Neulußheim. Der Gemeinderat soll am Donnerstag, 16. März, einen Grundsatzbeschluss über die Errichtung eines Solarparks fassen und mindestens ein Neulußheimer Bürger wird die Diskussion mit Sorgenfalten verfolgen: Biobauer Hubert Merz, für den die Existenz seines Hofs auf dem Spiel steht. Sollte sich der Rat für den Solarpark im Gewerbepark B 36 entscheiden, geht ihm gut ein Fünftel seiner Anbaufläche verloren – das Ende des landwirtschaftlichen Betriebs, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung feststellt.
Die Flächen nördlich und östlich des Friedhofs sind seit Jahren als Gewerbegebiet ausgewiesen. Doch mit der Zeit schwand die Wahrscheinlichkeit, dass der „Gewerbepark B 36“ jemals Realität wird, zumal sich die Gemeinde Reilingen von den Plänen für ein interkommunales Gewerbegebiet verabschiedet hat. Weshalb der Gemeinderat nun darüber entscheiden soll, ob auf der Fläche ein Photovoltaikpark mit rund 20 Hektar entstehen soll.
Plan für Photovoltaikpark bringt einige Vorteile für Neulußheim
Für den Plan des Photovoltaikparks führt die Verwaltung einige Vorteile ins Feld. An erster Stelle nennt sie dabei das Geld. Statt einem brachliegenden Gewerbegebiet hätte sie eine sprudelnde Einnahmequelle – gerechnet wird mit einem jährlichen Betrag im unteren sechsstelligen Bereich. Weitere Vorteile seien der Beitrag der Gemeinde zur Energiewende. Immerhin, rechnet die Verwaltung vor, soll auf der Fläche Strom erzeugt werden, der für rund 6500 Haushalte ausreichend ist. Ferner führt die Verwaltung die nicht notwendige Erschließung und Versiegelung des Geländes an.
Der Neulußheimer Biolandwirt Hubert Merz sieht seinen Betrieb durch den Bau eines Solarparks gefährdet.
Punkte, die Merz so nicht stehenlassen will. Insbesondere stört er sich an dem immensen Landverbrauch. Er rechnet mit einem Flächenbedarf von rund 26 Hektar für die gesamte Anlage, ungefähr das Vierfache dessen, was an Land täglich in Baden-Württemberg verbraucht wird. Fruchtbarer Ackerboden, der für eine „Glaswüste“ geopfert wird. Und unter dem Glas eine braune Wiese, den im Schatten der Module werde auf dem Sandboden nichts mehr wachsen. Nein, das steht für Merz fest, kommt der Photovoltaikpark, sind die Flächen dauerhaft verloren.
Was ihn besonders schmerzt – seit Jahren betreibt er gemeinsam mit anderen Gesellschaftern verschiedene Photovoltaik-Dachanlagen, bezeichnet sich selbst als „Überzeugungstäter“ in Sachen Photovoltaik. Aber eine Freiflächenanlage in dieser Größenordnung macht für ihn überhaupt keinen Sinn. Zumal in der Gemeinde noch nicht einmal zehn Prozent der möglichen Dachflächen mit entsprechenden Anlagen bestückt seien.
Potenzielle Flächen ohne großen Landverlust sollen gesucht werden
Ganz zu schweigen von potenziellen Flächen neben Bahnlinien oder Autobahnstrecken, wo sich Photovoltaikanlagen ohne großen Landverlust errichten ließen. Stattdessen gut 26 Hektar bestes Ackerland zu opfern – für ihn nicht nachvollziehbar. Zumal die Photovoltaikanlage Flora und Fauna nachdrücklich schaden würde.
Boden und Kleinstlebewesen würden gestört, Tiere durch den Zaun ausgesperrt und Greifvögel könnten nicht jagen. Kein Vergleich zu dem jetzigen Bild, zu den Ackerflächen, die im biologischen Landbau bestellt würden. Davon profitiere die Natur durch einen größeren Artenreichtum, durch eine stärkere Grundwasserbildung und durch eine höhere Produktion an Sauerstoff. Die Natur profitiere auch durch die Politik der kurzen Wege. Zurzeit würden auf den Flächen Roggen und Kartoffeln angebaut. Mit Letzteren beliefert Merz die Reilinger Mensa – kürzere regionale Wege gibt es kaum.
Mit der Freiflächenanlage endet für Merz die Geschichte seines Hofes, die Anfang der 1990er Jahre mit dem ökologischen Landbau begann. Vornehmlich auf gepachteten Flächen, wegen der Realteilung gibt es außer denen der Gemeinde kaum größere Flächen. Ein Fünftel des Anbaugebiets erstreckt sich auf das Gelände, das nun unter Photovoltaikmodulen zu verschwinden droht. Ausgleichsflächen seien nicht in Sicht und selbst wenn, es würde zwei Jahre dauern, sie für den ökologischen Landbau herzurichten, schüttelt Merz den Kopf. Natürlich hatte er bei den gepachteten Böden immer den Gewerbepark im Hinterkopf, doch genauso die Hoffnung, er werde nicht kommen.
Arbeitsplätze im Neulußheimer Betrieb stehen auf dem Spiel
Doch noch weniger will er die Böden unter einer „Glaswüste“ verschwinden sehen. Wovon auch die Gemeinde nicht profitiere. Die Höhe der prognostizierten Einnahmen wagt er zu bezweifeln – eine höhere Wertschöpfung wäre durch das Potenzial auf den Dächern zu erzielen. Noch schwerer wiegen in seinen Augen die 32 festen Arbeitsplätze, die sein Hof bietet – hinzu kämen die Saisonarbeiter. Von diesen würde die Gemeinde über Steuern und Kaufkraft profitieren.
Dies alles sollten die Gemeinderäte in die Waagschale werfen, wenn sie über die Zukunft des Gewerbeparks und damit über die Zukunft seines Hofes entscheiden, betont der Biobauer. Und nicht zuletzt sollte abgewogen werden, was für die Natur besser ist, viel Strom oder umweltverträglich erzeugte heimische Lebensmittel. Letztere brauchen den Boden, der Strom könne auch auf den Dächern, Müllkippen oder längs der Fahrwege erzeugt werden.
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