Ketsch/Region. Die Notwendigkeit für das Entenpfuhl-Projekt bei Ketsch leitet die Firma Krieger aus der Rohstoffknappheit bei Kies und Sand in der Rhein-Neckar-Region ab. Tatsächlich bestätigt das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, dass die Metropolregion seit vielen Jahren das Schlusslicht unter sämtlichen baden-württembergischen Abbaugebieten bildet, mit fallender Tendenz – seit 2011 um über 18 Prozent.
Das liegt vor allem daran, dass die Region stark besiedelt ist und die Inbetriebnahme neuer Abbaugebiete dadurch immer schwieriger wird. Denn eigentlich bietet die Nähe zum Rhein beste Voraussetzungen für passende Vorkommen: Am Oberrhein lagern gar Europas mächtigste Sand- und Kiesvorkommen – nur befinden sich dort meist auch Siedlungen, Infrastruktur oder besonders schützenswerte Natur.
Für Neubauten, Glasherstellung oder Medikamente: 100 Millionen Tonnen Gestein benötigt
Gleichzeitig ist der Rohstoffbedarf im Land enorm: Nach Angaben des Industrieverbands Steine und Erden Baden-Württemberg sowie verschiedener Landesämter werden pro Jahr 100 Millionen Tonnen Gestein benötigt: für den Neubau und Erhalt von Wohnraum und Straßen, aber auch für die Herstellung von Glas, Farben, Papier und sogar Medikamenten.
Rein rechnerisch sind das knapp zehn Tonnen pro Einwohner und Jahr. In den dicht besiedelten Ballungszentren wird jedoch deutlich weniger abgebaut: in der Rhein-Neckar-Region etwa 2,5 Tonnen pro Einwohner, rund um Stuttgart etwa 3,3 Tonnen. Zum Vergleich: In der dünn besiedelten Region Donau-Iller bei Ulm liegt die Quote bei 20,6 Tonnen je Einwohner und Jahr.
In der Folge müssen rund 75 Prozent der benötigten Rohstoffe in die Rhein-Neckar-Region importiert werden. „Das ist sowohl teuer als auch schlecht fürs Klima, denn Steine und Kies sind eben sehr schwer. Deshalb versucht man in unserer Branche traditionell, weite Wege zu vermeiden“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Michael Krieger.
Kiesabbau in Ketsch: Firma Krieger verfügt über eine eigene Flotte
Entlang der Flüsse sei der Transport noch mit Schiffen machbar – schließlich verfügt das damit großgewordene Familienunternehmen bis heute über eine eigene Flotte, die auf dem Neckar und Rhein unterwegs ist. Doch in vielen Fällen bleibe bei entfernten Abbaugebieten nur der Transport mit – entsprechend vielen – Lastwagen.
Steine, Sand und Kies sind also tatsächlich regionale Rohstoffe: Laut Industrieverband werden sie im Schnitt nur knapp 40 Kilometer weit transportiert. Die oft als regional vermarkteten land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse legen demnach hingegen einen durchschnittlichen Transportweg von knapp 130 Kilometern zurück.
Aus Sicht des Verbands sind deshalb lokale Abbaumöglichkeiten die beste Lösung, wenn sie idealerweise noch über ein Transportbetonwerk verfügen – was auch im Entenpfuhl geplant ist. „Dort wird der fertige Beton für die Baustellen in der nahen Region produziert und direkt ausgeliefert. So werden zusätzliche Transporte vermieden“, erklärt Krieger beim Rundgang über das Werksgelände nahe Bruchsal, wo es ebenfalls eine solche Lösung gibt. Innerhalb von maximal 90 Minuten muss der dabei produzierte Transportbeton komplett entladen sein, weil er sonst aushärtet: Die regionale Begrenzung ist also recht eng.
Bau- und Abbruchabfälle im Land: Ist das Recycling von Baumaterial gewinnbringend?
Doch was ist mit dem Recycling von Baumaterial, um den immer neuen Abbau zu verringern? Da verweist der Industrieverband auf ernüchternde Zahlen. Von den jährlich rund 41 Millionen Tonnen anfallender Bau- und Abbruchabfälle in Baden-Württemberg sind knapp 30 Millionen Tonnen ausgehobener Boden und Steine. Diese eignen sich größtenteils nur zum Verfüllen, zur Herstellung von neuen Böden oder zur Oberflächengestaltung. Ein Teil landet aufgrund von Schadstoffbelastungen gar auf Deponien.
Nur die restlichen rund zwölf Millionen Tonnen sind Bauschutt und Straßenaufbruch, die getrennt und sortiert werden können. Davon landen rund neun Millionen Tonnen wieder im Straßenbau, um möglichst direkt vor Ort recycelt und eingebaut zu werden. Zwei Millionen Tonnen finden Verwendung in der Asphaltherstellung – und lediglich verschwindend geringe 0,4 Millionen Tonnen als Recyclingbeton im eigentlichen Neubau. Damit werde aber zugleich eine Recyclingquote von über 90 Prozent erreicht, so der Verband.
„Da bei uns in Deutschland trotz aller Baukrisen mehr neu gebaut als abgerissen wird, kann der Anteil an recyceltem Material auch langfristig nur bei rund zehn Prozent des benötigten Materials liegen. Und es sind bislang keine technischen Innovationen oder neuen Verfahren erwartbar, die daran etwas signifikant ändern könnten“, sagt Michael Krieger. „Aus unserer Sicht gibt es deshalb keine Alternative zur Gewinnung von Steinen, Kies und Sand – das sind schlichtweg Rohstoffe, die unsere moderne Gesellschaft benötigt.“
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/ketsch_artikel,-ketsch-knappheit-und-lange-transportwege-ist-ketscher-entenpfuhl-projekt-notwendig-_arid,2221415.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/ketsch.html