Im Portrait

Von Ketsch nach Australien: Ernst Jäck kochte für Kohl, Clinton, Jelzin und Obama

Ernst Jäck (65) hat rund um die Welt die Mächtigen, Reichen und Schönen bekocht. Im Herzen ist er aber immer ein Ketscher geblieben. Den bodenständigen Weltenbummler haben wir in seiner alten Heimat getroffen.

Von 
Caroline Scholl
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Ernst Jäck zeigt seine Liebe zum Essen sogar auf seinen Fingern. © Jäck

Ketsch / Brisbane. Wer in Ketsch unlängst das Musikfest der 29er besuchte, hat sich vielleicht gewundert, dass einer der Gewinner beim Wunschkonzert zwar einen in der Enderlegemeinde bekannten Namen trägt, aber als Wohnort auf der Gewinnkarte Brisbane, Australien angab. „Ich hatte mal wieder Glück, wie vielleicht schon oft in meinem Leben“, lacht Ernst Jäck, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Als der heute 65-Jährige schließlich voller Leidenschaft anfängt, aus seinem Leben zu erzählen, hört sich dies an wie ein Abenteuer und es beweist sich erneut: Die besten Geschichten sind jene, die das Leben selbst schreibt.

Grand Hyatt Bali Farewell 29-08-2012. Bild: Jäck © Jäck

„Ich bin in Ketsch aufgewachsen, denn meine Eltern hatten damals das Restaurant ,Hirsch’ gepachtet. Mein jüngerer Bruder und ich sind quasi mit der Gastronomie aufgewachsen und ich machte eine Lehre als Koch. Später übernahmen meine Eltern das Seehotel und mich zog es zunächst in die Schweiz und nach Frankreich, um erste Küchenerfahrungen zu sammeln.

Eine erstaunliche Karriere für Ernst Jäck aus Ketsch – von Wodarz zu Wohlfahrt

Irgendwie wollte ich jedoch sprichwörtlich nach den ‚Sternen’ greifen, und damals in den 1980er Jahren gab es wenige Küchen, die mit Sternen ausgezeichnet waren. So versuchte ich mein Glück bei Küchenchef Hans-Peter Wodarz, einem renommierten Vollblutgastronom, in der Ente von Lehel im Nassauer Hof Wiesbaden. Damals verdiente man als einfacher Koch so etwa 1000 D-Mark und 600 D-Mark zahlte man für eine Wohnung. Es war dort eine harte Schule, viel Arbeit, wenig Freizeit, doch ich lernte einiges“, erzählt Jäck.

Und: „Schnell war mir klar, dass ich gerne nach zwei Jahren in eine Zwei-Sterne-Küche wollte“, erinnert sich Jäck. Ein Anruf von Wodarz bei Harald Wohlfahrt in der Traube in Tonbach genügte, und der Ketscher ging in den Schwarzwald.

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„Noch heute klingt mir Wolfahrts’ Spruch in den Ohren, dass eine gute Sauce so viel Beachtung wie ein Baby braucht, 24 Stunden ohne Pause, denn Sauce ist das A und O guter Gastronomie. Viel Geld ließ sich allerdings auch dort nicht verdienen, so folgte ich dem Drängen meiner Mutter und besuchte gemeinsam mit meinem Bruder eine private Hotelfachschule am Tegernsee“, berichtet er weiter.

Chef de Cuisine in Südafrika, Hotelfachschule in Heidelberg

Dort lernte Ernst Jäck seine erste Frau kennen, die aus Südafrika stammte. „Wir haben dann 1982 in Ketsch geheiratet und auch in der Enderlegemeinde gefeiert, bevor ich mit ihr nach Afrika ging. Nach einer Auszeit in Namibia bewarb ich mich 1984 in Kapstadt Südafrika bei einem der ersten Häuser am Ort mit Blick auf den Tafelberg, dem Cape Sun Hotel, und wurde dort Chef de Cuisine. Dort gab es 230 Köche und die Küchen befanden sich auf vier Stockwerken. Einmal war dort Paul Bocuse als Koch für eine Veranstaltung engagiert, ging durch die Küche und probierte und wurde später für sein Menü sehr gelobt, das allerdings ich zubereitet hatte. Später schrieb er mir eine Widmung mit den Worten ,pour mon ami Ernest’“, schmunzelt Jäck.

Einmal mehr hoher Besuch 2011: Hillary Clinton ist im Grand Hyatt Bali zu Gast. Für ein Erinnerungsfoto kommt neben Ernst Jäck (l.) die ganze Mannschaft zusammen. © Jäck

1989 führte ihn der Weg wieder zurück nach Ketsch, wo er in Heidelberg die Fritz Gabler Hotelfachschule besuchte, um dort seinen Küchenmeister zu machen, was ihm schließlich mit Diplom gelang. Ein Jahr später lernte er seine zweite Frau Kerstin aus Ketsch kennen. „Die Hotelfachschule nahm an einem internationale Champagner-Wettbewerb teil, bei dem es galt, ein Acht-Gänge-Champagnermenü zu kreieren. Ich machte mit, suchte Zeitungsausschnitte mit Damen mit Champagnermotiven aus, setzte ein Menü auf und am Ende gewann ich. In Heidelberg bei der Hotelfachschule habe ich dann das Menü gekocht und unter den Gästen war der damalige Vizepräsident der Lufthansa, was sich später in meinem Leben noch auszahlte“, sagt Jäck.

Schon damals ergriff ihn, nachdem er einen Diavortrag über Australien in der Stadthalle in Heidelberg sah, eine Sehnsucht nach Australien. „Ich versuchte, mich von Ketsch aus in Sydney zu bewerben, was damals ohne Internet und mit der Post, die vier Wochen unterwegs war, einfach nicht funktionierte. Schließlich packten wir 100 Kilogramm Gepäck und flogen nach Sydney, um vor Ort etwas zu suchen.“

Hochexklusive Adressen – Der Ketscher Jäck kocht in Australien, Ägypten oder auch Japan

Jäck erzählt: „In vielen Spitzenhotels waren die Küchenchefs damals aus Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Im Hilton Sydney war Helmut Hübele, ein Schwabe, Küchenchef und er vermittelte mir einen Kontakt zur Personalchefin des Park Hyatt, ein hochexklusives Haus mit Blick auf die Harbour Bridge und die Oper, was gerade vor der Eröffnung stand. Ich musste dann nach Melbourne fliegen, um mich vorzustellen, und wurde genommen.“

Der große Paul Bocuse (2. v. r.) und Ernst Jäck (2. v. l.) begegnen sich 1986 im Cape Sun Hotel in Kapstadt Südafrika. © Jäck

Wieder zwei Jahre später kam dann die Gelegenheit, auf Hayman Island, einem für 400 Millionen Euro renovierten Luxusressort, anzuheuern, eine Chance die Ernst mit seiner Frau Kerstin, die er schließlich auf Hayman Island heiratete, nutzte.

„Als ich mich dort bewarb, war gerade der Vize-Präsident von Lufthansa zu Gast. Er riet dem Hotelchef, mich einzustellen, denn er erinnerte sich an das Menü vom Champagnerwettbewerb an der Hotelfachschule in Heidelberg und mich“, verrät der sympathische Weltenbummler.

Dann nahm Ernst Jäcks’ Karriere richtig Fahrt auf, denn er wechselte 1993 in die Top-Management-Etage als Executive Chef in ein Fünf-Sterne-Boutique-Hotel in Dubai. Von dort warb man ihn in das Mövenpick Hotel in Sharm El Sheik nach Ägypten ab. „Ich war gerade auf einer Konferenz in Kairo, als mich die Info erreichte, dass fünf Tage später im Hotel ein Gipfeltreffen mit Hosni Mubarak und 40 Staatsoberhäuptern stattfinden soll.

Ketscher Koch Ernst Jäck kochte für Clinton, Jelzin, Chirac und Kohl

Unter anderem nahmen Bill Clinton, Boris Jelzin, Jaques Chirac und Helmut Kohl teil. Was dann dort los war, kann man nicht beschreiben. Eigene Küchenchefs der Staatsoberhäupter beanspruchten Teile der Küche, CNN wollte Kabel durch die Küche verlegen und der Bankettsaal musste innerhalb kürzester Zeit in einen Konferenzraum umgebaut werden. Doch am Ende gelang alles und ich schüttelte einige sehr bekannte Hände. Später wurde ein weiteres Golfhotel vom selben Hotelier gebaut und Mubarak war dort immer wieder zu Gast. Er wollte von mir und meinem Team bekocht werden, sodass ich viel pendelte“, denkt Ernst Jäck zurück und schon wieder sprudeln Anekdoten, denn manchmal kollidierten Wünsche und Spontanität von Staatsmännern schlicht mit Sicherheitsvorschriften oder Verfügbarkeiten von Waren.

Grand-Hyatt-Bali-Chefs: Hier heißt es „Lebe wohl“ zu sagen. Ernst Jäck zieht es weiter auf seinem einzigartigen internationalen Karriereweg folgt die Station Japan. © Jäck

Am Ende ging jedoch immer alles irgendwie gut, auch wenn die Geschichte des Weges, bis ein Essen schließlich verzehrt wurde, fast ein Buch füllen könnte. Beim Erzählen wird stets deutlich: Die Bodenhaftung hat Ernst Jäck nie verloren. In seinem Beruf zählte neben kulinarischem Können auf höchstem Niveau, Organisationstalent und die Fähigkeit, bei höchster Diskretion die Nerven zu behalten.

Zurück nach Down Under für Ernst Jäck – und auf Bali Barak Obama verköstigt

Ernst Jäck ist im Herzen Ketscher, wie er hier auf Fraser Island Australia bekundet. © Jäck

2002 kehrt er nach der Trennung von seiner Frau nach Sydney zurück und orientierte sich dann nach Shanghai, um dort für weitere vier Jahre als Executive Chef zu arbeiten. In China habe er viele Reisen unternommen, um das Land kennenzulernen. Über einen einjährigen Abstecher ins Hyatt nach Jakarta kam er 2007 wieder als Executive Chef ins Grand Hyatt nach Bali. Dort verantwortete er 190 Köche und elf Restaurants.

„In meinem Leben lernte ich so viele Kulturen und auch deren Arbeitseinstellungen kennen. Allein dies ist rückblickend so faszinierend und ich habe mich immer gut, wenn auch manchmal verwundert und staunend, angepasst. Auf Bali bekochte ich dann Präsident Barak Obama“, erzählt der sympathische Wahl-Australier weiter.

Von Bali führte ihn sein Weg nach Japan, wo er bis 2016 in einem weiteren Grand Hyatt tätig war. „Nun bin ich im Ruhestand, lebe in Brisbane und komme immer wieder nach Ketsch. Auch haben mich Ketscher Freunde in meinen vielen Stationen in der Welt immer wieder besucht, was mir sehr viel bedeutet. Über die Corona-Zeit war ich hier und begleitete meine Mutter durch eine schwere Krankheit, bevor sie im Januar 2021 leider verstarb und im März 2021 verstarb dann auch mein Vater.

Im Juli 2007 wird im Grand Hyatt Bali das Restaurant Pasar Senggol eröffnet – freilich mit Ernst Jäck. © Jäck

Meine Mutter hat mich immer unterstützt und auch an vielen Orten in der Welt besucht. Ketsch ist in meinem Herzen und hier gibt es so viel Schönes. Allein die Natur und die vielen Feste und die Menschen. Ich lebe zwar in Australien, aber etwas anderes als ein Ketscher möchte ich nicht sein“, resümiert Ernst Jäck aus einer Perspektive, die fast den gesamten Globus umspannt.

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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