Ketsch. Kreischende Sägen und schwere Nutzfahrzeuge sind wohl für viele Besucher der Ketscher Rheininsel zunächst nur schwer mit dem Charakter eines Naturschutzgebiets vereinbar. Doch die Holznutzungen erfolgen laut Forst BW aus unterschiedlichen Erwägungen.
„Gefördert werden, wo auch immer vorhanden, Eichen und seltene Baumarten, wie beispielsweise die Ulme oder Wildbirnen. In gemischten Waldbereichen mit Ahorn, Kirsche, Eschen, Hainbuche und Linden werden gut bekronte Einzelbäume unterstützt, indem andere Bäume, die sie bedrängen, entfernt werden. Diese Maßnahmen dienen dem Ziel, die gewünschte und naturschutzfachlich angestrebte auentypische Vegetation zu erhalten und zu fördern“, erklärt Bernd Schneble, Leiter des zuständigen Forstbezirks Hardtwald, das komplexe Vorgehen.
Das langfristige Ziel der forstlichen Nutzung sei es, möglichst dickes Starkholz genau zu dem Zeitpunkt zu nutzen, an dem es durch Fäule entwertet werden würde. Durch das landesweit abgestimmte Alt- und Totholzkonzept blieben dabei aber immer ausreichend Bereiche dem natürlichen Verfall überlassen, sodass die Bedürfnisse der dieses Holz nutzenden Tiere berücksichtigt blieben.
So gebe es also extra sogenannte Waldrefugien, in denen keinerlei Bewirtschaftung erfolge. „Im Bereich der Ketscher Insel sind die sich selbst überlassenen Bereiche sogar deutlich größer als an anderen Orten, um dem Charakter eines Naturschutzgebiets gerecht zu werden“, betont Schneble. Diese seien – entgegen anderslautenden Gerüchten – auch nicht von den jüngsten Fällungen betroffen gewesen.
Leider werde in der Diskussion um die Holznutzung häufig ausgeblendet, dass Holz von unserer Gesellschaft dringend benötigt werde und eine hohe Wertschöpfung mit daraus gewonnenen Produkten erfolge. „Holznutzung und Klimaschutz sind Geschwister, da eine Verwendung von Holz in der Regel wesentlich klimaschonender ist als die Verwendung von Eisen, Kunststoff oder Beton“, argumentiert Schneble.
Bewirtschaftung und Naturschutz auf der Rheininsel Ketsch
Somit komme Forst BW im Staatswald des Landes eine gesetzlich geregelte Doppelrolle zu: sowohl die Bewirtschaftung als auch der Naturschutz. „Aufgrund der erfolgreichen Arbeit der Forstleute in der Vergangenheit sind beispielsweise im von Forst BW betreuten Forstbezirk Hardtwald gut 75 Prozent der Fläche Natura 2000-Gebiete und gehören damit zu den naturschutzfachlich wertvollsten Flächen in Deutschland und Europa. Dort sind Management-, Pflege- und Entwicklungspläne durch die Naturschutzverwaltung erstellt worden, die von allen Forstleuten bei ihrer Arbeit berücksichtigt werden müssen“, erläutert Schneble. „Hinzu kommt die in der Regel völlig unproblematische Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden.“
Würden von diesen im Wald Lebensstätten seltener Arten entdeckt und Forstmitarbeitern mitgeteilt, müssten sie beachtet und geschont werden. Eine intensive Zusammenarbeit zwischen Forst und Naturschutz gebe es außerdem bei besonderen Schutzkonzepten wie den Gelbbauchunken, dem Heldbock, der Wildkatze, der Waldschnepfe, dem Auerhahn und vielen anderen Arten. „Auch bei der geltenden Waldnaturschutzkonzeption und bei der Erarbeitung der Waldentwicklungstypen arbeiten wir zusammen und erstellen erfolgreiche Konzepte“, so Forstbezirksleiter Bernd Schneble über die Einbindung der Verbände.
Viele Baumarten auf der Rheininsel in Ketsch
Dass alle diese Maßnahmen in den vergangenen Jahren gerade auch in der Region für Erfolge gesorgt haben, bestätigt das Forstamt des Rhein-Neckar-Kreises. So gebe es inzwischen eine hohe Baumartenvielfalt: 82 Prozent der Wälder bestünden aus Mischwäldern – ein Anstieg um 25 Prozent in den letzten 35 Jahren. Dies sei vor allem den Bemühungen von Forstleuten und Waldbesitzern im Kreis zu verdanken, die schon seit Generationen aktiv gegensteuern würden.
„Die Ergebnisse der jüngsten Bundeswaldinventur zeigen, dass unsere Wälder vor großen Herausforderungen stehen, aber auch viele positive Entwicklungen zu verzeichnen sind. Der Klimawandel wird die gewohnten Waldbilder weiter verändern. Der hohe Anteil an Mischwäldern und die große Baumartenvielfalt sind aber zwei wichtige Grundvoraussetzungen dafür, um in den meisten Wäldern des Kreises die Folgen abzumildern“, lautet das Fazit von Manfred Robens, der das Kreisforstamt leitet.
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So sei die Waldfläche im Kreis stabil geblieben und umfasse rund 350 Quadratkilometer – das entspricht etwa einem Drittel der Gesamtfläche. Die Bereiche mit Wäldern, die älter als 100 Jahre sind, haben sich seit 1987 außerdem verdoppelt. Gleichzeitig sei die Holzmenge kontinuierlich gestiegen: Heute sind es im Durchschnitt 369 Kubikmeter Holz pro Hektar Wald. „Ein weiterer Hinweis auf eine höhere Biodiversität ist der gestiegene Totholzanteil. In den letzten zehn Jahren ist die Menge an Totholz in den Wäldern um 30 Prozent gewachsen. Eine gute Nachricht für die Vielfalt, denn viele Arten sind auf Totholz als Lebensraum angewiesen“, teilt das Landratsamt abschließend mit.
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