Neulußheim. Im zweiten Anlauf hat es geklappt: Mit großer Mehrheit stimmte der Rat am Donnerstagabend für die Einführung von Tempo 30 in der Nord-Süd-Achse, in der Hockenheimer und Waghäuseler Straße. Womit nun, nach dem Beschluss von vor fast exakt drei Jahren, vorerst nur die Ost-West-Achse, die St. Leoner und die Altlußheimer Straße mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung zu versehen, nun alle vier Hauptverkehrsstraßen beruhigt werden sollen. Sollen deshalb, weil die Verwaltung die Geschwindigkeitsreduzierung bei der Verkehrsbehörde beantragen muss, die letztlich entscheidet.
„400 Unterschriften sind ein Wort“, brachte Gemeinderat Hanspeter Rausch (SPD) die Stimmung am Ratstisch wohl auf den Punkt. Denn dem Wunsch der Anwohner auf eine Geschwindigkeitsbeschränkung wollte sich der Rat diesmal nicht verschließen, auch wenn nicht alle Gemeinderäte vom Sinn der Maßnahme überzeugt sind. Auch die „kleine Runde“ dürfte für die Entscheidung nicht ausschlaggebend gewesen sein, zu deutlich war die Zustimmung für die Geschwindigkeitsbegrenzung.
Wie Bürgermeisterstellvertreter Heinz Kuppinger (FWV) zu Beginn der Sitzung feststellte, war Bürgermeister Gunther Hoffmann durch eine Corona-Infektion verhindert und waren weitere fünf Gemeinderäte für die Sitzung entschuldigt. Dennoch war der Rat mit insgesamt 13 stimmberechtigten Personen beschlussfähig. Von denen wiederum die große Mehrheit mit zehn Jastimmen für die Tempobeschränkung stimmte.
Zu Beginn der Debatte hatte Bürgermeisterstellvertreter Kuppinger dem Rat nochmals die Vorgeschichte des Sachverhaltes erläutert. Grundlage sei ein erstellter Lärmaktionsplan für die Gemeinde samt einer damit einhergehenden Gesetzänderung, auch auf Hauptverkehrsstraßen Geschwindigkeitsbegrenzungen vorzunehmen, gewesen. Der Lärmaktionsplan hätte es zugelassen, alle vier Hauptverkehrsstraßen mit Tempo 30 zu versehen und somit den Lärmpegel zu senken.
Tempo 30 in Neulußheim: Minderheitsmeinung respektieren
Doch eine Mehrheit im Rat hätte damals nur für die eng bebauten St. Leoner und Altlußheimer Straße eine Notwendigkeit zur Geschwindigkeitsbegrenzung gesehen. Für die breite Hockenheimer und Waghäuseler Straße wurde die Maßnahme verworfen. Zwischenzeitlich hätten sich Anwohner der Waghäuseler Straße mit einem Antrag, gestützt durch 400 Unterschriften von Bürgern der Gemeinde, an die Verwaltung gewandt und beantragt, den Punkt erneut zu behandeln. Als Begründung wurden zum einen die Reduzierung des Verkehrslärms genannt und zum zweiten, die Sicherheit der Schüler auf ihrem Schulweg.
Für die Verwaltung, betonte Kuppinger, ein „begründetes Anliegen“, weshalb der Antrag, auch wenn er nicht exakt den Vorschriften der Gemeindeordnung entspreche, auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Wie Hauptamtsleiter Andreas Emmerich auf Nachfrage betonte, ging es dabei lediglich um formale Vorschriften.
Thomas Birkenmaier (CDU) stellte sich grundsätzlich zwei Fragen – wo die Grenzen ziehen, Tempo 10 würde für noch mehr Sicherheit sorgen, und müssen alle Straßen gleichbehandelt werden. Aus zahlreichen Gesprächen mit Anwohnern hatte er auch die Botschaft mitgenommen, dass nicht alle für Tempo 30 seien. „Es gibt Themen, da gibt es kein richtig oder falsch“, stellte er fest und rief dazu auf, sowohl die Meinung der Mehrheit als auch die der Minderheit zu respektieren.
Monika Schroth (Grüne) sprach von einem längst überfälligen Schritt, der unter anderem zu einer Halbierung des Lärmpegels und für mehr Sicherheit sorgen werde. Angesichts der gesammelten Unterschriften ist sie überzeugt, dass die Mehrheit der Bürger für Tempo 30 ist. Ingeborg Bamberg (WfN) wollte dem Wunsch der Anwohner nicht entgegenstehen und hatte die Hoffnung, dass der Durchgangsverkehr durch die verringerte Geschwindigkeit ausgebremst werde.
Tempo 30 in Neulußheim: Frage der Überwachung
Sven Nitsche (FWV) sah das Problem nicht in der Geschwindigkeitsbegrenzung, sondern in jenen Fahrern, die sich weder an Tempo 30 noch an Tempo 50 halten: „Mit Schildern kriegen wird das nicht in den Griff.“ Sein Fraktionskollege Dr. Karl Ludwig Ballreich sprach sich deshalb dafür aus, nicht nur Messgeräte mit lachenden oder weinenden Augen zu installieren, sondern für echten „Überwachungsdruck“ durch Blitzer zu sorgen.
Hanspeter Rausch (SPD) sieht durch die Reduzierung der Geschwindigkeit alle – Anwohner, Radfahrer und Fußgänger – profitieren, wenn die Hauptstraßen sicherer werden. Für ihn ein erster Schritt hin zur fahrrad- und klimafreundlichen Kommune.
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