mit drin im Haushalt. Das ist eine Maßnahme, die sowohl Strom einspart als auch ökologisch etwas bringt. Und das sind Maßnahmen, die ich eh als wichtig empfinde für die Zukunft.

Die LGI Logistics Group International hat ihr 35.000 Quadratemter großes Logistikzentrum im Süden von Ketsch im Somme 2022 offiziell eingeweiht. Hier werden hochwertige Produkte aus den Bereichen Medizintechnik und Elektronik gelagert, verarbeitet und weltweit versendet. Blick von der Galerie auf eines der drei Hallensegmente: In verschiedenen Bereichen arbeiten autonome Roboter, fahren Mitarbeiter auf Tretrolern und Gabelstaplern durch Hochregale und werden Produkte auf bis zu minus 80 Grad gekühlt. © Benjamin Jungbluth

Ist denn durch die Umstellung auf LED bei der Straßenbeleuchtung die auch schon angedachte gänzlich Abschaltung in der Nacht vom Tisch?

Wanlger: Die Abschaltung ist momentan eher vom Tisch. Wir haben aber noch nicht abschließend darüber beraten. Es sind mehrere Gründe, die eine Rolle spielen. Zum einen weil wir die LED-Umstellung relativ schnell umsetzen wollen und dann schon 80 Prozent der Stromkosten sparen. Das ist so enorm, dass es sich quasi gar nicht mehr lohnt, über eine Abschaltung in der Nacht nachzudenken. Denn was viel wesentlicher ist: Für eine Nachtabschaltung müssten wir sehr viel Aufwand betreiben. Weil die Netze unterschiedlich sind. Die Straßenlaternen sind nicht geschaltet wie die Straßen. Das heißt, an einer Trafostation hängen mehrere Straßenzüge. Wir müssten aber ja nach Straßenverkehrsgesetz Fußgängerüberwege und Hauptverkehrsstraßen beleuchtet lassen, das heißt also, die Schwetzinger Straße und die Hockenheimer Straße müssten wir einzeln in den verschiedenen Trafos schalten. Das würde aber so viel Kostenaufwand verursachen, dass eine Nachtabschaltung wohl eher in weite Ferne rückt.

Haben Sie bei der Klausurtagung viel Überzeugungsarbeit leisten müssen – oder vielleicht sogar eher weniger?

Wangler: Eher weniger. Die Gemeinderäte sind voll dabei. Das ist auch so eine Erkenntnis nach dem ersten halben Jahr: Wir haben sehr gut zueinander gefunden – Bürgermeister und Gemeinderat. Das passt vom Menschlichen her, wie es sich auch bei den Diskussionen und Beratungen gezeigt hat.

Wie sehr wird die Flüchtlingsthematik die Gemeinde im neuen Jahr beanspruchen?

Wangler: Es wird uns weiterhin beanspruchen. Die Quote für 2022 haben wir nicht ganz erfüllt. Durch den Aufruf an Privathaushalte haben wir aber doch ein paar Häuser und Wohnungen für uns anmieten können, um Flüchtlinge unterzubringen.

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Reicht das aber schon?

Wanlger: Das wird uns helfen, unsere Quote für 2022 zu erfüllen. Aber die gleiche Menge kommt 2023 noch mal dazu. Wir haben zuletzt von 153 Menschen geredet und gehen davon aus, dass wir 2023 noch mal so viele Flüchtlinge aufnehmen müssen.

Dann bleiben die Anstrengungen unvermindert hoch?

Wangler: Ja und man muss sehen, dass es nicht nur um Unterkünfte geht, sondern auch um Kindergartenplätze und Schulplätze.

Was sind Ihre „Herzensprojekte“ für das neue Jahr?

Wangler: Ein Herzensprojekt ist das Klimaschutzmanagement. Da müssen wir jetzt starten und ein Klimaschutzkonzept hinkriegen. Dazu haben wir ja einen Aufruf gestartet, dass Wünsche und Anregungen an uns gehen sollen. Darüber wird dann auch der Gemeinderat informiert und es soll eine Bürgerinfo geben. Viel Zeit habe ich zudem mit dem Grünflächenmanagement verbracht. Da geht es ebenalls darum, Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen. Das ist auch etwas, das ich in den nächsten acht Jahren vorantreiben möchte. Da kann man Biodiversität fördern und Geld sparen. Warum sollen wir Grünflächen haben, die viel Geld verbrauchen, weil man jeden Tag mähen muss? Es gibt Grünflächen mit unterschiedlicher Pflegeintensität. Wir haben auch noch viele externe Firmen beauftragt. Vielleicht kann der Bauhof die eine oder andere Aufgabe übernehmen. Dann braucht er aber andere Maschinen. Dann möchte ich Baumpatenschaften ins Leben rufen. Dabei soll es nicht nur darum gehen, Geld zu spenden für die Bäume, sondern sie wirklich zu pflegen, zu wässern und eventuell etwas mit Unterpflanzung zu machen, mit Stauden zum Beispiel. Wir haben so viele Bäume in der Gemeinde, sodass der Bauhof es gar nicht schafft, diese alle zu gießen. Wir werden unsere Bäume langfristig nur dann erhalten können, wenn wir Private ehrenamtlich mit dazunehmen, die die Bäume ab und zu wässern.

Woran liegt’s, an mangelnder Manpower?

Wangler: Ja, wir haben zu wenig Manpower. Wir können auch keine fünf Wasserbehälter anschaffen, die man benötigte, oder ein zweites Fahrzeug. Das wird alles zu teuer. Das ist eine Kostenfrage. Wir können keine zehn Männer vorhalten für einen Sommer, der trocken ist. Und dann haben wir wieder fünf Jahre keinen so großen Bedarf. Das ist ganz ähnlich wie beim Streudienst.

Gibt es ein weiteres Projekt?

Wangler: Was ich ein wenig spoilern kann, ist der flächendeckende Ausbau mit Glasfaser. Da haben wir momentan mehrere Interessenten, die sich bei uns vorgestellt haben und eigenwirtschaftlich, gesamtheitlich den Glasfaserausbau machen wollen.

Was gehört in Ketsch für Sie zum Erfreulichen, wenn Sie auf 2022 zurückblicken?

Wangler: Das Gewerbegebiet war beispielsweise vergangenes Jahr in aller Munde: Und dabei ist wichtig für uns, dass es nicht brachliegt. Bei Aldi ist John Deere drin und im ehemaligen 21sportsgroup-Logistikzentrum hat LGI auf einen Schlag 300 Arbeitsplätze geschaffen. Kälte Klima Fischer hat sich das letzte Grundstück gesichert und lässt eine große Halle entstehen. Also es hat sich was getan. Man darf gar nicht immer so sehr die Gewerbesteuer in den Fokus nehmen. Denn das Schlimmste, was einer Gemeinde passieren kann, ist, wenn Neubau- oder Gewerbegebiete brachliegen. Und das ist bei uns nicht der Fall.

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