Ketsch. „Wir haben den ersten Teil von ‚Hiwwe wie driwwe‘ gesehen, waren begeistert und deshalb sind wir total gespannt auf den Abend heute“, freuten sich Andrea und Christoph Lewin aus Plankstadt. Und ganz nebenbei dürfte der Film im Ketscher Central Kino bei diesem Paar noch einiges zum persönlichen Sprachverständnis beitragen, denn wie die beiden eröffneten, ist sie ein gebürtiges „Pälzer Mädel“ und er stammt aus dem Ruhrgebiet. „Mir helfen dann die Untertitel schon sehr“, lachte der „Neigeplaggte“ zuversichtlich.
Doch was die Pfalz, das dortige Lebensgefühl und die Menschen aus diesem Teil der Welt so besonders macht, das haben die engagierten Organisatoren schon zu Beginn der Veranstaltung umgesetzt, denn jeder Kinobesucher wurde mit Pfälzer Tapas (Leberwurst-und Käsebrot) und einer Schorle schon vor Filmbeginn eingestimmt. Als dann der Filmemacher Benjamin Wagener und der Sprachexperte Michael Landgraf im bis auf den letzten Platz besetzten Kinosaal fragten, wer denn schon den ersten Teil aus dem Jahr 2019 gesehen hatte, schnellten die allermeisten Hände nach oben – gute Voraussetzungen für Teil zwei waren also gegeben.
Auch wer zum ersten Mal mit der Filmidee von Wagener und seinen Kollegen in Berührung kam, war schneller im Thema, als vielleicht selbst erwartet. Auf charmante, unterhaltsame und kurzweilige Art und Weise wird der kultur-, geschichts-, und sprachinteressierte Zuschauer von Protagonist Monji El Beji zunächst auf eine Reise durch die Pfalz und Kurpfalz mitgenommen – und selbst gebürtige Pfälzer dürften an der ein oder anderen Stelle in Sachen Heimatkunde und Sprachentwicklung etwas neues Erfahren.
Lebensfreude und Geselligkeit bei „Hiwwe wie driwwe, Teil 2“ im Central Kino Ketsch
Ob bei Kuriositäten, wie dem Klappradrennen auf die Kalmit oder der Elwetritschejagd in Dannstadt: Mit einem Augenzwinkern und viel Freude am geselligen Miteinander werden echte Pfälzer Lebensfreude und Lokalpatriotismus zelebriert und dies stets mit dem Gedanken, niemanden auszuschließen. Auch wenn Hinter- und Vorderpfalz durchaus Unterschiede in Sachen Kulturgut und Sprachgebrauch haben, fühlt man sich im Herzen verbunden.
Selbst ein Ozean, 300 Jahre und tausende Kilometer sind für das Pfälzer Lebensgefühl keine Hürde, was sich spätestens dann bestätigt, wenn Montji über den Großen Teich fliegt, um im US-Staat Pennsylvania mit seinem Klapprad dem Pennsylvanisch-Deutsch auf die Spur zu kommen. Hier treffen die Kinobesucher erneut auf einen alten Bekannten: Douglas Madenford. Er und seine Familien sind Nachfahren von pfälzischen Auswanderern, die sich Anfang des 18. Jahrhunderts auf den Weg in die USA machten. Noch heute ist dort eine Art Pfälzer Dialekt Teil des kulturellen Lebens und das Interesse an der Sprache und den Gebräuchen aus der Vergangenheit groß. Auch wenn beispielsweise das Pfälzer Gericht Saumagen in Kutztown, USA doch etwas anders daherkommt, als man es hier gewohnt ist, sind die Liebe zum deftigen Essen, echter Tradition und Pfälzer Sprichwörtern alles andere als fremd.
Einige Wörter haben in „Pennsylvania Dutch“, wie sich der Dialekt offiziell nennt, allerdings manchmal eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Man meint, das Wort zu verstehen, doch wundert sich dann. So ist zum Beispiel mit einer „Fleddermaus“ keine Fledermaus, sondern ein Schmetterling gemeint, wie der aufmerksame Zuschauer lernen kann. Selbst die Legende um die „Elwetritsche“ hat es über den Ozean geschafft und ist in hunderten von Jahren nicht verlorengegangen. So wird im Dokumentarfilm uneingeschränkt deutlich: Gemeinsamkeiten und die gemeinsamen Wurzeln verbinden auf eine besondere Art und Weise.
Im Central Kino genossen indes die Besucher nach 105 fröhlichen und interessanten Filmminuten – die, wie Regisseur Benjamin Wagener wissen ließ, aus 180 Stunden Rohmaterial entstanden sind – die Gelegenheit, einiges an Hintergrundinformationen zur Entstehung des Films zu erfahren. Michael Landgraf, der die im April gestartete Promotiontour als Sprachexperte und Kulturkenner begleitet, wartet mit viel Wissen über die Pfalz und ihre Dialekte auf.
Die Spuren in Ketsch führen bis nach Brasilien
Auf die Frage aus dem Publikum, ob es vielleicht einen dritten Teil geben könnte, haben die beiden eine klare Antwort: „Aktuell hoffen wir, dass wir in den Kinos die Besucher mit Teil zwei begeistern, denn noch muss sich der Film finanzieren. Pläne und Ideen gibt es allerdings in der Tat. So haben wir erfahren, dass es in Brasilien ein Frankenthal und ein Blumenau gibt, und dort ein Teil der Menschen noch einen pfälzischen Dialekt spricht. Da könnte unsere Spurensuche weitergehen.“
Im Central Kino waren sich die Besucher am Ende des Abends einig: Dieser Film ist sehenswert – oder wie man als Pfälzer sagen würde: „Net schlecht, konn ma losse!“
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