Gewerbegebiet Süd - Letzte Grundstücke sind an neun Betriebe verkauft / Es wird kräftig gebaut / Thüringer Straße ist jedoch nicht auf Google Maps aufgeführt

Viel Platz – aber für Kunden teils schwer zu finden

Von 
Benjamin Jungbluth
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Ketsch. Lange Zeit haben zwei Themen die Meldungen über das Gewerbegebiet Süd dominiert: die „21sportsgroup“ und die Haubenlerche. Der Sportartikelhändler ging bekanntermaßen nach längerem Hin und Her Anfang des Jahres in die Insolvenz, seitdem ist das riesige Logistiklager verwaist. Auch um den possierlichen Vogel ist es ruhiger geworden – dabei hatte die Haubenlerche die Entwicklung des letzten Teils des Gewerbegebiets immer wieder verzögert.

Nicht nur beim Bau der 30 000 Quadratmeter großen Halle der „21sportsgroup“ musste Rücksicht auf das artengeschützte Tier genommen werden, auch die Erschließung der restlichen Flächen am südöstlichen Zipfel der Sachsenstraße verzögerte sich in den Folgejahren durch die notwendigen Erfassungs- und Schutzmaßnahmen. Außerdem dauerten die Berechnungen der auf die Käufer umzulegenden Kosten länger als ursprünglich geplant.

Inzwischen sind alle diese Probleme beseitigt – und das Amt für Vermögen und Bau Baden-Württemberg verkündet, dass sämtliches Bauland verkauft ist. „Es handelt sich um insgesamt neun Grundstücke zwischen 700 und 3500 Quadratmetern“, teilt eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Die sich ansiedelnden Firmen stammen dabei größtenteils aus Ketsch und der nahen Region. Und es tut sich was: Am Wendehammer der Thüringer Straße liegen die Bauflächen zwar noch brach, aber auf mehreren Grundstücken nebenan wird schon kräftig gebaut.

„Viel mehr Möglichkeiten“

Pionier ist dabei Tilman Schenk, der nicht nur bereits seine gleichnamige Heizenergiefirma aus der Karlsruher Straße hierhin verlegt hat. Auch der Sitz seiner Firma Kurpfalz Pellets, deren Lager für gepresste Holzspäne bislang in Dudenhofen bei Speyer lag, befindet sich jetzt in der Thüringer Straße 2. „Wir können unseren Kunden hier an einem Ort unser gesamtes Leistungsspektrum zeigen und haben auf dem großzügigen Gelände viel mehr Möglichkeiten“, freut sich Tilman Schenk.

Die Fläche im Gewerbegebiet ermöglichte es ihm und seinen Mitarbeitern, in Ketsch zu bleiben. Andere Entwicklungsmöglichkeiten im Ort hätte es für die Firma nicht gegeben, sagt er. Somit ist für Schenk auch der eher ungewöhnliche Umstand verkraftbar, dass sich die ansiedelnden Firmen an den Kosten für die Pflege der Haubenlerche beteiligen müssen. „Die Vögel haben, direkt an unser Grundstück angrenzend, einen eingezäunten Bereich erhalten, den sie nutzen können“, erklärt Tilman Schenk.

Nur ein Problem besteht für seine Firma noch am neuen Standort: Sie wird bisweilen von Kunden und Lieferanten nicht gefunden. Denn der große US-amerikanische Kartenanbieter Google Maps führt die 2018 von der Gemeinde errichtete Thüringer Straße nicht in seinen Karten auf. „Das ist schon etwas blöd, weil sich viele Menschen heute ganz selbstverständlich im Internet informieren und dann verwirrt sind, wenn sie uns nicht finden können“, sagt Tilman Schenk. Auf seiner eigenen Internetseite hat er deshalb die Firmenadresse noch nicht geändert.

Verwaltung nutzt Open Street Map

Die Gemeindeverwaltung hat von dem Problem erst durch unsere Zeitung erfahren. „Wir geben regelmäßig alle Infos für die amtlichen Karten heraus, aber wie sich private Unternehmen ihre Daten zusammensuchen, bleibt ihnen selbst überlassen. Beim Neubaugebiet Fünfvierteläcker waren die Straßen bei Google Maps zum Beispiel schon eingezeichnet, als sie noch gar nicht freigegeben waren“, erklärt Hauptamtsleiter Ulrich Knörzer. Und auf der Internetseite der Gemeinde ist die Thüringer Straße berücksichtigt: Die Verwaltung nutzt für ihren Ortsplan die Technik von Open Street Map, die von einer Stiftung unter freier Lizenz zur Verfügung gestellt wird.

Für Tilman Schenk und die anderen Betroffenen bleibt indes nur die Möglichkeit, sich direkt an Google zu wenden. Wer einen Account bei dem marktdominierenden Unternehmen hat, kann fehlende Straßen direkt auf der Karte melden. Wann dann aber tatsächlich eine Änderung erfolgt, ist ungewiss. „Ich habe das schon mehrfach gemacht, aber bislang hatte wohl eine neue Sackgasse im Gewerbegebiet von Ketsch für das weltweite Technologieunternehmen aus Kalifornien keine ganz hohe Priorität“, nimmt es Schenk mit Humor.

Ähnliche Probleme bei der Erreichbarkeit für Kunden dürfte somit auch bald die Firma Ko Trans von Sascha Kowallik haben. Derzeit befindet sich das Büro des Baulogistikunternehmens noch in der I. Rheinstraße. Doch in der Thüringer Straße sind schon mehrere eigene Baufahrzeuge mit dem Ausbaggern und anderen Vorarbeiten beschäftigt. „Wenn uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht, wollen wir bereits Richtung Jahreswechsel umziehen“, erklärt Stefanie Baldy, Ehefrau des Firmenchefs und Büroleiterin. „Unsere bisherigen Standorte sind einfach zu eng geworden: Wir mussten extra ein zweites Grundstück anmieten, um unsere Fahrzeuge unterzustellen. Da kam die Gelegenheit mit der letzten Ausbaustufe des Gewerbegebiets Süd gerade recht.“

Das Grundstück von Ko Trans grenzt direkt an das Erweiterungsgelände der „21sportsgroup“: Dort hatte sich der insolvente Sportartikelhändler die Option auf ein viertes, 10 000 Quadratmeter großes Hallensegment gesichert. Doch nachdem aus den hochtrabenden Expansionsplänen nichts geworden ist, konnte auch hier die Haubenlerche einziehen. Ein Zaun schützt das Gelände vor etwaigen Brutstörern. Langfristig könnte das Gelände allerdings auch noch in Baugrund umgewandelt werden, schließlich bildet es eine einzelne Baulücke mitten in der Sachsenstraße. „Vielleicht ergibt sich da später eine Erweiterungsoption, aber jetzt sind wir erst einmal froh, in der Thüringer Straße so viel Platz gefunden zu haben“, sagt Stefanie Baldy.

Info: Mehr Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

Ketsch

Ketsch: Letzte Lücken im Gewerbegebiet Süd werden geschlossen

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Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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