Brühl. „Da oben ist es“, sagt Günther Martin und zeigt auf einen Baumwipfel im Garten eines Anwesens im Bachstückerweg. Im noch nicht be-laubten Baum sieht man hoch oben ein großes kugelförmiges Gebilde – deutlich größer als ein Fußball. Was manche für einen Eichhörnchenkobel halten mögen, hat der Imker als Nest eines Volkes der Asiatischen Hornisse erkannt. Das Zuhause dieses zugewanderten Insekts ist beim Regierungspräsidium meldepflichtig. „Das wurde schon von einer Nachbarin erledigt“, weiß Martin. Und es ist auch in seinem Interesse, das das passiert, denn diese sogenannte invasiven Art kann ein Problem für seine Bienenstöcke sein.
Während die europäische Hornisse als bedrohte Art gilt, breiten sich ihre asiatischen Verwandten immer weiter aus – sehr zum Leidwesen der Honigbienen. Die drei Zentimeter großen Asiatischen Hornissen jagen und fressen nämlich neben Fliegen und Käfern hauptsächlich Honigbienen. „Diese Hornissen belagern meine Bienenstöcke regelrecht und versuchen auch, in den Stock einzudringen“, weiß Martin, der seine Völker unter anderem am Leimbach beim Brühler Inselgewann hat, zu berichten. Und so spricht er sich auch für die Bekämpfung dieser Insekten aus.
Nicht nur in Brühl: Asiatische Hornisse breitet sich in der ganzen Region aus
Doch trotz intensiver Bekämpfung ist die Anzahl der Nester von Asiatischen Hornissen im Regierungsbezirk Karlsruhe von 15 im Jahr 2022 auf über 550 Nester ein Jahr später massiv angestiegen, erfahren wir von der Karlsruher Behörde. Und da die Asiatische Hornisse für die Aufzucht ihrer Brut viel Eiweiß braucht, holt sie sich das zu zwei Dritteln von Honigbienen.
Die Vespa velutina – so lautet ihr biologischer Name – ist laut Nabu im Vergleich zur Europäischen Hornisse etwas kleiner und hat einen überwiegend schwarzen Körper sowie einen schwarzen Kopf mit gelber Vorderseite und leuchtend gelbe Beine. Sie nistet – wie in Brühl – in hohen Baumkronen.
Und so seien die beiden Hornissenarten sehr leicht zu unterscheiden. Auch an der Art, wie sie fliegen: „Die Asiatischen Hornissen sind rasante Flieger. Sie können in der Luft einen Purzelbaum machen und dabei noch eine Honigbiene fangen – das können heimische Hornissen nicht“, sagt Martin. Seit Anfang der 2000er Jahre breitet sie sich in Europa aus. Erstmals trat sie im Jahr 2004 in Frankreich auf. In Deutschland wurde die Asiatische Hornisse 2014 in der Rhein-Neckar-Region entdeckt.
Brühler Allergiker aufgepasst: Das Gift der Asiatischen Hornisse kann gefährlich sein
Inzwischen hat die EU dieses Insekt als eine der gefährlichsten invasiven Arten auf einer Liste stehen. Aber nicht wegen einer möglichen Gefährlichkeit für Menschen. Wird man einmal gestochen, ist der Stich vergleichbar mit dem Stich einer heimischen Hornisse. Das kann nur für Allergiker gefährlich werden. Für den gesunden Menschen stelle ein Hornissenstich keine besondere Gefahr dar, sind sich Experten einig. Hornissengift sei nicht toxischer als Bienen- oder Wespengift.
Warum geht man angesichts der Bedrohung heimischer Insekten nicht gegen die schier unübersehbaren Nester der Asiatischen Hornisse vor? Es werden pro Lebenszyklus zwei Nester gebaut, zunächst ein unscheinbares kleines Nest, häufig an ungestörten Orten wie Gartenhäusern oder Kellern. Im Sommer baut das Volk dann erst sein opulentes Sekundärnest, weil das erstgebaute zu klein für das Volk wird. Dieses zweite Nest entsteht hoch oben in Baumkronen. Doch werden die Nester häufig erst im Herbst entdeckt, wenn der Baum seine Blätter verliert. „Und dann ist eine Bekämpfung oft zu spät“, sagt Martin, „bis dahin haben sich da oben gut 200 neue Königinnen entwickelt – auch dank des warmen Winters.“
Und so rechnet der Imker damit, dass seine Völker am Leimbach in diesem Jahr wohl von zahllosen Asiatischen Hornissen attackiert werden dürften. „Ich habe schon im vergangenen Jahr einmal in einer halben Stunde 30 Stück von denen an meinen Bienenstöcken totgeschlagen – das wird angesichts dieses Nestes in der kommenden Saison wohl noch heftiger.“
In Brühl und der Region wird nun die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse angegangen
Derweil geht das Regierungspräsidium zusammen mit Imkern, ehrenamtlichen Hornissenfachberatern sowie Vertreter der Unteren Naturschutzbehörden mit einer neu gebildeten Koordinationsstelle gegen das Insekt vor. Ziel ist die Vernetzung der verschiedenen Akteure zum Aufbau eines effektiven Managements bei der Bekämpfung der Asiatischen Hornisse im Regierungsbezirk Karlsruhe. Doch sieht Martin angesichts der Auswirkungen des Klimawandels nur wenig Chancen, der Entwicklung noch Herr zu werden, da diese Hornissen so gut wie keine natürlichen Feinde haben.
„Ein effektives Management kann in diesem Fall nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit allen Beteiligten ein schlagkräftiges Netzwerk dafür aufbauen“, sagt Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder gegenüber der Presse. „Mal schauen, was das schlagkräftige Netzwerk bringt“, meint Martin, für das Nest im Bachstückerweg käme es jedenfalls zu spät.
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