Ketsch. Humor ist, wenn man trotzdem lacht – und im Gemeinderat von Ketsch wurde tatsächlich diesen Montagabend geflachst, obwohl der Haushaltsplan für 2023, der zur Beratung stand, auch geeignet wäre, um sich tief in den Sorgenfalten zu vergraben. Das ist nicht der Fall, zumal es Hoffnung gibt, sodass Bürgermeisternovize Timo Wangler eine unfassbar harmonische erste Haushaltsberatung hinlegte, „unfassbar“, da selbst die Grünen, die die vergangenen Pläne kategorisch ablehnten, dieses Mal Gefolgschaft signalisierten. Haushaltssatzung und -plan für 2023, der mit einem Defizit von rund 2,3 Millionen Euro (Vorjahr 4,8 Millionen Euro) abschließt, beschlossen die Räte einstimmig.
Der Star der Veranstaltung, wenn es um die Finanzen geht, ist Kämmerer Gerd Pfister. Der hat keine Allüren, weiß er doch, dass sein Material, einmal mehr fast 600 Seiten stark, nicht lügt. Wenn in der Vorausschau des Haushaltsjahres Erträge in Höhe von rund 34,3 Millionen Euro (Vorjahr 30,7 Millionen Euro) Aufwendungen in Höhe von rund 36,6 Millionen Euro (Vorjahr 35,5 Millionen Euro) gegenüberstehen, ist das Ziel verfehlt.
Mit maßgebend gegen einen ausgeglichenen Haushalt spricht die Investitionstätigkeit im Finanzhaushalt, bei dem allein für Baumaßnahmen ein Abfluss von rund 5,5 Millionen Euro zu erwarten sind. Pfister nannte die wesentlichen Baumaßnahmen. So müssen für die Neurottschule wohl 2,05 Millionen Euro für den Brandschutz und den Umbau zur Gemeinschaftsschule bedacht werden – auch die Schlussrechnung für den Mensaneubau wird fällig und fällt mit 100 000 Euro aus. 300 000 Euro sind für Brandschutz unter anderem im Rathaus aufzubringen, noch im alten Jahr wurde für die Anschaffung eines Mehrzweckbootes für die Feuerwehr im Wert von 150 000 Euro gestimmt (wir berichteten) und der Neubau der Alten Schule ist auch noch nicht abgeschlossen – wird er aber wohl im April – sodass rund 1,55 Millionen Euro einzuplanen sind zuzüglich 500 000 Euro für Brandschutz plus 380 000 Euro für die Außenanlagen dort. Die Planungsrate für die Sanierung und Erweiterung der Kindertagesstätte Regenbogen dürfte 150 000 Euro ausmachen, verschiedene Zuschüsse an Sportvereine von zusammen 32 500 Euro fallen an sowie ein Straßenbauprojekt in der Schulstraße für 500 000 Euro.
Gerd Pfister kam zur mittelfristigen Finanzplanung und hierbei sei festzustellen, dass die Gemeinde um ursprünglich eingeplante Kreditaufnahmen herumgekommen sei. Er sagte: „Zur weiteren Finanzierung der Investitionen werden im Planungszeitraum nochmals 3,9 Millionen Euro Kreditaufnahme eingeplant. Sollten diese Kredite in dieser Höhe voll benötigt werden, würde der Schuldenstand zum Ende des Jahres 2026 rund. 5,2 Millionen Euro betragen. Gegenüber der letztjährigen Planung ist dies eine nochmalige erhebliche Verbesserung von rund 3 Millionen Euro weniger Kreditbedarf.“
Teuere Kinderbetreuung
Also: „Für die Jahre 2023 und folgende kann damit zwar noch keine Entwarnung gegeben werden, jedoch ist ein Silberstreif am Horizont erkennbar. Durch die schmerzhafte Einsicht, dass unsere Mittel und Ressourcen äußerst begrenzt sind und primär für unsere Pflichtaufgaben eingesetzt werden müssen, wurden wünschenswerte, sicher auch notwendige Maßnahmen in Millionenhöhe vom Rat gestrichen beziehungsweise in die Zukunft verschoben. Weiterhin werden auch im Jahr 2023 Steuern erhöht und die Verwaltung hat den Auftrag unter anderem im Bereich der Kinderbetreuung Erträge, soweit vertretbar und geboten, anzupassen. Dieser Bereich verursacht im Kernhaushalt mit die größten Defizite“, führte der Kämmerer aus. Gleichwohl gilt für den Haushalt 2023: „Die Finanzierung der umfangreichen Investitionen ist ohne die Aufnahme von Darlehen vorgesehen und möglich.“
Rainer Fuchs (CDU) fragte sich angesichts des wachsenden Anforderungsprofils für Gemeinden, die etwa bei der Kinderbetreuung ständig steigende Kosten beispielsweise für Personal zu berücksichtigen hätten, ob Land und Bund für ein ausreichendes Fundament bei den Gemeinden sorgen. Seine Fraktion werde sich deshalb an den Abgeordneten ihrer Partei Andreas Sturm wenden. Auch die anderen Fraktionen sollten dies bei den Vertretern ihrer Partei tun.
Moses Ruppert (SPD) freute sich über den Silberstreif am Horizont beim Haushalt, hob aber auch hervor, dass ein Haushalt ohne die Option freiwilliger Ausgaben bereits eine beachtliche Menge liefere. So fielen zum Beispiel in Sachen Vereinsförderung jährlich 380 000 Euro an und die Vereine könnten die Hallen kostenlos benutzen.
Verbesserte Zusammenarbeit
„Wir hatten den vergangenen Haushaltsplanungen nicht zugestimmt, da nicht erkennbar war, dass ernsthaft an der Konsolidierung gearbeitet wurde und wir mit der Prioritätensetzung nicht einverstanden waren“, sagte Heike Schütz (Grüne). Die Zusammenarbeit im Rat und mit der Verwaltung habe sich verbessert.
Tarek Rihawi (Freie Wähler) strich wie seine Vorredner die vermeintlich positive Entwicklung heraus, um Zustimmung für sich und die Seinen zu signalisieren. Während Chris Brocke (FDP) unter anderem den Kostenfaktor Personal im Haushalt betonte, der mit 28 Prozent enorm ausfalle. Da seien gegebenenfalls Einsparungen möglich und angesichts der Erfordernisse wie etwa bei der Kinderbetreuung gleichsam fraglich. Es gebe trotz Silberstreif noch viel Arbeit.
Bürgermeister Timo Wangler meinte, man werde auch in diesem Jahr zunächst mit einer Haushaltssperre arbeiten müssen. Er habe im Wahlkampf stets gesagt, dass die Konsolidierung des Haushalts höchste Priorität genieße. Das gelte nach wie vor. „Und wenn man die Zahlen anschaut, sind wir auf dem richtigen Weg.“ Ferner: „Wir haben in diesem Jahr einige Maßnahmen im Haushalt, die zu Einsparungen in der Zukunft führen werden, denken Sie hier an die LED-Umstellung der Straßenbeleuchtung, die Energiesparmaßnahme im Schwimmbad, bereits umgesetzte Personaleinsparungen, aber auch an ein neues Grünflächenkonzept, das die Verwaltung gerne etablieren würde.“
Sein humorvolles Ende war mit Blick auf Moses Ruppert, der bei einem Haushaltsvolumen von über 30 Millionen Euro jeden Entscheidungsträger zum Millionär machte, der Hinweis aufs Defizit: Er habe bei 2,3 Millionen Euro Minus ausgerechnet, dass jeder im Rat kein Millionär sei, sondern vielmehr 100 000 Euro einzahlen müsse.
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