Fasnacht in Oftersheim: Sarah III. stürmt das Rathaus

Oftersheim. „Leider hab ich den Schlüssel nicht gefunden“, kam Bürgermeister Seidel mit einer Geste des Bedauerns die Rathaustreppe herunter. Nach einem kurzen Schreckmoment dann die Erlösung. Es war nur sein Versuch, die Macht über das Rathaus in dieser fünften Jahreszeit zu behalten. Nix da, Prinzessin Sarah ist mit zahlreichen Mitgliedern des Carneval Club Grün-Weiß Oftersheim angerückt und zu allem bereit.

Laute Musik wummert aus der Box, dann zählt Präsident Jürgen Abel die Sekunden herunter. Schlag 11.11. Uhr begrüßt er die Umstehenden mit den Worten: „Keine Oftersheimer Veranstaltung startet so pünktlich wie wir!“ Dann überlässt er Bürgermeister Seidel das Wort. Vorgezogene Neuwahlen bräuchte man hier nicht, er gäbe nun die Amtsgeschäfte für 86 Tage in die Hand der Narren. „Witz und Humor tut allen gut, und schließlich bin ich hier ja nur zur Hälfte in meiner Funktion als Bürgermeister – die andere Hälfte gehört ja schon dem CC“, sagt Seidel, der in der Tat eine Karnevalsmütze in grün–weiß aufhatte. Er sei dem Verein vor drei Wochen beigetreten, „aus Gründen“. Die wird er beim Galaabend am Samstag verraten. So viel sei gesagt: Eine Prinzessinnenschaft seiner Ehefrau für die nächste Kampagne könne er als Grund ausschließen. Aber wer weiß? Seidel freue sich so oder so auf die nächste dolle Jahreszeit, 2025 jährt sich die Vereinsgründung zum 50. Mal. „Kein närrisches, aber immerhin ein irdisches Jubiläum“, stellt der Bürgermeister fest. Die Halle am Samstag sei ausgebucht, da könne nichts mehr schiefgehen. Er dankte dem Verein für seine Unterstützung, und nannte als Beispiel das Feuerwehrfest.

Ein Lächeln für den Schlüssel vom Rathaus in Oftersheim

Ihre Lieblichkeit Sarah III., deren Regentschaft noch genau fünf Tage dauert, kündigt mit den Worten „Jetzt wird’s ernst“ ihren Entschluss an, das Rathaus einzunehmen. „Ich hab Unterstützung dabei“, sagt sie noch, da hat sie Pascal Seidel den Schlüssel schon mit einem charmanten Lächeln abgeluchst. Mit dabei sind auch zwei Hexen der 1. Freien Hexenzunft Oftersheim: Francesca Cartharius alias Cassandra und Tobias Weiser alias Somnum. Die beiden fallen auf in ihrer Kluft mit Rock, wilder Maske mit schwarzem Haar und Bastschlappen. Sie gehören zu den Ofdascha Buzzel-Hexen, einer Untergruppe des Carneval Club Grün-Weiß.

Sarah schien nicht allzu bekümmert, dass dies ihre letzten Tage als Prinzessin sind. „Davon geträumt hatte ich eh nie“, lacht sie, die es allerdings schon etwas bedauert, dass die Kampagne dieses Mal besonders kurz war und die Termine dadurch recht gedrängt. Absolutes Highlight war die Inthronisation am Galaabend, „das war ein einmaliges Erlebnis“, sagt die Immobilienkauffrau, die bei den Dancing Girls mitmacht und die Mutter des Tanzmariechens Mila Knobloch ist. „Ich wurde ganz wunderbar umsorgt, ich musste mich um nichts kümmern. Die Kolleginnen hätten mich sogar am liebsten auf die Toilette begleitet“, lacht sie. Die Sandhausenerin tanzt bereits seit ihrem dritten Lebensjahr, seit 2017 ist sie Teil des Oftersheimer Damenballetts und stolze Trägerin des Goldenen Löwen, der höchsten Auszeichnung des Bund Deutscher Karneval. Und wie hat es denn geklappt mit den ganzen Terminen im vergangenen zwölf Monaten? „Mein Mann Jens stand voll hinter mir, er hat mich sehr unterstützt“, sagt die dreifache Mutter. Dass ich jetzt wieder etwas mehr Zeit habe, die Kinder ins Fußball, Rugby und zum Tanzen zu fahren, finden die aber auch ganz schön.

Und dann schreitet sie standesgemäß ins Bürgermeister-Amtszimmer, um die Geschäfte zu übernehmen. „Pascal, du hast noch ein Schnurtelefon“, ruft sie erschrocken und sorgt damit für Lacher. Der macht zur Ablenkung laute Fasnachtsmusik an und räumt schnell die Unterlagen der Gemeinderatssitzung vom Schreibtisch. Nach kurzer Einarbeitung begibt sich Srah schon wieder auf den Nachhauseweg, allerdings nicht, ohne dem (ehemaligen) Rathauschef ein Geschenk zu überreichen: Das Porträt von ihr hängt er umgehend eigenhändig auf, das Stadtwappen muss dafür weichen. c