Neulußheim. Mit ihrem Examensgottesdienst zum Thema „Wie stellt sich Gott den Menschen vor?“ hat sich Vikarin Joanna Notheis von der evangelischen Kirchengemeinde in den Mutterschutz verabschiedet. Wegen ihrer Elternzeit ist es ein Abschied auf Zeit. Und sie verspricht: Auch in der Elternzeit werde sie sich in der Kirchengemeinde blicken lassen und ihr Projekt weiter voranbringen.
„Ich glaube, es ist eine wichtige Sache, dass Menschen hören, dass Gott uns treu ist, auch wenn es uns im Alltag manchmal schwerfällt, es zu verstehen“, sagte Notheis nach dem Gottesdienst. Es sei ihr wichtig gewesen, zu betonen, dass Gott da ist. „Auch wenn wir manchmal denken, er ist ganz weit weg.“ In diesen Zeiten mit Krieg, Krise und Inflation könne sie die Gedanken der Menschen aber sehr gut verstehen. „Weil es mir nicht anders geht“, meinte Notheis, die in Karlsruhe geboren und in Graben-Neudorf aufgewachsen ist.
Man mache sich Zukunftssorgen, weil alles teurer werde. „Das sind Sorgen, die gerade viele Menschen teilen. In die Situation hinein spricht Gott: Ich bin da. Ich bleibe Dir treu.“ Das sei vielleicht nichts zum Anfassen, aber es sei etwas, „wofür wir unsere Hände aufmachen können“. Womöglich gebe das den Menschen in diesen „Sorgenzeiten“ etwas Ruhe.
Für die Liturgie des Examensgottesdienstes habe sie sich extra viel Zeit genommen. „Es war mir wichtig, auch in die Gebete Elemente der Predigt reinzubringen, diese noch mal wirken zu lassen.“ Nicht jeder könne etwas aus der Predigt rausziehen. Der rote Faden sei daher besonders wichtig gewesen. „Es war sehr aufregend, sehr spannend. Es hat mich in der Vorbereitung auch viel Schweiß gekostet, weil man es ja auch gut abschließen möchte. Aber ich bin jetzt sehr zufrieden.“ Sie habe den Gottesdienst sehr genossen und hoffe, dass das auch bei den Menschen so angekommen sei.
Spannende, lehrreiche Zeit
Das Vikariat in der evangelischen Kirchengemeinde sei eine sehr spannende Zeit gewesen, „in der ich viel lernen durfte und auch viel lernen musste“. Sie habe sich in der Gemeinde sehr wohlgefühlt, sei mit offenen Armen empfangen worden. „Sowohl von den Gemeindemitgliedern als auch von meiner Lehrpfarrerin.“ Katharina Garben habe ihr viel Spielraum gegeben, habe ihr oft freie Hand gelassen, „wie ich mich ausprobieren darf“. Daher habe sie die Zeit als sehr wertschätzend empfunden.
Am meisten Spaß machen Notheis mittlerweile die Kasualgottesdienste. „Ich durfte taufen, trauen, beerdigen und habe gemerkt, wie wertvoll es ist, am Leben der Menschen teilzuhaben.“ Sie habe daher in diese Gottesdienste gerne Zeit investiert, weil die Leute sehr dankbar für alles gewesen seien, was man ihnen in diesem Moment fürs Leben mitgebe.
Ein bisschen hadere sie noch mit dem Prozess „wie begleite ich auch die Menschen, die sonntags nicht in den Gottesdienst gehen können“. Es gebe Gottesdienste im Seniorenzentrum. „Aber oft ist nicht mehr die Zeit da, um danach noch seelsorgerlich begleiten zu können, was sich aus meiner Sicht viele noch wünschen würden.“ Da wolle sie sich in Zukunft bei ihrer Arbeit als Pfarrerin mehr einbringen.
Ihre Zukunft sehe sie als Gemeindepfarrerin. „Ich weiß aber noch nicht, mit welchem Schwerpunkt.“ Vieles werde künftig regional gedacht. Da müsse sie schauen, wo sie sich wiederfinde. „Es gibt sehr viele Dinge, die mir wichtig sind und die mir Spaß machen. Ich möchte aber auch nicht diejenige sein, die am Ende alles macht“, meinte sie mit einem Lachen.
Den derzeitigen Wandel, den die Kirche durchlaufe, sehe sie nicht aus der Perspektive „wir müssen Stellen streichen, wir müssen Gebäude aufgeben“. Sie sehe das als Chance und wolle sich diese Sicht bewahren, um noch mal viel menschenorientierter zu denken. „Welcher Bedarf ist da in der Gemeinde? Wie können wir den als Team decken, um den Menschen gerecht zu werden? Darum möchte ich aufhören, immer nur von Streichung und Kürzung zu reden. Ich sehe das als Neuanfang.“
Wegen der Geburt ihres ersten Kindes muss Joanna Notheis das Vikariat erst mal für ein Jahr unterbrechen. „Es ist ein Abschied, aber kein Abschied für immer aus der Gemeinde. Das freut mich, dass es nach einem Jahr noch ein Stück weitergehen darf.“ Sie betrachte das Jahr in Elternzeit als gewonnenes Jahr, in dem sie Zeit habe, ihr Mentoring-Projekt in der Gemeinde voranzubringen. „Pandemiebedingt mussten wir viel absagen und sind nicht so weit gekommen, wie ich mir das erhofft hatte.“ Auch das sei eine Chance.
Wenn das Kind da sei, werde sie immer wieder den Kopf ins Pfarrhaus strecken und sich sehen lassen. Die Gemeinde wird es freuen. kg
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