Seelsorgeeinheit

Klage- und Hoffnungsmauern in Brühl und Ketsch: Kirche lädt zur Kommunikation ein

In den katholischen Kirchen von Brühl und Ketsch entstehen Klage- und Hoffnungsmauern, auf denen Gläubige ihre Anliegen, Kritik und Wünsche teilen können. Die Aktion soll den Dialog fördern und Veränderungen anregen.

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Ralf Strauch
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Die freiwilligen Helfer errichten zusammen mit Diakon Heiko Wunderling (r.) die Klage- und Hoffnungsmauer im Altarraum der Schutzengelkirche. © strauch

Brühl/Ketsch. „Wer will fleißige Handwerker seh’n“, der muss in die Kirche gehen, denn am Donnerstagmorgen wurden in den katholischen Gotteshäusern von Brühl und Ketsch Stein auf Stein Mauern errichtet. Die sollen allerdings nichts und niemanden trennen, sondern im Gegenteil zusammenführen.

Dass diese Klage- und Hoffnungsmauer eine Premiere darstellt, wird bei der Errichtung schnell deutlich, denn es werden verschiedene Variationen hochgezogen und wieder abgebaut, bis endlich die Statik stabil ist. Wie in einer mittelalterlichen Dombauhütte wird von den hauptamtlichen Seelsorgern und den freiwilligen Helfern durch Versuch und Irrtum gelernt. Am Ende stehen die Backsteine in einem kleinen Halbrund von hinten durch weitere Steine gut stabilisiert, damit die Mauer den Gläubigen am Ende nicht auf die Füße fällt.

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So ist nun alles bereit, um das Projekt der Klage- und Hoffnungsmauern mit Gottesdiensten am Samstag, 9. September, in der Schutzengelkirche um 18 Uhr und einen Tag später um 10.30 Uhr in St. Sebastian zu eröffnen. Bis zum Sonntag vor dem ersten Advent haben die Gläubigen nun die Möglichkeit, Zettel in die Ritzen der Mauer zu stecken, dort Kerzen der Hoffnung zu entzünden oder vielleicht auch Blumen hineinzustecken, erklärt Diakon Heiko Wunderling im Gespräch mit unserer Zeitung.

Klage- und Hoffnungsmauern in Brühl und Ketsch: Defizite ansprechen und beheben

Ein Ziel dieser Aktion sei neben dem Beheben von Defiziten, durch die Themen auf den Zetteln auch aufzuzeigen, was alles schon unternommen wird, um Kirche weiterzuentwickeln, sagt Pfarrer Erwin Bertsch, „vieles bekommen die Menschen gar nicht mit, was an Maßnahmen für die Kirchenoberen so selbstverständlich ist, dass sie es nicht besonders kommunizieren“. Es gehe darum, ein Bewusstsein für die jeweils gegenseitigen Ansichten zu schaffen, Fakten auf beiden Seiten zu erklären und Lösungswege zu finden. Auf diese Weise hofft Bertsch auch, dass nicht nur die großen Themen wie der vielfach kritisierte Umgang mit Missbrauch in den Diözesen das Bild der Kirche überschatten, sondern auch die vielen guten und schönen Dinge in der Kirchengemeinde und darüber hinaus einmal in den Fokus rücken.

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Deshalb wolle man an dieser Klage- und Hoffnungsmauer immer wieder mit den Menschen darüber ins Gespräch kommen, ergänzt Wunderlich. Diese Mauer solle also nicht trennen, sondern ein Miteinander durch Kommunikation bringen, sind die beiden Seelsorger sich einig. „Und selbst wenn dieser Zettel für manche auch nur ein Ventil sein mag, um seinen Frust loszuwerden, ist auch schon etwas erreicht“, meint Bertsch.

Noch kein endgültiges Konzept für Klage- und Hoffnungsmauern in Brühl und Ketsch

Doch insgesamt sollen die Zettel nach und nach gelesen werden und dann Eingang in Gesprächskreise, eventuell Vorträge mit Experten zu den angesprochenen Komplexen und Gottesdienste finden. Auch an einen Meditationsgottesdienst eventuell mit der Kirchenband „Konfro“ ist gedacht. „Wir wissen aber noch nicht wirklich, was da an Gedanken, Ansichten, Hoffnungen und Wünschen auf uns zukommt, deshalb gibt es noch keinen detaillierten Terminkalender, doch eines ist sicher: Wir lassen die Themen auf den Zetteln nicht einfach verpuffen“, hebt der Diakon hervor. Natürlich könne man sicher einige der zu erwartenden Kritikpunkte nicht vor Ort lösen, aber dort, wo es möglich ist, sollen die Gedanken der Gemeindemitglieder an Menschen weitergegeben werden, die in Entscheidungsfunktionen an höherer Stelle sitzen.

„Sicherlich werden aber auch scheinbare Kleinigkeiten, die einzelnen Gläubigen Probleme bereiten, angesprochen werden“, prognostiziert Bertsch, „da werden wir vor Ort versuchen, Abhilfe zu schaffen“. Vielleicht gebe es da auch zündende Ideen, an die bislang noch nicht gedacht worden ist. „Wir sind auf jeden Fall gespannt, was da auf uns zukommt.“

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Alle Generationen einbinden für die Klage- und Hoffnungsmauern in Brühl und Ketsch

Die auf den Zetteln genannten Themen sollen in möglichst vielfältigen Bereichen Widerhall finden, so ist auch daran gedacht die Jugendgruppen der Pfarrgemeinde einzubinden und eventuell Gruppenstunden am Fuße der Klage- und Hoffnungsmauer anzubieten oder im Forum Älterwerden mit Senioren zu diskutieren. Doch die genaue Ausformung der Angebote wird erst erarbeitet, wenn die Klagen und Wünsche der Gemeindemitglieder bekannt sind.

Am Ende stellt der weit gereiste Pfarrer Bertsch allerdings noch mit einem kleinen Lächeln fest, dass der Begriff Klagemauer, der auf die westliche Umfassungsmauer der Tempelanlage in Jerusalem anspielt, nicht ganz richtig ist. Denn dort heißt die wichtige jüdische Gebetsstätte anders, „in Jerusalem spricht man englisch von Westwall“. Doch dieser Begriff könnte deutsch ausgesprochen die Gefahr von nicht gewollten Assoziationen bergen.

Redaktion

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