Umweltschutz

Dem Ketscher Entenpfuhl droht weiter der Baggerbiss

Die Planfeststellung zum Kiesabbau im Ketscher Entenpfuhl verzögert sich und die Gegner fürchten zu wenig Protest aus der Bevölkerung der Enderlegemeinde.

Von 
Benjamin Jungbluth
Lesedauer: 
Am Waldrand des Gewanns Entenpfuhl, in Verlängerung des Oftersheimer Heuwegs, hat die BI schon vor längerer Zeit ein Banner und ein Mahnkreuz angebracht. Da sich an den grundlegenden Plänen zum Kiesabbau nichts geändert hat, wollen die Kritiker mit weiteren Aktionen aktiv bleiben. © Jungbluth

Ketsch. Zuletzt war es verdächtig ruhig um den geplanten Kiesabbau im Gewann Entenpfuhl zwischen Ketsch und Hockenheim. Weder von offizieller Seite noch durch die Bürgerinitiative (BI) „Rettet den Entenpfuhl“ gab es größere Mitteilungen oder Aktionen. Ist das Projekt also ins Stocken geraten oder steht es gar auf der Kippe? Mitnichten, denn hinter den Kulissen laufen die Planungen und Prozesse sowohl bei Befürwortern als auch Gegnern des Projekts weiter.

„Grundsätzlich halten wir an unseren bisherigen Planungen fest“, teilt die Firma Krieger aus dem südhessischen Neckarsteinach auf Anfrage unserer Zeitung mit. So sei neben dem Abbau von Kies weiterhin die Errichtung eines Transportbetonwerks geplant, durch das der fertige Baustoff direkt an Kunden geliefert werden kann.

Der Trinkwasserschutz spielt beim geplanten Kiesabbau im Entenpfuhl eine zentrale Rolle

Doch die Umsetzung ist kompliziert. Wie bei allen größeren Bauvorhaben muss die Firma Krieger nach zahlreichen Voruntersuchungen zunächst einen Antrag auf Planfeststellung stellen, über den dann der Rhein-Neckar-Kreis unter Anhörung verschiedener Betroffener und sogenannter Träger öffentlicher Belange entscheiden muss. Beim geplanten Kiesabbau im Entenpfuhl spielt dabei bekanntlich der Trinkwasserschutz eine zentrale Rolle, wobei der Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz (ZWK) bereits deutlich gemacht hat, dass er grundsätzlich gegen die Pläne ist.

Das Gewann Entenpfuhl in Ketsch

Das Gewann Entenpfuhl befindet sich im Bereich der L 722 und B 39 auf Schwetzinger Gemarkung, südöstlich von Ketsch Richtung Hockenheim-Talhaus. Seit 2014 sind hier im Regionalplan Rhein-Neckar 42 Hektar als Vorranggebiet für den Rohstoffabbau ausgewiesen, auf denen die Neckarsteinacher Firma Krieger plant, Kiese und Sande abzubauen.

Die Förderung ist über 35 Jahre geplant und soll in mehreren zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten erfolgen, wobei der bestehende Wald entsprechend stückweise gerodet werden soll. Letztlich würde so ein rund 16 Hektar großer grundwassergespeister Kiessee entstehen, ähnlich wie beim rund zwölf Hektar großen Ketscher Anglersee.

Für die Aufbereitung und Veredelung des abgebauten Materials soll außerdem ein Transportbetonwerk errichtet werden, von dem aus der fertige Baustoff ausgeliefert werden soll.

Die Firma Krieger argumentiert – gestützt auf Untersuchungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe – dass in der Region eine zunehmende Sand- und Kiesknappheit herrscht.

Kritiker sehen durch die Pläne vor allem die Trinkwasserversorgung des Wasserwerks Schwetzinger Hardt in Gefahr. Zwar wurde das zugehörige Schutzgebiet 2022 ausgeweitet, doch die Firma Krieger kann eine Befreiung vom Verbot eines Kiesabbaus beantragen. Weitere Kritikpunkte sind die Abholzung des Waldes und die befürchtete Lärmbelastung

Doch bevor die Träger öffentlicher Belange ihre Einwände vortragen können, muss die Planfeststellung erst einmal angelaufen sein – und das ist beim Entenpfuhl bislang noch gar nicht der Fall. „Wir können bestätigen, dass der Antrag auf Planfeststellung am 11. November 2022 bei uns eingegangen ist. Er war jedoch nicht vollständig, was wir der Firma Krieger auch mitgeteilt haben“, erklärt Silke Hartmann, Sprecherin des Landratsamtes. „Erst nach der Vervollständigung werden wir den Antrag den Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme weiterleiten.“ Damit sind unter anderem Behörden gemeint, die ebenfalls zur Kreisverwaltung gehören. So werde sich die Forstverwaltung des Rhein-Neckar-Kreises zur Waldausgleichsfläche und die Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes zu einem möglichen Lärmgutachten äußern – aber eben erst, wenn der Antrag final gestellt worden sei.

Die Firma Krieger teilt mit, sie habe knapp ein halbes Jahr nach Antragstellung die Rückmeldung vom Landratsamt erhalten, dass sie noch „verschiedene ergänzende Unterlagen“ nachreichen müsse. „Es ist für uns als Familienunternehmen ein wichtiges Anliegen, dass alle Sachverhalte fachgerecht aufbereitet werden. Daher werden die Antragsunterlagen von uns sehr sorgfältig ergänzt“, erklärt der Prokurist der Firma Krieger, Steffen Ritter. Einen konkreten Zeitraum teilt das Unternehmen nicht mit.

Wird beim Kiesabbau im Ketscher Entenpfuhl auf Zeit gespielt?

Somit verzögert sich das ohnehin langwierige Verfahren erst einmal weiter. Bei den Gegnern des Kiesabbaus ruft das Erinnerungen wach. „Es hat ja auch schon über zwölf Jahre und unzählige Untersuchungen gedauert, bis die Behörden das Gebiet rund um den Entenpfuhl zum Wasserschutzgebiet erklärt haben. Leider wurde in der Zwischenzeit die Fläche bereits an die Firma Krieger verpachtet und im Nachgang festgestellt, dass die Einrichtung des Schutzgebietes dem Kiesabbau zumindest nicht grundsätzlich entgegensteht, trotz aller Bedenken verschiedener Experten. Inzwischen sind alle Beteiligten ziemlich schmallippig geworden, was öffentliche Äußerungen angeht“, sagt Heinz Eppel, Sprecher der BI. „Manche Leute könnten da das Gefühl bekommen, dass versucht wird, auf Zeit zu spielen, damit das öffentliche Interesse nicht mehr so groß ist.“

Mehr zum Thema

Gewann Entenpfuhl

Bürgerinitiative "Rettet den Entenpfuhl" in Ketsch: „Müssen uns auf die Hinterfüße stellen“

Veröffentlicht
Von
Volker Widdrat
Mehr erfahren
Umwelt

„Rettet den Entenpfuhl“: Über 1200 Unterschriften an Landrat übergeben

Veröffentlicht
Von
Marcus Oehler
Mehr erfahren
Gewann Entenpfuhl

Gibt es die Ketscher BI „Rettet den Entenpfuhl“ eigentlich noch?

Veröffentlicht
Von
Marco Brückl
Mehr erfahren

Und tatsächlich sei der Widerstand gegen das Projekt zuletzt etwas stiller geworden. „Dazu trägt auch die Lage des Entenpfuhls bei: Er gehört offiziell zu Schwetzingen, betrifft aber eben vor allem die Ketscher, die viel näher daran wohnen. Wirklich Einfluss nehmen, könnte aber nur die Stadt Schwetzingen, weil Ketsch rein rechtlich kaum in die Vorgänge eingebunden ist. Doch aus Schwetzingen hören wir leider wenig zu dem Thema, auch nicht von Umweltgruppen und anderen sonst sehr kritischen Akteuren. Das ist schade, denn hier könnte man mal etwas in seiner Region bewirken, auch wenn man nicht ganz unmittelbar davon betroffen ist“, macht Eppel deutlich.

Kritikpunkte gebe es schließlich genug – neben dem abgeholzten Wald und den befürchteten Risiken für die Trinkwasserversorgung werde es beispielsweise zu Lärmbelastungen kommen. Davon ist auch der Ketscher Grünen-Gemeinderat Günther Martin überzeugt, der das Thema Lärmgutachten wieder in den Vordergrund stellen möchte. „Was ich vermisse, ist der Protest der Bürger am Rand der Gemeinde Richtung Hockenheim, die den Lärm abbekommen werden –denn so ein Kieswerk wird viel Krach machen. Die alten Ketscher kennen das noch aus der Zeit, als in den heutigen Baggerseen im Rheinwald abgebaut wurde. Wenn damals die Baggerschaufel an den Metalltrichter geschlagen hat, dann hat halb Ketsch gebebt“, sagt Martin. Viele würden wohl erst aktiv, wenn es zu spät sei. Denn ein Lärmgutachten müsse frühzeitig eingefordert werden – und das ginge nur von persönlich Betroffenen, nicht etwa vom Ketscher Gemeinderat.

Ketscher Günther Martin wundert sich über fehlende Proteste der Bauern

Aber auch die örtlichen Landwirte wären von dem Projekt vermutlich betroffen, prophezeit Martin. „Für den gerodeten Wald müssten große Ausgleichsflächen geschaffen werden, und da bleiben in unserer dichtbesiedelten Region eigentlich nur Äcker. Die meisten Wiesen und Bereiche im Hockenheimer Rheinbogen sind nämlich geschützt, weil dort offene Flächen für bestimmte Tiere und Pflanzen bestehen bleiben müssen“, erklärt Martin. „Aber auch von den Bauern gibt es bislang keinen Protest, die doch sonst oft lautstark gegen andere Projekte demonstrieren.“

Die BI will derweil das Thema im Bewusstsein der Bürger halten. Für den Sommer sind weitere Waldbegehungen geplant, um die Auswirkungen des geplanten Kiesabbaus aufzuzeigen. „Wir sprechen auch regelmäßig mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten unserer Region, um sie für das Thema zu sensibilisieren. Insgesamt erhalten wir von vielen Seiten wohlwollende Unterstützung, aber an der konkreten Gefahr durch die Abbaupläne ändert das leider bislang nichts. Wir würden uns einfach wünschen, dass der Entenpfuhl zu einem ,richtigen’ Wasserschutzgebiet erklärt wird und dort keine tiefe Grube samt Betonwerk entstehen darf“, sagt BI-Sprecher Heinz Eppel.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

Thema : Gewann Entenpfuhl

  • Naturschutz Dr. Andre Baumann besucht Bürgerinitiative zum Entenpfuhl in Ketsch

    Dr. Andre Baumann war bei der Bürgerinitiative zu Gast und konnte dort für Beruhigung sorgen. Er sprach auch davon, dass Grundwasserschutz das höchste Gut sein müsse.

    Mehr erfahren
  • Ketsch Gemeinsam geht’s zum „Entenpfuhl“

    Der Umweltstammtisch in Ketsch traf sich zu einem gemeinsamen Essen im Fischerheim der Gemeinde, um auf das vergangene Jahr zurückzublicken und Pläne für das neue zu schmieden. Corona-bedingt konnte – wie überall – vieles nicht stattfinden, etwa der Naturerlebnistag, die Beteiligung am Kinderferienprogramm und der Vereinsausflug. Umso schöner war es, als sich im September zum beliebten Apfelfest getroffen werden konnte. Dennoch ruhte das Engagement der Gruppe nicht: Der Natur ist es nämlich egal, ob ein Virus das öffentliche Leben einschränkt, schreibt der Verein in seiner Pressemitteilung, die vom Vorsitzenden Matthias Ihrig an die Redaktion gesandt wurde. So ging es in der Problematik „Entenpfuhl“ unbeirrt weiter. Probleme im Hockenheimer Rheinbogen und auf der Rheininsel erledigen sich auch nicht von selbst. Öffentlichkeitswirksame Arbeit {element} So war beispielsweise Heinz Eppel unter anderem mit der Bürgerinitiative (BI) im Einsatz. Auf der Rheininsel beteiligte man sich im Herbst bei der „Rhein-Clean-up-Aktion“. Bei Vor-Ort-Begehungen im Hockenheimer Rheinbogen und auf der Rheininsel wurde – auch in der Presse – auf die vielfältigen Probleme dort hingewiesen. Dazu gehören unter anderem freilaufende Hunde. Diesbezüglich und wegen weiterer Umweltprobleme kontaktierte der Umweltstammtisch das Regierungspräsidium Karlsruhe und informierte gemeinsam schließlich mit Naturschutzbund (Nabu) und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Öffentlichkeit per initiierter Pressekonferenz. Drei Neumitglieder {furtherread} Der Vorsitzende informierte weiter, dass es organisatorisch einige zeitaufwendige Umstellungen gab. Manuela Stübe und später auch Ulrike Eppel haben die Vereinsunterlagen größtenteils digitalisiert und am Jahresende hat dann Ulrike Eppel die komplette Homepagebetreuung übernommen. Einarbeitung, Betreuung und Pflege der Homepage bedeuten jede Menge Arbeit, heißt es in der Pressemitteilung weiter und der Vorstand machte zudem deutlich, dass der Verein ohne seine engagierten Mitglieder vieles nicht erreichen könnte. Apropos: Die Mitgliederanzahl blieb 2021 nahezu konstant: Zwei Vereinsaustritten stehen drei Neumitglieder gegenüber. Auch 2022 gibt es wieder einiges zu tun: Der Verein mit dem Obstbaumschnitt auf der Streuobstwiese am vergangenen Wochenende begonnen. Vorerst sind dafür alle Samstage bis zum März vorgesehen. Für eine bessere Organisation sollen die Bäume nummerisch gekennzeichnet werden. Im vergangenen Jahr hatte der Umweltstammtisch für fast 1000 Euro Werkzeuge für den Obstbaumschnitt besorgt. Eine Mitgliederspende von Natursteinen für einen Steinhügel auf der Streuobstwiese hat eine kleine Lawine losgetreten. Der Hügel wird nun unter Beteiligung der Gemeinde wohl größer wie ursprünglich gedacht und soll auch mit einem Infoschild versehen werden. Bei regionalen, umweltrelevanten Vorhaben wie neue Stromtrassenführung und Transnet wird sich der Verein weiterhin aktiv einsetzen, teilt er mit. Vor allem werden die umweltrelevanten Brennpunkte in und um Ketsch im Blick bleiben, verspricht der Umweltstammtisch. Was im zurückliegenden Jahr unregelmäßig begonnen hat, soll nun regelmäßig fortgeführt werden: Einmal im Monat ist ein öffentlicher Spaziergang zu wichtigen Umweltthemen in Ketsch vorgesehen. Start ist mit einem Vor-Ort-Spaziergang im „Entenpfuhl“ am Sonntag, 30. Januar. Treffpunkt ist um 10 Uhr am Parkplatz Hundewiese in Ketsch. Weitere Ziele der Spaziergänge sind unter anderem die Rheininsel und der Hockenheimer Rheinbogen. Und natürlich wird auch die BI „Rettet den Entenpfuhl“ weiterhin bestmöglich unterstützen. Derzeit setzen sich Bürger für eine naturnahe Umgestaltung des Schillerplatzes ein. Der Verein begrüßt dieses Vorhaben sehr und wird hier – soweit möglich – unterstützen. Vorerst virtuelle Treffen Vorerst werden die Vereinssitzungen weiterhin als Videokonferenz durchgeführt werden müssen – die nächste ist am 17. Januar. Darunter leidet die Vereinstätigkeit, denn die digitalen Treffen ersetzen keine persönlichen und die Teilnahme ist doch überschaubar, heißt es in der Pressemitteilung. Die Corona-Pandemie treffe den Verein daher auf der sozialen Ebene. zg

    Mehr erfahren
  • Ketsch: Gewann "Entenpfuhl" Neutrales Gutachten soll Konflikt lösen

    Beim Scoping-Termin im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises zum Vorhaben der Heinrich Krieger KG gehen die Expertenmeinungen über einen Kies- und Sandabbau weit auseinander. Der Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz möchte dort das Wasserschutzgebiet nachhaltig erweitern.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke