Neulußheim. Was für ein Comeback. Nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause, nach einigen voreiligen Nachrufen und der immer drängenderen Frage, wann es denn nun losgehe mit den Veranstaltungen, erhob sich der Kulturtreff Alter Bahnhof am Sonntag wie Phönix aus der Asche und bereitete seinen Gästen einen Frühschoppen, der ihnen den Rest des Tages ein Lächeln auf die Lippen und ein Wippen in die Füßen einbringen sollte.
Kulturchefin Alexandra Özkalay und das Team vom Kulturtreff hatten zum einen mit der Verpflichtung von Missy Canis alias Sabine Hund aus Neckarau einen Glücksgriff getan, zum anderen gewaltige Schützenhilfe vom Wettergott erhalten: Strahlender Sonnenschein und ein fast schon frühsommerlicher Tag machten den Aufenthalt im Biergarten des Alten Bahnhofs zu einem Vergnügen und ließen Urlaubsfeeling aufkommen. Dazu die gechillte Musik von Missy Canis – fast hörte man die Eiswürfel in den Gläsern im Takt klirren.
Das Coronavirus hat landesweit den Rückzug angetreten, allenthalben öffneten sich die Kulturstätten und Veranstaltungshallen zu ihrem Comeback, füllten sich wieder mit Leben – nur den Alten Bahnhof wollte scheinbar niemand aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Weshalb im Ort seit einiger Zeit das Gerücht die Runde machte, die Gemeinde wolle ihn gar nicht mehr öffnen. Was jeder Grundlage entbehre, wie Bürgermeister Gunther Hoffmann feststellte, der es sich nicht nehmen ließ, die Gäste zum ersten Frühschoppen nach der Pandemie zu begrüßen und damit ein deutliches Zeichen für die Zukunft der Kulturstätte zu setzen.
Kulturchefin Özkalay verwies auf die besonderen Eigenschaften des Alten Bahnhofs. Im Inneren bietet er gerade mal Platz für 80 eng stehende Menschen, im Außengelände ist der Zugang hingegen kaum zu kontrollieren – Gegebenheiten, die eine frühere Öffnung der Veranstaltungsstätte nicht zuließen.
Doch nun hat es geklappt, und wie. Fast wie von langer Hand vorbereitet passte alles zueinander – Wetter, Publikum und Künstlerin. Missy Canis, bürgerlich Sabine Hund, ist eine Multiinstrumentalistin. Die Musiklehrerin spielt die Gitarre ebenso virtuos wie sie am Saxofon oder der Klarinette zuhause ist. Drums, Percussions und gar ein Didgeridoo runden die Zahl der Instrumente, die sie beherrscht noch lange nicht ab. Im Prinzip kann sie allem Melodien entlocken, das in der Lage ist, Töne von sich zu geben.
Dazu kommt ihre Stimme, die mal rockig, mal jazzig, rauchig oder voller Lebensfreude über den Platz strahlt und die Menschen mitnimmt, wohin Missy Canis auch immer will, sei es auf die „Route 66“ oder in einen Skilift, in der sie ein Typ zulabert – flugs war der Song „The Never Stop Talking Guy“ geboren. Wie überhaupt viele der Stücke, die an diesem Vormittag zu hören sind, aus der Feder der Musikpädagogin stammen.
Ein wichtiger Bestandteil der Musik von Hund ist ihre Loop-Station, mit deren Hilfe sie ihre Stimme oder die verschiedenen Instrumente in Schleifen legen und mixen kann – aus der One-Woman-Band wird so schnell ein ganzes Orchester.
Musik zum Seele-baumeln-lassen, dazu ein kühles Getränke, eine Brezel oder ein Wurst – alternativ waren Kaffee und Kuchen darstellbar – relaxter kann man nicht in einen Sonntag starten. Und so träumten sich die Menschen über zwei Stunden hinweg in die nahe Zukunft, wenn die sonntäglichen Frühschoppen im Alten Bahnhof wieder zum festen Ritual gehören. Der nächste findet übrigens am Sonntag, 29. Mai, statt, dann mit den „The Remem Berries“. Und wer den Auftritt von Missy Canis verpasst hat, der darf sich freuen – sie ist ein wichtiges Mitglied der „Remem Berries“ und wird den Biergarten einmal mehr mit ihrer Stimme füllen.
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