Gewerbegebiet Süd

Traktorenbauteile von John Deere gehen von Ketsch in alle Teile Europas

John Deere hat den Betrieb im einstigen Logistiklager von Aldi Süd voll hochgefahren und liefert von Ketsch aus teilweise tonnenschwere Ersatzteile für Traktoren oder Mähdrescher in alle Regionen Europas.

Von 
Benjamin Jungbluth
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Dr. Wolfgang Voß (l.) und Martin Banditt im rund 45 000 Quadratmetern großen Ketscher Logistikzentrum von John Deere. © Benjamin Jungbluth

Ketsch. Es sind wahrlich keine gewöhnlichen Ersatzteile, die im neuen Großlager von John Deere am Rande des Gewerbegebiets Süd in Ketsch auf ihre Auslieferung in alle Teile Europas warten: Metergroße Raupenlaufwerke für Traktoren, tonnenschwere Motoren für Zugmaschinen oder komplette Schneidwerksrahmen für Mähdrescher im typischen Grün des US-amerikanischen Landmaschinenherstellers. „Manchmal wird es schon etwas eng, wenn wir die ganz großen Teile durch die Ladedocks schieben müssen. Aber unsere Mitarbeiter sind natürlich Profis in ihrem Bereich - und demnächst erweitern wir einen der Durchgänge, um noch etwas flexibler zu sein“, erklärt Dr. Wolfgang Voß, zuständig für das Ersatzteilwesen von John Deere in Europa.

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Doch abseits dieser Ausnahmefälle ist das ehemalige Logistiklager von Aldi Süd für die neuen Mieter optimal, sodass seit der Übergabe vor rund acht Monaten bis auf den Ausbau des Tiefkühllagers kaum etwas umgebaut werden musste. Auf rund 41 000 Quadratmetern Lagerfläche kann John Deere hier eine Außenstelle seines europäischen Zentrallagers für Ersatzteile in Bruchsal betreiben. Hinzu kommen noch rund 4000 Quadratmeter Bürofläche im Verwaltungsgebäude Richtung Wohnmarkt Keilbach, die allerdings derzeit noch nicht aktiv genutzt werden. Neben der Nähe zum Bruchsaler Hauptlager und der guten Verkehrsanbindung war auch die Gebäudestruktur des ehemaligen Aldi-Komplexes ideal. Weil John Deere in Ketsch für die Lagerung von großen Komponenten keine Hochregale benötigt, sondern vor allem Bodenlagerflächen, entfiel die Notwendigkeit größerer Umbauten. Aldi Süd vermietete den Komplex deswegen gerne an den US-amerikanischen Landmaschinenhersteller - und der will hier langfristige Perspektiven schaffen.

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Lediglich die ursprünglichen Planungen für ein Schulungszentrum samt Showroom hat John Deere erst einmal auf Eis gelegt. Die dafür notwendigen Änderungen im Bebauungsplan hatte der Gemeinderat im vergangenen Jahr abgesegnet, um John Deere diese Möglichkeit zumindest grundsätzlich zu schaffen. „Aktuell prüfen wir stattdessen einen Ausbau unserer Kapazitäten in Bruchsal in diesem Bereich“, sagt Dr. Wolfgang Voß.

Über Nacht von Ketsch bis an den Atlantik

Doch das sei nicht etwa als Absage an den neuen Standort zu verstehen. „Ketsch ist für uns ein ganz elementarer Teil unserer europäischen Logistik geworden: Der Standort ist Teil unseres ,Europäischen Ersatzteilzentrums’ in Bruchsal und dient neben Standorten in Schweden und Großbritannien der Versorgung des gesamten Kontinents“, erklärt Dr. Wolfgang Voß.

John Deere und die Region

  • Der US-amerikanische Konzern ist weltweit führend im Landmaschinenbau und erwirtschaftete 2022 mit rund 79 000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 52,5 Milliarden US-Dollar.
  • Deutschland ist dabei mit sechs Standorten ein wichtiger Teil des Firmennetzwerks: Mehr als 7300 Beschäftigte sorgten hier 2022 für einen Umsatz von knapp 7,3 Milliarden US-Dollar.
  • Das Mannheimer Werk ist die größte John-Deere-Produktionsstätte außerhalb Nordamerikas. Gleichzeitig handelt es sich um die größte Traktorenfertigung in Deutschland, denn hier werden etwa zwei Drittel aller in Deutschland hergestellten Traktoren produziert.
  • Neben einem Standort in Nordrhein-Westfalen ist John Deere auch in Zweibrücken, Kaiserslautern und Bruchsal beheimatet – zu Letzterem gehört das Ketscher Logistikzentrum. Außerdem betreibt die Wirtgen-Gruppe, die seit 2017 zu John Deere gehört, fünf Standorte in Deutschland – unter anderem den Vögele-Standort in Ludwigshafen-Rheingönheim. beju

Dabei fungiert die Enderlegemeinde als Lagerort für größere Ersatzteile, die seltener benötigt werden. Das erst vor kurzem ausgebaute Zentrallager in Bruchsal beheimatet hingegen in erster Linie häufig nachgefragte kleinere Teile. „Entsprechend herrscht dort noch mal ein anderer Takt, aber auch aus Ketsch liefern wir innerhalb kürzester Zeit in alle Regionen Europas. Das ist gerade während der Erntezeit für unsere Kunden absolut essenziell, denn dann kann jeder Ausfall einer Maschine einen großen Verlust nach sich ziehen. Deshalb gilt bei uns, dass bis zum Abend bestellte Ersatzteile am nächsten Morgen beim Kunden sind“, sagt Martin Banditt, der unter anderem den Ketscher Standort leitet. „Das bedeutet dann auch mal, dass ein tonnenschweres Bauteil für einen Mähdrescher von unseren spezialisierten Dienstleistern über Nacht bis an die Atlantikküste in Portugal gefahren wird.“

Logistikzentrum von John Deere in Ketsch beschäftigt 17 Mitarbeiter

17 Mitarbeiter sind im Ketscher Logistikzentrum angestellt, etwa die Hälfte davon waren Neueinstellungen. Das Team arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb, während der Erntezeit auch an Wochenenden und Feiertagen. Trotz dieser außergewöhnlichen Logistikleistung sind die Lärmbelastungen für die Anwohner mit dem neuen Mieter gesunken, denn John Deere kommt auf nur noch zehn bis zwölf Lkw-Fahrten pro Tag. Und diese erfolgen weiterhin komplett über den Oftersheimer Heuweg, also abseits der Wohngebiete.

Bei John Deere sind Ersatzteile schon mal meterlang oder tonnenschwer – Ketsch liefert als Außenstelle des europäischen Ersatzteillagers in Bruchsal ganze Traktormotoren und riesige Bauteile für Mähdrescher in alle Teile des Kontinents. © Benjamin Jungbluth

Weil dort inzwischen merklich weniger Betrieb herrscht, musste John Deere allerdings das bislang völlig offene Gelände provisorisch einzäunen. Zu oft hatten sich fremde Fernfahrer hier ein Nachtquartier gesucht, samt unschöner Hinterlassenschaften. „Das Provisorium ersetzen wir demnächst natürlich noch durch einen richtigen Zaun“, betont Martin Banditt.

Mit den Ketschern will das weltweite Unternehmen aber auch ansonsten einen guten Kontakt pflegen. „Wir waren von Beginn an im engen Austausch mit den Anwohnern und haben Interessierte vorab nach Bruchsal eingeladen, um möglichst transparent zeigen zu können, was wir eigentlich so machen. Dadurch ist ein kurzer Draht zwischen uns und unseren Nachbarn entstanden, der weiterhin gut genutzt wird“, sagt Martin Banditt. „Uns liegt viel daran, hier in Ketsch dauerhaft Fuß zu fassen.“

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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