Im Interview

Geothermie und Gebäudeschäden: Das sagt Oftersheims Bürgermeister Pascal Seidel

Bürgermeister Pascal Seidel weiß bis dato nichts von Gebäudeschäden in Oftersheim und betont zum Thema Geothermie, dass die Bürger mitgenommen werden müssten.

Von 
Joachim Klaehn
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Nach den Messungen geht es um Bohrziele in der Region: Hier sind Arbeiter an der großen Maschine bei einer Geothermie-Bohrung tatkräftig am Werk. © dpa

Oftersheim.

Die Ausgangskonstellation ist folgende: Wenn wir in Deutschland die Energiewende tatsächlich hinkriegen wollen, dann müssen wir uns den komplexen Themenspektren Sonne, Wasser, Wind, Biomasse und Geothermie (Erdwärme) stellen – und uns auch mit Begleiterscheinungen auseinandersetzen. Der Weg scheint in der Klima- und Energiekrise alternativlos zu sein. Nach Bürgerbeschwerden hat diese Zeitung bei Oftersheims Bürgermeister Pascal Seidel (40) nachgehakt, wie sich die aktuelle Lage darstellt und welche Reaktionen es auf die Fahrtrouten der Vibro-Trucks bei der Kommune gab.

Herr Seidel, die Aufregung und Irritation ist derzeit wegen der Vibrationsfahrzeuge groß. Oftersheim war ab 14. Januar der erste Zielort der 3D-Seismik-Messungen. Wie heftig sind aktuell die „Nachwehen“?

Pascal Seidel: Es gab in der Tat im Rahmen des Einsatzes der Vibrationsfahrzeuge vereinzelt Anrufe in der Verwaltung. Teilweise waren es Bürger, die sich nicht oder unzureichend informiert fühlten. Gemessen an der Anzahl von 12 300 Einwohnern handelt es sich aber dennoch um eine geringe Anzahl an negativen Rückmeldungen. Was nicht heißt, dass diese Rückmeldungen nicht auch ernst genommen werden. Es gab im Nachgang zum ersten Artikel in der Schwetzinger Zeitung (Anm. der Red.: Ausgabe 18. Januar) – mit kritischen Stimmen – zu den Befahrungen auch Rückmeldungen von Bürgern, die im O-Ton die Aufregung nicht nachvollziehen konnten. Dies deckt sich im Übrigen mit einem Telefonat mit einer Bürgerin, die sich schon zu Beginn des Telefonates als erklärte Gegnerin der Geothermie beschrieb und eigentlich für keine sachliche Diskussion zu diesem Thema bereit ist. Insofern betrachte ich die ,Nachwehen’ durchaus differenziert.

Gibt es Ihres Wissens nach Schäden an Gebäuden?

Seidel: Meiner Kenntnis nach gab es eine Kontaktaufnahme durch einen Bürger direkt während der Befahrung und ein Geohardt-Mitarbeiter sagte zu, dass mögliche Schäden aufgenommen würden. Weitere Schäden an Häusern sind mir bis dato nicht bekannt, allerdings wäre hier zunächst auch die Firma Geohardt Ansprechpartner.

Sind gesundheitliche Folgen oder Beeinträchtigungen bei Bürgern denn bekannt?

Seidel: Mir sind bislang nur die im Artikel der Schwetzinger Zeitung genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bekannt.

Wenden sich Bürger mit ihren Sorgen und Fragen in Sachen Geothermie ans Rathaus?

Seidel: Es gab vereinzelt Anrufe im Bürgerbüro, Bauamt und in meinem Vorzimmer. Mit zwei Bürgerinnen habe ich dann selbst telefoniert. Diese haben sich – wie bereits erläutert – grundsätzlich als „geothermiekritisch“ zu erkennen gegeben.

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Die Informationspolitik der Geohardt GmbH wird kritisiert. Welche konstruktiven Einflussmöglichkeiten hat Oftersheim als Kommune auf die weiteren Schritte?

Seidel: Allgemein vorab: Gut fand ich persönlich das von der Geohardt schon frühzeitig angestoßene Dialogforum mit Zufallsbürgern (unter anderem auch aus Oftersheim), bei dem sich zufällig ausgewählte Bürger zu einem frühen Zeitpunkt mit Experten austauschen konnten. Zur 3D-Seismik konkret: Wir haben als Kommune im Rahmen unserer Möglichkeiten informiert, auf der Website, im Mitteilungsblatt und im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung im Dezember. Dass die Informationsflyer scheinbar nicht – wie von den Projektverantwortlichen zugesagt – an alle betroffenen Haushalte verteilt wurden, ist in der Tat ärgerlich. Ich habe den Verantwortlichen direkt nach den ersten Anrufen bereits mitgeteilt, dass sie – auch für zukünftige Fälle in anderen Kommunen – hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit nachsteuern sollten.

Wir befinden uns im Erststadium, um perspektivisch geologische Bohrziele zu definieren. Angenommen, Oftersheim würde eines werden – wie sähen die Entscheidungsabläufe im Zusammenspiel von Unternehmen und Kommune aus?

Seidel: Zunächst müsste der Betreiber hier ein Verfahren nach dem Bundesberggesetz (BbergG) anstoßen, bei dem die zuständige Landesbehörde (Landesbergdirektion des Regierungspräsidiums Freiburg) dann alle betroffenen Träger öffentlicher Belange beteiligen muss. Natürlich würden hierbei auch die Bürger beteiligt.

Sind Sie als Bürgermeister eher Befürworter oder Kritiker von Geothermie?

Seidel: Ich weiß nicht, ob wir uns als Bürgermeister einen Gefallen damit tun, bereits in frühen Stadien als Befürworter oder Kritiker/Gegner aufzutreten. Wir vertreten alle Bürger unserer Gemeinde – und alle Bürgermeister der Region oder des Rhein-Neckar-Kreises gemeinsam Hunderttausende von Bürgern. Wir wissen, dass wir vor großen Herausforderungen stehen, was die Erzeugung von Strom und Wärme betrifft. Insofern sollten wir nicht grundsätzlich verschlossen sein und nach dem „NIMBY-Motto“ (Not in my Backyard) agieren, sondern gleichermaßen konstruktiv und kritisch sein. Mir persönlich ist es wichtig, dass die Bürger mitgenommen werden, egal, ob sie der Tiefengeothermie positiv oder negativ gegenüber eingestellt sind.

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