Kirche St. Sebastian

Mehr Ernüchterung als Hoffnung an der Klagemauer in Ketscher Kirche

Geistliche Leiterin des Kolpingwerks Deutschland Rosalia Walter zu Gast in Ketsch: Die katholische Kirche in Deutschland steckt in einem Reformprozess. Die Diskussionen und Entscheidungen sind zäh und abhängig vom Vatikan.

Von 
Marco Brückl
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Rosalia Walter (r.) antwortet auf die Fragen nahe der Klagemauer in St. Sebastian (nicht im Bild) – hier befindet sich Gemeinde-referentin Sigrun Gaa-de Mür am Mikro, Diakon Heiko Wunderling (M.) hört gespannt zu. © Brückl

Ketsch. Warum dürfen Priester nicht heiraten? Warum spielen Frauen eine so untergeordnete Rolle, obwohl sie ein Gros der Basisarbeit verrichten? Ist Homosexualität heutzutage nicht was völlig Normales, sodass man seine Haltung („nicht gottgewollt“) überdenken sollte? Wie offen geht man mit eigenen Verfehlungen – Stichwort Missbrauchsskandale – um? Der katholischen Kirche laufen hierzulande die Mitglieder davon. Fachleute wollen einen Erosionsprozess ausgemacht haben, weil 2021 die bisherige Höchstzahl an Kirchenaustritten 2022 noch einmal deutlich übertroffen wurde. Insgesamt verlor die katholische Kirche zuletzt über 600 000 Mitglieder.

Wie reformbereit die katholische Kirche ist, zeigte der Synodale Weg. Rosalia Walter, Geistliche Leiterin des Kolpingwerks Deutschland und Mitglied der Synodalversammlung, war dabei und berichtete beim Gespräch an der Klagemauer in der Kirche St. Sebastian vom Reformdialog, der ab Ende 2019 bis zum Frühjahr 2023 stattfand und bei dem die katholischen Bischöfe Deutschlands und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie weitere Delegierte gemeinsam über die zukünftige Ausrichtung des kirchlichen Lebens in Deutschland berieten. Freilich hatten die Bischöfe eine Sperrminorität.

Rosalia Walter hatte eigentlich nur Ernüchterndes zu berichten. Sie hob hervor, dass die Bischöfe ganz nahbar bei der Essensausgabe in Reih und Glied mit den Laien standen und sich somit die Gelegenheit bot, miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn dies ein Fortschritt bedeutet, dann staunt der geneigte Kirchensteuerzahler darob und glaubt zu erkennen, wie abgehoben die Würdenträger aufs normale Leben schauen.

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Tatsächlich gab es in Frankfurt denn auch keine Jubelschreie. Die Synodalen wollten ursprünglich beispielsweise den vollen Zugang von Frauen auch zum Priesteramt. Doch ganz offensichtlich mit Blick auf Rom ist lediglich die Forderung nach dem Diakonat, die Stufe darunter, auch für Frauen übrig geblieben. Viele neuralgische Punkte – nehmen wir die Aufhebung des Zölibats für Priester – können ja auch gar nicht in Deutschland allein beschlossen werden – es braucht die Beschlüsse des Vatikans in Rom. Reformer waren am Ende enttäuscht, dass man beim Aufspüren von Kompromissen einmal mehr bei der Suche nach Lücken im Kirchenrecht verharrte.

Letztlich komme es auf das Gutdünken der Bischöfe in Deutschland an, meinte Rosalia Walter, die mitunter den erhobenen Zeigefinger in Rom fürchten müssen. Der hiesige Pfarrer Erwin Bertsch machte aus seinem Unverständnis über römisches Gebaren derweil keine Mördergrube. Wenn er alsbald in Rente gehe, erreiche man in Rom das Alter, um dort eine Karriere zu starten, sagte er und sorgte für Schmunzeln.

Rosalia Walter machte der Basis dennoch Hoffnung. Sie habe Hoffnung, denn die Kirche habe in ihrer über 2000-jährigen Geschichte schon viele Unwägbarkeiten ausgehalten. Na dann.

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