Kirchenkino

Kirchenkino in Ketsch zeigt "Problemschule" in Mexiko

Beim Ketscher Kirchenkino wird im US-Spielfilm „Radical – eine Klasse für sich“ gezeigt, wie ein engagierter Lehrer seine Schüler an einer mexikanischen "Problemschule" motiviert

Von 
Sabine Zeuner
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Joachim Rumold, Noch-Rektor der Neurottschule, ordnet die Geschichte aus dem Film „Radical – Eine Klasse für sich“ ein und zieht auf Fragen von Doris Steinbeißer vom Kirchenkino-Team Parallelen zum Alltag in Deutschland. © Zeuner

Ketsch. Schüsse knallen unweit der problembehafteten Jose-Urbina-Lopez-Grundschule im mexikanischen Matamoros, einer der ärmsten Schulen des Landes. Nichts Besonderes, das kennen die Kids, deren Schulweg oft an Leichen und Polizeieinsätzen vorbeiführt. Äußerlich unberührt laufen die Schüler am Grauen vorbei. Doch diese Schüsse sind anders. Lehrer Sergio spürt, dass es einen seiner Schützlinge getroffen hat. Und er behält recht.

Im Kirchenkino zuckten auch die Zuschauer bei dieser Szene zusammen. Der bewegende und angreifende Film „Radical – eine Klasse für sich“ zeigt, welche Wirkung ein motivierender Pädagoge mit außergewöhnlichen Unterrichtsmethoden auf scheinbar unbeteiligte Sechstklässler hat und spiegelt zudem viele Aspekte, die durchaus auf die Lage an so manchen „Problemschulen“ hierzulande übertragbar ist.

Eine Spirale aus Kriminalität und Gewalt im Film beim Kirchenkino Ketsch

Die Geschichte ist nach einer realen Begebenheit zwischen Pseudo-„Gang-Schutz“ und bitterster Armut 2023 verfilmt worden. Protagonisten wie die Schülerin Paloma, die mit einer Hochbegabung wegen ihrer sozialen Stellung auf einer Müllhalde leben muss, gibt es wirklich. Den direkten Bezug zwischen der sozialen Herkunft und dem Zugang zu Bildung hat Drehbuchautor und Regisseur Christopher Zalla beeindruckend inszeniert. Lehrer Sergio Juárez Correa (Eugenio Derbez) weiß, dass nur Bildung der Ausweg aus der Spirale von Gewalt und Kriminalität sein kann. Damit die desillusionierten Schüler, denen die Grundschule lediglich Gehorsam und Disziplin einbläut, Spaß an Lernen bekommen, regt er deren Fantasie an, hört ihnen zu und bestärkt sie darin, Träumen zu folgen. Im Lehrerzimmer kann man mit dem engagierten Neuen nichts anfangen, er eckt an. Sehr langsam kann sich jedoch der Schulleiter auf die Methoden einlassen, da auch er erkennt, dass sie zielführend sind. Vor allem, als die Leistungen der bisher schlechtesten Klasse deutlich steigen.

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Sicher haben sich einige Zuschauer die Frage gestellt, ob sie selbst in ihrer Schulhistorie nicht einmal einen Lehrer hatten, der wie Sergio war. Einer, der sich auf den Weg zurück zu seinen Wurzeln macht und ab dem kommenden Schuljahr als Lehrer arbeiten wird, ist der Noch-Rektor der Neurottschule, Joachim Rumold. Als Experte geladen, ordnete er die Geschichte aus dem Film im Anschluss an die Vorführung im Gespräch mit Doris Steinbeißer aus dem Kirchenkino-Team ein: „Ich bin sehr beeindruckt, da ist wirklich jemand, der alle Kinder abholt, sich ihrer annimmt und Perspektiven eröffnet.“

Es habe sich in den vergangenen Jahren vieles im Alltag der Familien der Kinder verändert. Die Kinder erhielten sehr unterschiedlich Unterstützung, auch aus den Elternhäusern. „Wird dabei die Wichtigkeit der Bildung von den Eltern nicht erkannt“, fragte Steinbeißer. In Zeiten einer größer werdenden Anzahl Schüler mit Migrationshintergrund oder auch aus sozial schwächerem Umfeld, könne man das grob so zusammenfassen. Toll sei der Ansatz des Lehrers, den Schülern die Frage zu stellen, was sie von der Welt wissen wollen, das rege an, so Rumold. Als Schulleiter schaffe er im Rahmen seiner Möglichkeiten genau dafür Bedingungen: „Was jedoch das größte Gewicht hat, sind die Menschen, die Lehrkräfte, die Denkprozesse anstoßen und leiten.“

Schulsystem im Land: Ketscher Rektor lobt die Zusammenarbeit mit Eltern

„Die Schulsysteme in Baden-Württemberg geben in den vergangenen 15 bis 20 Jahren tolle Ansätze“, unterstrich Rumold. Die Zusammenarbeit mit Eltern, Gespräche mit ihnen, Schülern und Bildungscoaches seien hier förderlich für den Erfolg der Wissensvermittlung.

Bei Wein und Brot kamen die Besucher ins Gespräch. Dieser Zeitung verriet Rumold, dass es für ihn nach 24 Jahren in der Funktion des Konrektors und Rektors in Eppelheim sowie Ketsch mit Schuljahresbeginn in eine Grundschule nach Heidelberg geht: „Das ist mein eigentlicher Beruf, meine Berufung, ich bin Lehrer für Grund- und Hauptschule“, erklärte der 55-Jährige, dass er sich auf die neue alte Aufgabe freue, mal wieder anders zu denken und mit den Schülern konkreter zu interagieren, etwas zu bewegen und zu vermitteln.

Info: Montag, 15. Juli: „Ihr Jahrhundert – Frauen erzählen Geschichte“ im Central in Ketsch

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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