Umwelt

Ketscher Imker zur Gefahr und Bekämpfung der Asiatischen Hornisse

Eine weitere invasive Art bedroht die heimische Tierwelt: die Asiatische Hornisse. Die Gemeinde Ketsch ist ein Hotspot bezüglich der Verbreitung der Insekten. Ein Imker erläutert nun die Gefahr und gibt Tipps.

Von 
Henrik Feth
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Die Asiatische Hornisse breitet sich weiter aus, dabei ist die Enderlegemeinde ein Hotspot. © dpa

Ketsch/Region. Sie ist praktisch die Nachfolgerin der berühmt-berüchtigten Nosferatu-Spinne: die Asiatische Hornisse. Ähnlich wie die achtbeinigen „Schreckensgestalten“ breitet sich das schwarz-gelbe Insekt als invasive Art rasant in ganz Deutschland aus. So wurde beispielsweise erst vor kurzer Zeit ein großes Nest in Brühl entdeckt (wir berichteten). Vor allem für die Honigbiene stellt die in der Bundesrepublik neu ansässige Hornissenart eine große Gefahr dar. Mit einer Größe von 2,7 bis 4,5 Zentimetern – Königinnen können sogar 5,5 Zentimeter erreichen – ist die Hornissenart den Honigbienen schon rein physisch überlegen und droht diese nach und nach zu verdrängen.

Der Ketscher Imker und Vorstandsmitglied des Imkervereins Kurpfalz, Karsten Richter, berichtet über die Probleme, die die invasive Art mit sich bringen könnte und welche Maßnahmen gegen die Asiatische Hornisse getroffen werden können. „Die Gefahr für unser Biosystem lässt sich aktuell nicht abschätzen. Die Hornisse hat ein enormes Reproduktionspotenzial und stellt damit alle Arten einheimischer Faltenwespen in den Schatten. Wie jene benötigen sie für die Aufzucht ihrer Brut ‚Fleisch‘, das sie durch Jagd auf Insekten erbeuten. Ein großer Anteil dabei sind unsere Honigbienen. Die Asiatische Hornisse ist auf die Jagd dieser Beute spezialisiert, ihr Beutespektrum ist aber durchaus breiter. Mehr als die Hälfte ihres Bedarfs deckt sie aus anderen Quellen wie Fliegen, Schwebfliegen oder Faltenwespen“, erläutert Richter.

Region rund um Ketsch: Asiatische Hornisse verbreitet sich besonders stark

In der Region rund um Ketsch verbreitet sich die invasive Art besonders stark, wie Richter weiter beschreibt: „Wir haben hier einen Hotspot der Asiatischen Hornisse, 2022 gab es erste Häufungen von Nestern in Altrip und an der Bergstraße. Bei uns Kurpfalzimkern, also in Hockenheim und Umgebung, gab es meines Wissens keine Sichtung zu dieser Zeit. Das hat sich im vergangenen Jahr geändert. 2023 hatte ich an verschiedenen Bienenständen Einzelexemplare gesehen und auch Kollegen unseres Vereins war das aufgefallen. Es sind dann auch mehrere große Nester gefunden worden.“

Im gleichen Atemzug gibt Richter auch eine durchaus positive Nachricht zum Besten: „Verluste durch die Hornisse habe ich nicht erfahren.“ Doch je nach Verbreitung könnte dies nur eine Frage der Zeit sein. Denn die Bekämpfung der „Vespa velutina“ gestalte sich schwierig. „Um dies zu verstehen, muss man einen Blick in die Brutbiologie der Asiatischen Hornisse werfen“, so Richter.

Wie alle Faltwespen startet jedes Volk nach dem Winter neu mit einer einzelnen Königin. Diese sucht sich einen geeigneten Platz für ihr Gründungsnest, das sie selbst baut, die ersten Eier legt und die ersten Arbeiterinnen großzieht. Zu diesem Zeitpunkt ist das Völkchen allein von der Königin abhängig: Kommt sie von einem Beuteflug nicht zurück, stirbt das Volk. Frühe Hornissen sind dabei immer Königinnen. „Bei uns schon ab Februar, zirka sechs Wochen früher als unsere einheimische Hornisse“, beschreibt Richter eine weitere Problematik.

Filial- und Primärnester: Invasive Art nimmt die Region um Ketsch organisiert ein

Der Imker berichtet, wie man frühzeitig gegen eine Verbreitung vorgehen kann: „Sobald die erste Brut geschlüpft ist – das ist jetzt schon der Fall – dienen die Arbeiterinnen ihrer Königin, die dann nur noch Eier legt und selbst nicht mehr ausfliegt. Bald wir das Nest zu klein und das Volk sucht sich in der Umgebung einen Platz für ein Filialnest – das Primärnest – oft in einem Buschwerk, wenige Meter über dem Boden und insofern zur Bekämpfung gut erreichbar. Man ist deshalb bemüht, zur aktuellen Jahreszeit solche Nester zu finden und zu eliminieren. Dazu benötigt man fleißige Helfer, die mit ‚Locktöpfen‘ den Jägerinnen auf die Spur kommen.“

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Diese „Locktöpfe“ können beispielsweise Marmeladengläser mit einem großzügigen Loch im Deckel und gefüllt mit einer Mischung aus süßem Wein, Bier und Beerensirup sein. „Den ’Locktopf’ stellt man so auf, dass man ihn gut beobachten kann. Wird er von eine Asiatischen Hornisse entdeckt, achtet man auf deren Abflugrichtung und verstellt den Topf in diese Richtung. Die Zeit, bis die Jägerin wieder zurück ist, sollte sich in dem Maß verkürzen, wie man ihrem Nest näher kommt. Irgendwann hat man dann das Nest gefunden. Bis hier hat man kein Tier getötet, auch keine anderen Insekten, die sich auch am süßen Saft laben. ’Locktöpfe’ sind deswegen erlaubt, Saftfallen dagegen, in denen die Tiere verenden, sind verboten“, erklärt der Ketscher Imker.

Da die Hornissen sehr wehrhaft sind und nicht jeder die Art sicher erkennt, muss das Nest dann professionell geborgen werden. Diese Schwierigkeit kommt im Spätsommer. Dann schwärmen die Hornissen erneut aus, um ein noch größeres Sekundärnest zu bauen, in dem die Königinnen bis in den Oktober für das nächste Jahr herangezogen werden. Dazu suchen sie sich hohe Bäume, die Nester sind kaum im dichten Blattwerk zu finden und zudem nicht ohne schweres Gerät zu bergen.

Heidelberger Imker mussten schon Totalverluste ihrer Bienen erleben

Die Asiatische Hornisse ist indes ein Meister ihres Fachs, wie der Imker weiter beschreibt: „Die Jägerinnen patrouillieren den Beuteneingang mit unendlicher Geduld im Schwebflug, um Bienen wegzufangen, die auf dem Heimflug den Eingang zum Nest suchen. Bald traut sich keine Biene mehr nach draußen – Stichwort ist hier die Flugparalyse. Das Volk spürt, dass kein Nektar mehr fließt, die Königin geht aus der Brut und das Volk baut die für den Winter wichtigen Reserven nicht auf. Bienenstände, denen das passiert, sind kaum zu retten. Ich höre von Heidelberger Imkern, die im vergangenen Jahr Totalverlust durch die Hornisse erlitten haben.“

Die Gegenmaßnahmen sind ebenfalls ein großer Kraftakt: „Zur Bekämpfung versucht man, die Nester zu finden – mit Weitsicht, Geduld, ein Fernglas und auch Geotracking. Speziell Letzteres ist auch teuer: Man fängt einzelne Exemplare , um ihnen einen kleinen Sender aufzukleben, dessen schwaches Signal man beim Rückflug des Tiers in sein Nest zu orten sucht. Ist das Nest gefunden, muss zur Beseitigung ein professionelles Team mit entsprechender Ausstattung anrücken.“

Sichtungen der Asiatischen Hornisse können Ketscher Bürger per App melden

Die Entfernung eines Nestes könne laut Richter mehrere Tausend Euro kosten. „Der Lohn ist die Eliminierung von vielen Hundert Hornissenköniginnen, die in solch einem Nest heranwachsen“, so Richter. Entsprechend ist die Sichtung einer Asiatischen Hornisse in Baden-Württemberg über die „Meine Umwelt“-App meldepflichtig. Doch auch hier gibt es Hürden: Um Verwechslungen zu vermeiden, muss bei einer Meldung ein Bild der Hornisse mitgeschickt werden, so lasse sich das Ganze nur schwer auf die breite Bevölkerung übertragen, zieht Richter ein ernüchterndes Fazit bezüglich der App.

Doch der Imker macht auch Hoffnung: „Die Gemeinschaft ist sehr aktiv, um der Bedrohung durch die Asiatische Hornisse zu begegnen. Dazu gehören die Entwicklung von Bekämpfungsmethoden, die die Völker in Baumnestern eliminieren können – ohne dass man persönlich hochsteigen muss. Bei der Verwendung von Giften ist die Schwierigkeit, dass keine Wirkstoffe verwendet werden können, die in der Natur weiter Schaden anrichten.“ Die Imkerschaft sei bemüht – auch in Ketsch – beim staatlichen Auftrag, die Invasion der Asiatischen Hornisse klein zu halten, mitzuhelfen, so Richter abschließend.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

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