Oftersheim. Der Countdown läuft, die zehnte Auflage des Ortsmittefestes rückt näher: Im Vorfeld der bunten Sommerveranstaltung am 23. und 24. Juli sprach die Schwetzinger Zeitung ausführlich mit dem ersten Bürgermeisterstellvertreter Michael Seidling und Kulturamtsleiter Guido Hillengaß. Das Interview verfolgte Bürgermeisterassistentin Fabienne Amann, die Hillengaß im Kulturamt bei Bedarf vertritt und mittelfristig in die Fußstapfen des erfahrenen Machertyps treten soll.
Welche Erinnerungen sind Ihnen denn vom letzten Ortsmittefest 2018 im Gedächtnis haften geblieben?
Guido Hillengaß: Da habe ich gleich ein schönes Beispiel parat. Es war ein wunderschöner Samstag, bis gegen 20.30 Uhr ein Regenschauer eingesetzt hat. Dann hat mir eine Kollegin gesagt, dass wir im Rathauskeller noch Regencapes haben. Wir haben dann 600, 700 Stück davon verteilt. Die Party ging einfach weiter, die Leute sind geblieben. Man plant ja solch ein Fest immer schon ein ganzes Jahr voraus, Bandverträge werden sogar eineinhalb Jahre wegen deren Tourneeplanungen vorher gemacht. Mich hat das als Veranstalter unheimlich gefreut, dass da so ein großer Zusammenhalt spürbar war.
Michael Seidling: Die ganze Tribüne, der ganze Platz war voll. Ich war mit meinen Enkeln da. Das war richtig toll – das Publikum hat trotz der Witterung weiter und weiter gemacht.
Grundsätzlich nachgehakt: Warum muss man als Bürger oder Interessierter dieses Zwei-Tage-Fest unbedingt besuchen?
Hillengaß: Es ist ein Familienfest. Wir versuchen alle mitzunehmen. So wird es vor dem Ortsmittefest am Freitag zusätzlich eine Aktion des Mittelaltervereins geben, mit einer Falknerei, einem Gaukler und einem Kinderschmied. Exklusiv für die Schulen. Jeder findet sich bei unserem Fest wieder – das Jugendzentrum, Musiker, Kirche und Vereine wie der TSV und die HGO etwa. Insgesamt wirken zehn Vereine mit, wir versuchen diese so viel wie nur möglich einzubinden. Dadurch wird automatisch ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Die Vereine im Ort harmonieren, es gibt keine Neiddebatte und nur ganz selten Reibereien.
Seidling: Wir sind in der Kurpfalz. Oftersheim kann feiern, Oftersheim wird feiern. Das Ortsmittefest hat sich seit vielen Jahren etabliert. Wir haben gute Rahmenbedingungen, schauen Sie sich nur den schönen Schulhof an (Anm. der Red.: deutet auf die Friedrich-Ebert-Schule). Bei diesem Programm ist für jeden etwas dabei, die Leute gieren buchstäblich nach Festen.
Apropos: Es gibt derzeit in der Region eine hohe und geballte Veranstaltungsfrequenz. Auch das Lichterfest in Schwetzingen ist am 23. Juli. Konkurrenz oder Ergänzung?
Hillengaß: Man hat die Qual der Wahl. Ich finde, dass eine gewisse Vielfalt gut ist. Unser Ziel ist es, für die Oftersheimer eine gute Veranstaltung zu machen. Man benötigt keine Bahn, kein Auto, nichts. Es sind kurze Fußwege. Im Einzugsgebiet von Mannheim, Heidelberg, Schwetzingen und Speyer wurde Oftersheim auch schon als ,gallisches Dorf’ bezeichnet. In Oftersheim werden für Festivitäten finanzielle Mittel bereitgestellt. Ich kann nur zum Gemeinderat sagen: Super, dass ihr das beim Ortsmittefest alle zwei Jahre unterstützt und macht.
Seidling: Ich sehe das Ortsmittefest nicht als Konkurrenz von anderen Veranstaltungen. Die Menschen können hingehen, wohin sie wollen. Auch zu zwei Festen an einem Wochenende.
Die Corona-Zahlen steigen, die Menschen feiern ausgelassen. Ein schmaler Grat?
Hillengaß: Es ist bei uns eine Freiluftveranstaltung. In geschlossenen Räumen würden wir Corona-konform bestuhlen lassen und die Hygienevorschriften einhalten, ganz klar. Der Ausblick aufs Spätjahr ist schwierig, ob der schmutzige Donnerstag stattfinden kann oder nicht, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Seidling: Der Nachholbedarf an Festen ist bei den Leuten vorhanden. Es ist nur wenigen bewusst, dass die Gefahr durch das Virus immer noch da ist. Sie haben schon Recht: Es bleibt ein schmaler Grat, auf dem wir alle wandeln.
Der Countdown fürs Ortsmittefest läuft. Was muss noch alles organisatorisch berücksichtigt werden?
Hillengaß: Ich frage noch einmal alles ab. Spreche mit den Bands, der Security, der Brauerei, den Vereinen. Die To-do-Liste wird durchgegangen. Wir haben beispielsweise noch Wechselgeld bei der Bank besorgt oder heute noch einmal das Sicherheitskonzept durchgelesen. Man muss immer improvisieren und stets lösungsorientiert denken und handeln. Wir haben am Samstag auch in der Kirche eine Hochzeit zwischen 15 und 16 Uhr. Nach 16 Uhr treffen wir uns mit dem Pärchen am Bierstand (lacht).
Seidling: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich habe hier größtes Vertrauen zu Guido – er gibt immer sein Bestes und hat so viel Erfahrung mit allem.
Herr Hillengaß, Sie sprachen gegenüber dieser Zeitung Anfang Juni von einem bewährten Konzept. Welches Feintuning ist womöglich nötig?
Hillengaß: Ich kann mich nicht mehr in alle Altersklassen hineinversetzen. Ein Eingefahrensein liegt in der Natur des Menschen. Ich werde 58 – es sollen jüngere Leute wie Frau Amann dran. Ein bisschen Veränderung tut gut. 2024 mache ich das Ortsmittefest zum letzten Mal. Fabienne wird nun rechtzeitig herangeführt. Man darf den Nachwuchs nie vergessen.
Was macht den Kinder- und Jugendtag aus?
Hillengaß: Federführend sind hier das Jugendzentrum und die Vereine. Jeder lässt sich was für die 22 Stationen einfallen. Was die Jugendbühne anbelangt: Es ist klasse, dass beim Ortsmittefest junge Menschen mit der Technik, Veranstaltungs- und Musikprofis zusammenkommen. Eine rundum wertvolle Erfahrung ist das für Kinder und Jugendliche.
Oftersheim als alte Gemeinde wurde 766 erstmals im Lorscher Codex erwähnt. Wie relevant sind dank des Mittelaltervereins Zeitreisen, um den Lebensstil der Vorfahren besser verstehen zu können?
Seidling: Wir feiern alle zehn Jahre das Gemeindefest mit historischem Umzug. Ob wir ihn 2026 noch veranstalten können, ist ungewiss. Die Fahrzeuge sind das Problem. Um so besser ist es, dass Kinder hautnah vorgeführt bekommen, wie Menschen im Mittelalter gelebt haben.
Hillengaß: Das Prozedere mit den Fahrzeugen und Kostümen ist stets sehr aufwendig. Alles soll originalgetreu sein, wir waren schon bei Kostümverleihen in Karlsruhe und Bruchsal. Unser Mittelalterverein lebt die Bräuche von damals das ganze Jahr über, die Familie Stohner ist total aktiv. Ich empfinde das als Bereicherung für unsere Oftersheimer Gesellschaft – man steht zum Alten und Historischen!
Zu den Livebands: Wie sind die musikalisch einzuordnen?
Hillengaß: „Athi.rocks“ stammt aus Schwetzingen. Athideth Sananikone ist ein netter, bodenständiger Musiker mit einer gigantischen Stimme. Lokale Musiker zu präsentieren und zu unterstützen, halten wir für wichtig. 2018 hat uns die Band zwei Stunden vor Konzertbeginn absagen müssen, Athideth ist prompt eingesprungen und hat zweieinhalb Stunden lang die Bühne gerockt. So etwas vergisst man nicht, wir haben ihn wieder engagiert. „Papis Pumpels“ sind eine klassische Partyband. Die Jungs vom Bodensee sind Vollprofis mit einem außergewöhnlichen Bühnenprogramm. Sie nehmen das Publikum mit, sie kriegen im Laufe des Abends jeden auf ihre Seite. Sie sind zum dritten Mal in Oftersheim dabei, einmal beim Gemeindefest, einmal beim Ortsmittefest. Das spricht für sich.
Der Familiennachmittag am 24. Juli ist ein Schaufenster für Vereine. Warum ist das Vereinswesen in „Ofdasche“ so stark ausgeprägt?
Seidling: In Oftersheim ist alles über Jahre hinweg historisch gewachsen. Im Sportbereich hängt es stark mit dem Handball zusammen. Feldhandball war hier groß, wir sind bis in die Bundesliga aufgestiegen. Damals wurde noch Hallenhandball in Brühl und Ketsch gespielt, ehe die Karl-Frei-Halle gebaut wurde.
Hillengaß: Wir haben hier viele schöne Vereinsanlagen. Die Gemeinde ist gerade in Sachen Vereins- und Jugendförderung sehr wohlwollend unterwegs. Die ganzen Vereinsfeste sind Klassiker – alle gehen zu den großen Festen gerne hin.
Sie sind schon ewig als Macher von Veranstaltungen am Start. Gab’s einen Höhepunkt beim Ortsmittefest für Sie?
Hillengaß: Ja, der Umzug in den Schulhof der Friedrich-Ebert-Schule 2010. Seit 2004 fand das Fest in der Mozartstraße gemeinsam mit den dort ansässigen Gastronomen statt. Dann musste der Gemeinderat überzeugt werden. Es war seinerzeit ein Umzug in eine tolle Location, eine klare Steigerung. Das Ortsmittefest ist für die Vereine ja auch eine wichtige Einnahmequelle.
Seidling: Das stimmt in der Tat. Das erste Fest nach dem Umzug hat eingeschlagen wie eine Bombe (lacht).
Was ist mit Tiefpunkten?
Hillengaß: Gab’s nicht. Es gab nie ein Problem. Es ist immer ein Familienfest, das harmonisch beginnt und harmonisch ausklingt. Mit 2000 Menschen. Und dieses Jahr stimmt die Wettervorhersage (lacht).
Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Die Gemeinde Oftersheim ist bei großen Festen bekannt dafür, dass ...
Hillengaß: ... sie ein einzigartiges Programm liefert.
Seidling: ... auch die Musiker gerne nach Oftersheim kommen.
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