Neulußheim. Bis 2040 will die Gemeinde das Ziel einer klimaneutralen Verwaltung erreicht und den CO2-Ausstoß deutlich verringert haben. Damit stellt sie sich in Kooperation mit dem Land und dem Kreis hinter die Ziele des Pariser Abkommens von 2015, die Erderwärmung auf einen Anstieg von 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ein ehrgeiziges Ziel, dessen Erreichen von den Gemeinderatsfraktionen unterschiedlich beurteilt wird. Während die einen von einem guten Weg sprechen, auf dem sich die Gemeinde befindet, geht es anderen nicht schnell genug, sehen sie die Zeit verrinnen.
Um die Thematik des Klimaschutzes zu bündeln, bedient sich die Gemeinde des Instruments der Fokusberatung, deren Ziel es ist, Maßnahmen zu definieren, wie der CO2-Verbrauch eingeschränkt werden kann. Zusammen mit der Kliba, der Klimaschutz-Organisation des Rhein-Neckar-Kreises, fanden mehrere Gesprächsrunden statt, wurde der Istzustand beleuchtet und ein Maßnahmenkatalog erstellt. Dieser Prozess mündete nun in einen Schlussbericht, der dem Gemeinderat zur Verabschiedung vorlag.
Fraktion der Grünen: Der Schlussbericht ist nicht ausreichend
Monika Schroth (Grüne) bezeichnet den Klimaschutz als Überlebensaufgabe. Dieser Aufgabe werde der Schlussbericht nicht gerecht, man könne ihn unter „besser als nichts“ einordnen, doch sei er keineswegs ausreichend. Schroth erinnerte an die Forderung ihrer Fraktion, das Instrument eines integrativen Klimaschutzkonzeptes zu wählen, was von einer Mehrheit im Gemeinderat abgelehnt worden sei. Wichtiger Bestandteil des integrierten Konzeptes wäre die Einstellung eines Klimamanagers gewesen.
Für Schroth am falschen Ende gespart und auch die Abarbeitung des Maßnahmenkatalogs kann in ihren Augen nur gelingen, wenn zusätzliches Personal eingestellt wird. Die Schaffung einer halben Stelle ist für sie das Mindeste. Die aufgeführten Maßnahmen selbst – von der Erstellung eines Wärmeplans über den Ausbau der Photovoltaik bis hin zum ressourcenschonenden Bauen, die Nutzung regenerativer Energien in kommunalen Gebäuden oder die Förderung von Rädern, E-Bikes und Lastenfahrrädern – bezeichnete sie als sinnvoll und notwendig, doch wie gesagt, ihre Bedenken galten der Durchführung ohne zusätzliches Personal im Rathaus.
Dennoch stimmten die Grünen dem Schlussbericht zu und verknüpften dies mit der Forderung, halbjährlich vom Bürgermeister im Gemeinderat über den Stand der Dinge informiert zu werden.
Thomas Birkenmeier (CDU) sah hingegen in dem Prozess der Fokusberatung eine Bestätigung des bisherigen Handelns der Gemeinde. „Wir stehen besser da, als wir müssten“, bescheinigte der Christdemokrat der Gemeinde, im Sinne des Klimaschutzes gut gehandelt zu haben. Diesen Weg gelte es fortzusetzen, mit Sachverstand und ohne Bevormundungen. Weshalb er dem Bericht zustimmen konnte, der in seinen Augen eine reine Verpflichtung ist, „wir bleiben Herr des Verfahrens“. Bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen müsse darauf geachtet werden, dass die Rahmenbedingungen im Haushalt stimmen.
Hanspeter Rausch (SPD) schloss sich den Worten von Schroth an, sah in der Fokusberatung gleichfalls nur einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Zumal die bisher auf kommunaler Ebene erreichten Ziele nur gegen Widerstände im Rat durchgesetzt werden konnten.
Doch um den Klimazielen gerecht zu werden, bedürfe es mehr, müsse die gesamte Gemeinde mitgenommen werden, zumal gerade der private Bereich die größten Einsparpotenziale aufzeige. Hier gelte es die Bürger zu motivieren und dafür wäre es gut gewesen, eine zuständige Person im Rathaus zu haben – „diese Chance wurde vertan“.
Ingeborg Bamberg (WfN) war mit der Haltung, die Umsetzung von Maßnahmen an Bedingungen zu knüpfen, nicht einverstanden – Deutschland habe das Pariser Abkommen mitunterzeichnet, der Klimaschutz gehöre zum Pflichtprogramm der Gemeinde. Um der Verpflichtung, bis 2040 klimaneutral zu werden, gerecht zu werden, seien noch viele Aufgaben abzuarbeiten, bezeichnet Bamberg den Klimaschutz als Chefsache.
Sven Nitsche (FWV) sah in dem Bericht gleichfalls eine Bestätigung der bisherigen Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat – „wir haben nicht alles falsch gemacht“ – die Gemeinde stehe besser da, als sie müsse. Grundsätzlich, so Nitsche, könne man sich dem Thema Klimaschutz mit unterschiedlicher Intensität nähern, von radikal bis zu gelassen, wobei er eher zur Gelassenheit tendiert. Zumal sein Fraktion mit einigen der vorgeschlagenen Maßnahmen ihre Schwierigkeiten hat, es ihm lieber wäre, wenn man schauen würde, was man sich leisten kann und was sinnvoll ist. Die geplante Maßnahme, bis 2030 den kommunalen Fuhrpark auf CO2-neutralen Antrieb umzustellen, hält er beispielsweise für unrealistisch, weshalb die Fraktion der FWV dem Schlussbericht nicht zustimmte.
Fraktionen wollen Photovoltaik und weitere Klimaschutzmaßnahmen fördern
Für Gesprächsbedarf sorgte das Thema Klimaschutz weiterhin, Grüne, SPD und WfN hatten den Antrag gestellt, ein Programm zur Förderung von Neuinstallationen von Photovoltaikanlagen, von Dachbegrünungen, Regenwasser-Zisternen oder der Anschaffung von Lastenfahrrädern zu installieren. Der Fördertopf soll 50 000 Euro betragen, Einzelmaßnahmen mit maximal 750 Euro, höchstens jedoch zehn Prozent der Investitionskosten bezuschusst werden.
Bürgermeister Gunther Hoffmann erinnerte an die finanzielle Lage der Gemeinde, den beschworenen Willen zur Sparsamkeit dem nun eine zusätzliche freiwillige Aufgabe entgegengestellt werde. Damit, so Hoffmann, habe er seine Probleme, zumal es sich bei dem Programm um keine ureigene Aufgabe der Gemeinde handle.
Andreas Sturm (CDU) kritisierte das geplante Förderprogramm. Zum einen ließen sich nur wenige Projekte bezuschussen, zum anderen fehle der soziale Faktor – Photovoltaikanlagen auf Dächern seien keine Anliegen armer Leute. Obendrein gebe es für viele dieser Vorhaben schon Förderprogramm, sprach er sich gegen das Programm aus. Sinnvoller schien ihm da schon die Förderung von Balkonkraftwerken.
Die Förderung soll einen Anreiz zum Klimaschutz liefern
Monika Schroth sah in den maximal 750 Euro pro Vorhaben nur einen Anreiz, die Bürger zum Mitmachen zu animieren. Gerade die Einbeziehung von Privatleuten sei beim Klimaschutz wichtig, die Gemeinde können mit geringen Mitteln große Investitionen anstoßen, sprach sie von einer Win-win-Situation.
Ingeborg Bamberg sah angesichts der erfreulichen Jahresrechnung 2022 (wir berichteten) genügend Spielraum für das Förderprogramm und bezeichnete es als Notwendigkeit, die Bürger mit einzubeziehen, wie bei der Fokusberatung ja beschlossen. Und soziale Aspekte, merkte sie an, hätten auch bei der Förderung von E-Fahrzeugen durch den Bund keine Rolle gespielt.
Hanspeter Rausch stieß ins gleiche Horn – „wer A sagt, der muss auch B sagen“ – und sah in der Fördersumme von 50 000 Euro einen Hebel, der volkswirtschaftlich ein Vielfaches bewegen könne. Die einzelnen Punkte, die gefördert werden können, sah Rausch nicht in Stein gemeißelt, darüber könne im Ausschuss entschieden werden.
Sven Nitsche hielt angesichts steigender Kosten jede weitere Ausgabe für nicht angebracht. Zumal er den Sinn des Förderprogramms nicht erkennen kann. Zum einen würden sich sinnvolle Maßnahme auch ohne Förderung durchsetzen, zum anderen seien Bund und Land in der Pflicht.
Letztlich wurde der Antrag mehrheitlich gebilligt, allerdings mit der Auflage, über die zur fördernden Maßnahmen noch im Ausschuss zu beraten.
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