Infrastruktur

Ketscher Hohwiesesee ist nicht durch Abwasser belastet

Das Hebewerk am Ketscher Badesee muss aus Altersgründen erneuert werden. Die Badeverbote im Sommer haben laut Gemeinde allerdings tierische Ursachen.

Von 
Benjamin Jungbluth
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Die anstehende Sanierung des benachbarten Hebewerks fürs Abwasser schließt die Gemeinde als Ursache aus, stattdessen sind wahrscheinlich die Wildgänse schuld: Beim Hohwiesensee gab es in diesem Sommer gleich zweimal ein Badeverbot wegen einer zeitweisen Wasserbelastung. © Benjamin Jungbluth

Ketsch. Mit dem Ausbau das Abwasserkanals in der Enderlestraße hat vergangenes Jahr ein Großprojekt begonnen, das Ketsch noch auf Jahre beschäftigen wird. Um bei Starkregen und Unwettern mehr Wasser ableiten zu können und gleichzeitig die in die Jahre gekommenen Vorgängermodelle zu ersetzen, werden systematisch neue Kanäle verlegt. „Wir haben dort angefangen, wo es im Ortskern die größten Probleme gab, und werden uns die kommenden Jahre weiter durch die Gemeinde vorarbeiten“, erläutert Ortsbaumeister Nico Rößler das langwierige Prozedere. „Parallel müssen wir aber auch in andere Bereiche beim Abwasser investieren: Einige unserer Hebewerke sind inzwischen kaum noch zu reparieren.“

Vermutlich noch in diesem Winter starten deshalb die Arbeiten am Hebewerk am südlichen Hohwiesenweg – in der jüngsten Gemeinderatsitzung wurden bereits die Aufträge mit Kosten von rund 310.000 Euro vergeben (wir berichteten). Die unscheinbare technische Anlage liegt komplett im Boden, nur ein Schachtdeckel und ein Schaltkasten lassen erkennen, dass dort ein entscheidender Punkt im Ketscher Abwassersystem zu finden ist. Denn das Gebiet rund um den Baggersee liegt besonders tief, so dass die Abwässer der Gebäude sowie das Oberflächenwasser der Straßen mit Pumpen auf die Höhe des restlichen Kanalsystems der Enderlegemeinde gebracht werden müssen.

In Ketsch gibt es zwei getrennte Systeme für das Abwasser

Von dort geht es über den Kraichbach zum Seehotel und weiter bis zum Bruch. „Dort steht eine weitere Anlage, die dann die Höhendifferenz zur Hockenheimer Straße ausgleicht“, so Rößler. Zusätzlich gibt es Richtung Rheininsel noch ein zweites Hebewerk, das allerdings nicht für das Abwasser der Gebäude, sondern separat für Oberflächenwasser zuständig ist. Dieses wird über den Damm direkt in den Altrhein gepumpt. „Die beiden Systeme sind in diesem Teil von Ketsch komplett getrennt, so dass hier nur Regenwasser durchläuft. Das kann zwar gerade im Herbst wegen der sich auflösenden Blätter auch mal braun aussehen, ist aber nicht mit Hausabwässern vermischt“, betont Rößler.

Und doch gibt es eine Gemeinsamkeit mit dem Hebewerk am Hohwiesensee: Auch diese Anlage muss bald erneuert werden, weil sie an ihr technisches Lebensende gekommen ist. Dort laufen allerdings bislang nur erste Planungen, weil zunächst Haushaltsmittel zur Verfügung stehen müssen. „Priorität hat das gemischte Abwasser an der Hohwiese“, macht Ortsbaumeister Nico Rößler deutlich. Eine Gefahr für die Umwelt stelle die in die Jahre gekommen Anlage allerdings nicht dar. Denn zum einen gebe es in den Hebewerken immer zwei Pumpen, so dass beim Ausfall eines Geräts das andere übernehmen könne. Zum anderen werde die Anlage am See per Fernüberwachung rund um die Uhr im Blick behalten. Wenn also ein Problem auftrete, werde der für die Betreuung zuständige Zweckverband sofort aktiv.

Versickern von Abwässern in den Hohwiesensee gibt es nicht

Somit tritt Rößler auch Gerüchten entgegen, das altersschwache System könnte zum Versickern von Abwässern oder gar zum Eintrag in den Hohwiesensee führen: „Wie bei allen unterirdischen Kanälen und Leitungen können zwar mit der Zeit kleine Leckagen entstehen, aber schon etwas größere Austritte würde man schnell bemerken. Und ein Eintrag in den See wäre nur möglich, wenn Abwasser in großem Ausmaß sichtbar an der Oberfläche fließen würde.“ Auch dem Vorwurf, die Kanalisation sei im Bereich der Hohwiese seinerzeit nicht ausreichend dimensioniert worden, widerspricht Rößler. Das Gebiet umfasse sowohl Wochenendhäuser als auch dauerhaft bewohnte Gebäude, weshalb die Infrastruktur entsprechend darauf ausgelegt sei.

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Die zweimalige Sperrung des Sees in diesem Sommer wegen zu hoher mikrobiologischer Werte ist stattdessen aus Sicht der Gemeinde höchstwahrscheinlich auf Wasservögel zurückzuführen. „Das wurde in dieser Saison wohl dadurch verstärkt, dass es immer wieder ruhigere Phasen mit schlechtem Wetter gab, in denen der naturnahe Badestrand nur wenig von Menschen frequentiert wurde. Das war für die Wildtiere ideal, die in dieser Zeit ungestört die Hohwiese erobern konnten“, erläutert Dominique Stang. Der Umweltbeauftragte der Gemeinde sieht zwar einen gewissen Anstieg vor allem von Wildgänsen in den vergangenen Jahren, ein Problem würden diese aber bislang nicht darstellen.

Schlechtes Wetter führt zu mehr Vogelkot im Wasser

„Diese Tiere kommen inzwischen in der ganzen Region häufiger vor. Und seit die Hohwiese kein klassischer Badestrand mit Aufsicht mehr ist, gibt es schlicht mehr Möglichkeiten für sie, sich auch hier niederzulassen. Wenn es dann nach längerer Zeit regnet, kann ihr Kot ins Wasser gespült werden und die Werte können dadurch kurzzeitig steigen“, so Stang. Daran könne dann auch die im See verbaute Pumpe nichts ändern – diese habe die Funktion, das tiefere Wasser mit Sauerstoff zu versorgen. „Das ist für die Messung am Badestrand völlig unerheblich“, betont Stang.

Noch sei die Situation an der Hohwiese also im ganz natürlichen Bereich und die zwei Sperrungen wohl eine Verkettung unglücklicher Umstände in diesem Sommer. Insofern kann der Umweltbeauftragte auch eine weitere Entwarnung geben: Keinesfalls sei geplant, die Gänse oder andere Wildtiere zu bejagen.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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