Gemeindepark

Grabnachweis von 1439: Friedhofgeschichte in Oftersheim

Denkmäler beeindrucken im Oftersheimer Gemeindepark mit bewegter Geschichte und halten selbst die Vergangenheit der Gemeinde lebendig. Die Gemeinde arbeitet an der Dokumentation ihrer Historie und Identitätsbewahrung.

Von 
Noah Eschwey
Lesedauer: 
Hans-Peter Sturm, Mitarbeiter des Gemeindemuseums, zeigt den Grabstein von Anna Barbara Gieser, die im Jahr 1875 starb und 13 Kinder zur Welt brachte. Ein kleiner Teil der bewegten Oftersheimer Geschichte. © Noah Eschwey

Oftersheim. „Das erste Grab, das man nachweisen kann, stammt aus dem Jahr 1439“, eröffnet Experte Hans-Peter Sturm, der sich mit der Ortsgeschichte von Oftersheim beschäftigt, einen spannenden Einblick in knapp 600 Jahre Geschichte der Gemeinde. Sturm klärt dabei auf, ob der Gemeindekern auf den Gebeinen früherer Generationen errichtet worden ist.

Schon gleich zu Anfang: Wer glaubt, dass der Gemeindepark, auf dessen Gelände vor langer Zeit der Friedhof beheimatet war, schon immer als Ortsmittelpunkt fungierte, befindet sich auf dem Holzweg. „Den Dorfkern kann man an der Kreuzung von Mannheimer-, Heidelberger-, und Karlsstraße ausmachen“, erklärt Sturm, der weiter darauf hinweist, dass die Kirche, an der die Grabstätte angegliedert gewesen ist, eher außerhalb stand: „Die Straßen waren noch nicht einmal erschlossen.“

Historische Wurzeln in Oftersheim seit dem 15. Jahrhundert

Auch wenn vereinzelte Ruhestätten dem 15. Jahrhundert zuzurechnen sind, beginnt die aufgezeichnete Historie des Platzes erst im Jahr 1832. Wie in vielen Gemeinden überstieg die Zahl der Sterbenden auch in Oftersheim die dafür vorgesehenen Bestattungsplätze, weiß Sturm weiter zu berichten. Aufgrund dessen erweiterten die Zuständigen den alten Kirchhof, der die Toten damals beherbergte, zum ersten Mal in Richtung des heutigen Gemeindeparks. Allerdings reichte die erste Vergrößerung nicht aus, so folgten im Jahr 1865 die zweite und schon 1885 die dritte Erweiterung.

Die Grabsteine stehen mittlerweile fein säuberlich aufgereiht nahe der Mauer. Das war nicht immer so: Früher waren sie noch deutlich weiter voneinander entfernt. © Noah Eschwey

„Im Zuge dessen baute man auch die Sandsteinmauer, die noch heute den Gemeindepark umschließt“, skizziert der Gemeindemuseumsmitarbeiter: „Bis 1918 wurden neue Erwachsenengräber errichtet. Dann gab es die Friedhofsverlegung. Kinder bestattete man hier noch bis 1950. Verstorbene konnte man noch bis 1928 zu bestehenden Ruhestätten hinzulegen.“

Erst mit Abriss der alten Kirche und dem Bau der noch heute stehenden Christuskirche im Jahr 1957 hätten die Verantwortlichen auch die Stelle, die über viele Jahrhunderte ihrem bisherigen Zweck als letzte Ruhestätte erfüllte, erneuert, wie Sturm weiß: „Man baute einen Goldfischteich, legte Wege an, wollte aber die Denkmäler erhalten. Ich denke, viele wurden leider mutwillig zerstört.“

Eichendorfstraße in Oftersheim und die Geschichte der Mauern

Etwa zur selben Zeit legte die Ortschaft auch die an den Gemeindepark angrenzende Eichendorfstraße an. Die Sandsteinmauer, die zuvor den gesamten Platz umschloss, musste der Ortserweiterung weichen. Ein weiterer Mauerdurchbruch folgte 1988, um einen Durchgang zu schaffen. In diesem Zuge erwähnenswert: Hin zur heutigen Friedrich-Ebert-Schule wurde ein kleines Stück Mauer errichtet, auf der heute eine Gedenktafel an die Geschichte des grünen Flecks Erde erinnert.

„An eine Grabinschrift kann ich mich auch noch persönlich erinnern. Das war von einem Lehrer Lauff. Als 2004 das Gelände lichtdurchfluteter gestaltet werden sollte, um Angsträume zu vermeiden, ist sie leider bei den Umbaumaßnahmen zu Bruch gegangen“, bedauert der Experte.

Etwa um das Jahr 1988 gestaltete die Gemeinde die Begegnungswiese, wie Oftersheim sie heute kennt. Ein neuer, moderner Stil sollte bedient werden, erinnert sich Sturm: „Es gab hier nur starre asphaltierte Wege, das sollte verschlungener werden.“ Allerdings hätten die Erinnerungsstücke zu Ehren der Toten damals noch nicht in ihrer heutigen Position gestanden: „Die wurden erst um 2000 an der Mauer platziert. Das war Bürgermeister Helmut Bausch, um ein Podium für Veranstaltungen wie ,Musik im Park‘ zu schaffen, dafür brauchte man den Freiraum.“

Mehr zum Thema

Musik im Park

Naro Vitale heizt im Oftersheimer Gemeindepark ein

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Gemeindepark (mit Fotostrecke)

Bunte Zeitreise ins Mittelalter mit „Svart Korpar“ in Oftersheim

Veröffentlicht
Von
Volker Widdrat
Mehr erfahren
Musik im Park

"Paddy goes to Holyhead" in Oftersheim: Gute Musik, lustige Sprüche

Veröffentlicht
Von
Volker Widdrat
Mehr erfahren

Dem habe die Öffentlichkeit damals keine große Aufmerksamkeit geschenkt, denn schon in den 1960er Jahren hätten die Steingebilde nicht mehr an dem Ort gestanden wie zuvor, meint Sturm: „Die kann man heute nicht mehr zuordnen.“ Zwar habe er nicht mitbekommen, was mit dem gefundenen Gebein der Verstorbenen geschehen sei, könne aber eine fundierte Vermutung anstellen: „Beim Bau vom Gemeindesaal habe ich mitbekommen, dass viele Knochen gefunden wurden. Die wurden endgültig auf dem jetzigen Friedhof bestattet. Vermutlich ist dort auch das Gebein, das man auf dem Gemeindeparkgelände fand.“

Bei Bauarbeiten seien auch immer wieder Bruchstücke alter Grabsteine aufgetaucht, die dann aber verloren gingen oder Dieben zum Opfer fielen.

Alte Grabsteine in Oftersheim und ihre rätselhafte Anordnung

Etwas abseits des Parks, auf dem Gelände des Gemeindehauses, finden sich unterdessen die ältesten Grabsteine in einer etwas verwirrenden Aufstellung. Es handelt sich um das Denkmal von Margaretha Elisabeth Worffin, verstorben 1765, deren Denkmal nicht neben ihrem Gatten Johannes Worff, der 15 Jahre länger lebte, platziert worden ist, sondern neben Peter Gieser, der den ersten Kindergarten in Oftersheim stiftete und dem als Namensgeber der Peter-Gieser-Straße bis heute bedacht wird.

„Es ist wichtig, die Ortsgeschichte nicht zu vergessen“, findet Sturm und fügt an: „Deshalb arbeiten wir momentan daran, die Oftersheimer Geschichte besser zu dokumentieren, um der Gemeinde eine historische Identität zu geben.“

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung