„Alter Bahnhof“

Halbes Jahrhundert Kunst für die Seele bei Dieter Huthmacher in Neulußheim

Dieter Huthmacher begeistert im "Alten Bahnhof" Neulußheim sein Stammpublikum mit Mundart, Liedern und spontanen Reaktionen.

Von 
Matthias H. Werner
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Älter und nachdenklicher, aber noch immer „Pfefferminz für die Seele“: Dieter Huthmacher im „Alten Bahnhof“. © Lenhardt

Neulußheim. Seit er 1970 im Schweizer Fribourg eher durch Zufall als „Moritatensänger“ erstmals auftrat, hat der in Pforzheim lebende Dieter Huthmacher eine schier endlos scheinende Latte an Professionen angehäuft: Der Liedermacher, Kabarettist, Karikaturist, Maler, Grafiker, Autor und Mundart-Dichter gastierte am vergangenen Freitagabend im Neulußheimer Kulturzentrum „Alter Bahnhof“, wo er mit seinem begeisterten Publikum eine wahre Glanzparade in Sachen Flexibilität zelebrierte.

Das Mikro mal an, mal aus, ein Sturz auf der Bühne – dem Abend hat es keinen Abbruch getan, weil der charmante Pforzheimer und seine Zuhörer sich gut kennen und Huthmachers Parole ohnedies lautet: „Wer heut koin Macke hat, is net normal – wer sagt, er wär normal, muss doch ä Macke hawe“.

Dieter Huthmacher in Neulußheim: Lachfalten dominieren

Sowohl auf der Bühne, als auch im Publikum haben ohnedies die „Lachfalten“ dominiert – so überschreibt der Mann mit Silbermähne und Gitarre seinen Abend, um gleich nachzusetzen: „Und wenns Gesicht auch Falten schlägt, das Lachen wird sie glätten“.

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Diesmal war Huthmacher, der bereits mit seinen Bildern und im Doppel mit dem begnadeten Matthias Hautsch in der „guten Stube“ der Vier-Sterne-Gemeinde brillierte, ganz „pur“ zu erleben: Zwei Stunden plauderte sich der Geschichtenerzähler, der mit seiner früheren Frau Karin Oehler im ausgehenden 20. Jahrhundert große Auftritte in der „Drehscheibe“, der „Michael Schanze Show“ bei Hans Rosenthal oder mit Peter Horton hatte, durch seine eigene Welt der Alltäglichkeiten, die er mit scharfem Blick analysiert und mit humorvoller Nachsicht kommentiert – mal in kleinen Lesungen, mal, und das viel durchschlagender, mit seinen Liedern.

Dieter Huthmacher in Neulußheim: Beherztes Lachen im Publikum

Mag die Stimme auch nicht mehr immer so warm und sanft sein wie dereinst, die Abläufe bisweilen etwas holprig – der sprachlich wie gedanklich zwischen den Badenern und den Schwaben eingeklemmte Liedermacher, der in wenigen Wochen 76 Jahre alt wird, kann noch jede Überraschung mit einem flotten Spruch überbrücken und sein Auditorium folgt mit einem beherzten Lachen.

Ob auf den Spuren des kalendarisch passenden „Der Frühling isch do“, in dem „der Blues vorbei“ ist, seinem mit „Osterglocken“ überschriebenen Liebeslied für die „Heldin aus der Kindheit“ oder seinem rasanten, in Töne gefassten Ruf nach Ruhe („Manche Leut, ma glaubts net, können überhaupts net, oim – und des is net zu fasse – oinem emal in Ruhe lasse“) – immer lauscht sein Publikum gespannt, folgt jeder humorigen Wendung mit Ausgelassenheit und quittiert ein jedes Lied, einen jeden eingestreuten Text irgendwo zwischen Fußball, Politiker-Slang und Botox-Wahn („Die Leut glauben ja, man wär mit einem glatten Gesicht kein Arsch mehr“) mit frenetischem Applaus.

Garant für diese Begeisterung ist die ganz eigentümliche Mischung aus ungespreizter Natürlichkeit und absoluter Authentizität, mit der Dieter Huthmacher schon ein halbes Jahrhundert seine Kunst betreibt: Da ist nichts gespielt, da gibt es keine Regie und die Themen sind in ihrer scheinbar lapidaren Alltäglichkeit in Worte gefasst, die unvermittelt zu Herzen gehen, mal in ihrer verblüffenden Wendung zum Lachen animieren, mal gänsehautschwangere Nachdenklichkeit auslösen. „Du stehst im Meer von Fragen und siehst auf den Grund“ singt Huthmacher in seinem Lied für den Kollegen Matthias Hautsch und bringt damit das ratlose Gefühl, das jeder Mensch kennt, auf einen poetischen Punkt.

Dieter Huthmacher ist älter geworden, nachdenklicher vielleicht – aber noch immer ist er „Pfefferminz für die Seele“.

Info: Weitere Infos zum Künstler unter www.doppelfant.de

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

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