Schwetzingen / Rhein-Neckar-Kreis. Gerti und Peter Miehle sind auch nach Tagen immer noch geschockt: „Das war wie ein Erdbeben, alles hat gewackelt“, erinnert er sich. Seiner Frau ging es genauso: „Alles hat vibriert, das Geschirr in den Schränken hat geklirrt. Ich hatte Angst, dass alles zusammenbricht.“
Und sie hatten zuerst überhaupt keine Ahnung, woher dies kommen könnte. Erst beim Blick aus dem Fenster sahen sie diese Vibrationsfahrzeuge, die seit Tagen in der Gegend (Mannheim, Brühl, Ketsch, Schwetzingen, Plankstadt, Heidelberg und Oftersheim) unterwegs sind, um an festen Messpunkten und mithilfe von Geophonen seismische Wellen zu erfassen – so auch im Schälzigweg. Es geht dabei um Tiefengeothermie, also Wärme aus der Erde (wir berichteten mehrfach).
Geothermie-Messungen in Schwetzingen verursachen Schäden: Risse fast an jeder Wand
Doch der Schreck über die Erschütterungen war das eine – immerhin hatten die Miehles vor Jahren schon ein Erdbeben in der Türkei miterlebt. Erst nach gewisser Zeit entdeckte das Ehepaar nach und nach die Schäden, die sich ihnen in ihrer schmucken Wohnung präsentierten – und die vorher nicht da waren.
Auf dem Balkon, im Wohnbereich, im Flur, im Schlaf- und Gästezimmer – einfach überall sind zum Teil meterlange Risse in Wänden zu erkennen, an manchen Stellen ist der Putz richtig beschädigt. „Das ist ein riesengroßer Schaden“, zeigt uns Gerti Miehle alles. Eigentlich hatten sie schon im Herbst einiges renovieren wollen, haben das aber verschoben. Jetzt steht eine umfassende Sanierung an. „Das wird eine wochenlange Baustelle“, befürchtet Peter Miehle. Auch auf der Straße vor dem Haus seien deutliche Risse zu erkennen, was sich bei unserem Nachsehen bestätigt.
Gewusst haben sie wie gesagt nichts von den Messungen. Kurz hätten sie mal von einer Veranstaltung im Palais Hirsch zu diesem Thema gelesen. „Aber das war drei Tage vor Weihnachten, da hat man andere Dinge im Kopf.“ Details haben sie dann erst aus der Berichterstattung unserer Zeitung auf der Oftersheimer Seite erfahren. Angeblich seien ja im Vorfeld Zehntausende Flyer verteilt worden, um auf die Arbeiten des von der Geohardt GmbH, einer Tochtergesellschaft von EnBW und MVV, beauftragten Dienstleisters DMT hinzuweisen. „Wir haben keinen bekommen“, betont Gerti Miehle. Sie hat auch bei allen Nachbarn nachgefragt: „Niemand hat einen Flyer bekommen, man lässt die Bürger einfach im Dunkeln.“ Das bestätigt auch der in direkter Nachbarschaft wohnende Stadtrat Hans-Peter Müller (SPD): „Erst als ich aus dem Haus bin, um nachzusehen, was passiert, hat mir ein Mitarbeiter einen Flyer in die Hand gedrückt, vorher hatten wir nichts.“ Befremdlich fand Peter Miehle auch, dass die Mitarbeiter der Firma bei den Messungen einfach so in die privaten Gärten hineingelaufen seien, was ja auch nicht sein könne.
Immerhin ging es ziemlich schnell, bis sie ihre Beschwerden an der richtigen Stelle loswerden konnten. Ein Anruf bei der Stadtverwaltung genügte. Schon in der Zentrale habe man Bescheid gewusst. „Wir waren sicher nicht die Ersten, die sich dort gemeldet haben“, schätzt Gerti Miehle.
Es sei richtig, dass Geohardt GmbH (joint venture MVV/Geohardt) nach Vibrationsmessungen einige wenige („keine zwei Handvoll“) Meldungen über Gebäudeschäden vorliegen – dies vor allem in Oftersheim und Schwetzingen, bestätigte Sebastian Ackermann, Leiter Kommunikation bei der MVV auf Nachfrage unserer Zeitung. „Geohardt nimmt alle Hinweise sehr ernst und kümmert sich um jeden Einzelfall. Wenn Geohardt ein Gebäudeschaden gemeldet wird, dann fahren Experten raus und begutachten mögliche Schäden vor Ort.“ Es werde dann über entsprechende schnelle Lösungen entschieden beziehungsweise bei größeren Fällen ein Gutachter zurate gezogen, erklärte der MVV-Sprecher.
Das bestätigen auch die Miehles: Schon nach wenigen Tagen sei jemand gekommen, um sich die Schäden in ihrer Wohnung anzusehen. Das Ehepaar hatte ja auch die Befürchtung, dass die Statik des Hauses gelitten haben könnte: „Fällt uns das Ganze auf den Kopf?“ Das werde nicht passieren, habe sie der Geologe beruhigt. Jetzt soll ein Bausachverständiger kommen. „Aber wir werden uns wohl einen Anwalt nehmen müssen“, sagt Peter Miehle.
Info: Jeder, der selbst Probleme mit den Vibrationsmessungen der Geohardt GmbH hatte, ist herzlich eingeladen, seine Erfahrungen per Post, Telefon oder Kontaktformular mit uns zu teilen.
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