Ketsch. Für die einen birgt es reichlich Hoffnung, für die anderen ist es nur ein Papiertiger mit 141 Seiten – tatsächlich hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung das „Integrierte Klimaschutzkonzept“ für Ketsch einstimmig beschlossen. Damit ist der Klimaschutz hochoffiziell in der Gemeinde angekommen – mehr noch – verankert, wobei Bürgermeister Timo Wangler freilich darauf hinwies, dass vor Ort auch davor vielfach Klimaschutz betrieben worden sei. Exemplarisch erinnerte er an den Austausch der Straßenbeleuchtung auf LED.
Ketsch will sich den Herausforderungen des Klimaschutzes und Klimawandels stellen
Bauamtsleiter Marc Schneider legte dar, dass sich die Gemeinde mit der Erstellung des integrierten Klimaschutzkonzepts den Herausforderungen des Klimaschutzes und des Klimawandels stelle, die zu den wichtigsten gesellschaftlichen Themen unserer Zeit gehörten. Ein vorrangiges Ziel bestehe darin, die Treibhausgasemissionen auf dem Gemeindegebiet zu reduzieren. Das Klimaschutzkonzept beinhalte eine Ist-Analyse, die den quantitativen und qualitativen Ist-Zustand der Energieverbräuche und der Treibhausgas-Emissionen abbilde. Auf dieser Basis seien Potenziale und Szenarien entwickelt worden, die den Weg darstellten, um Ketsch klimaneutral aufzustellen.
Die definierten Ziele des Konzepts entsprächen den Vorgaben der Pariser Klimaziele, der Bundesregierung sowie des Landes Baden-Württemberg. Außerdem komme die Gemeinde ihrer Verpflichtung bei der Kooperationsvereinbarung mit dem Rhein-Neckar-Kreis aus dem Jahr 2018 nach, ein Klimaschutzkonzept zu erstellen. Die Kooperationsvereinbarung sei 2022 fortgeschrieben worden und verdeutliche die Dringlichkeit des Klimaschutzes.
Die Erstellung des Konzepts sei über die Nationale Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert worden. Das Konzept sei nach den Vorgaben der Zukunft – Umwelt – Gesellschaft gGmbH (ZUG) des Bundes erstellt und mit der ZUG abgestimmt worden.
Ein Beschluss des integrierten Klimaschutzkonzepts sei Bedingung, um die vollen Fördermittel von der Nationalen Klimaschutzinitiative beziehungsweise der ZUG für das Fördervorhaben zu erhalten. Und der Beschluss sei Voraussetzung für eine Bewilligung der Anschlussförderung für die Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzepts. Es werde barrierefrei veröffentlicht und über die Webseite der Gemeinde für die Bevölkerung zugänglich gemacht, sagte Schneider.
Ketscher CDU sieht viel Handlungsspielraum bei energetischer Sanierung
Endlich liege das Konzept vor, sagte Rainer Fuchs (CDU) und nannte die Energieverbräuche für Ketsch, wo lediglich zwei Prozent auf die kommunalen Liegenschaften entfielen, während 33 Prozent auf private Haushalte, 49 Prozent auf den Verkehr und der Rest dem Gewerbe zuzurechnen seien. Viel Handlungsspielraum offenbarten die privaten Haushalte bei der energetischen Sanierung und der Wärmeerzeugung, weil zu über 90 Prozent mit Heizöl und Gas geheizt wird. Die Entscheidungen müssten gleichwohl die Eigentümer fällen. Weiterhin seien Flächen für Photovoltaik ausbaufähig und dies deshalb auch empfohlen. Ferner sei der ÖPNV zu stärken, doch bei den Verhandlungen zuletzt sei offen zutage getreten, wie schwierig sich dies gestalte. Die CDU werde zustimmen, denn es sei nur ein Konzept und jede Umsetzung werde separat entschieden werden müssen.
Bürgermeister Wangler machte deutlich, dass es sich beim Bereich Verkehr per Definition um jenen auf der Gemarkung und damit auch teils um die Autobahn handele – damit um ein Feld, das man nur marginal verändern könne. „Wir müssen aufhören mit reden, wir müssen etwas machen“, sagte Moses Ruppert (SPD) dennoch und freute sich für seine Fraktion über das Konzept. Von diesem kämen zwar keine magischen Vorschläge, aber auch die Umsetzung von Altbekanntem helfe dem Klima. Ruppert schlug vor, eine Förderung von Photovoltaikanlagen in die Haushaltsdebatte mitzunehmen. „Es geht darum, das Konzept anzunehmen und ernst zu nehmen.“
Heike Schütz (Grüne) frohlockte insofern, als ihre Fraktion vieles des Maßnahmenkatalogs in den vergangenen Jahren schon eingefordert habe. „Jetzt stehen sie schwarz auf weiß im Klimakonzept.“ Und: „Wir müssen Gelder für Klimaschutz in den Haushalt einstellen. Wir müssen uns um die entsprechenden Förderungen kümmern, sodass wir die finanzielle Belastung für unsere Kommune reduzieren.“
Heino Völker (Freie Wähler) fand das Konzept „zutiefst zu schlecht“. Es sei viel zu unspezifisch und liefere unreflektierte Allgemeinplätze. Seine Kritik fußte auch auf seiner Untersuchung des Machwerks mit KI-Tools. Auch sei die Datenlage zu alt. Timo Wangler meinte, dass das Statistische Landesamt Daten von 2019 bereitstellte – jüngere gebe es ganz einfach nicht. Chris Brocke (FDP) sagte, das Konzept liefere zwar keine revolutionären Maßnahmen, aber nicht zuletzt als Grundlage für Förderungen sei es ein guter Anfang.
Klar wurde in den Beiträgen, dass sich der Rat beim Klimaschutz daran messen lassen muss, was er tatsächlich umsetzt. Und noch klarer wurde, dass dies damit zu tun haben wird, wie viel Geld überhaupt vorhanden ist oder der Rat bereit ist, davon einzusetzen. Und: Wenn die Ketscher nicht mitmachen, wird ihre Gemeinde kaum einen weiteren Klimaschutzbeitrag leisten.
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