Oftersheim. Es ist ein Großprojekt für die Hardtgemeinde: Das „Quartier Dietzengässel“ rund um das alte Josefshaus (wir berichteten mehrfach), durch das nicht nur viel neuer und dringend benötigter Wohnraum mitten im Herzen der Gemeinde entstehen wird, sondern in dessen Rahmen auch die Kinder des St. Kilian-Kindergartens ein schönes und zeitgemäßes Gebäude bekommen werden.
Doch nun scheinen Wolken am Himmel der Möglichkeiten aufzutauchen. Denn das Bekanntwerden eines Urnenfundes aus dem Jahr 1880 an der Stelle der heutigen Mannheimer Straße 52 sorgt für Aufsehen. Gefunden wurden mehrere Objekte, Inventarnummer C 3566: eine stattliche, rund 3000 Jahre alte Trichterurne, die heute als Exponat im Badischen Landesmuseum zu bewundern ist, zusammen mit ebenfalls dort entdeckten kleineren Gefäßen und einem Messer aus derselben Zeit. Der Fundort liegt nur einen Steinwurf vom Gelände entfernt, auf dem Wohngebäude inklusive Tiefgarage entstehen sollen. Weitere Funde dort seien nicht ausgeschlossen. Was nun? Unsere Zeitung hakte nach.
Traurig und spektakulär: Der Abriss des "Weber-Hauses" in Oftersheim
Es war einfach genauso traurig wie spektakulär: der Abriss des „Weber-Hauses“. Er führte vor Augen, wie Altes weichen muss, um Neuem Platz zu machen. Die Arbeiten wurden aufmerksam von Hans-Peter Sturm verfolgt und fotografiert.
Das bekannte Mitglied des Heimat- und Kulturkreises, das zusammen mit Helmut Spieß zuständig für das Heimatmuseum und mit Leib und Seele Oftersheimer ist, meinte: „Tatsächlich bin ich nicht, wie die meisten, in einem Heidelberger Krankenhaus geboren, sondern tatsächlich direkt in Oftersheim“, betont er.
Schon der Abriss des über 200 Jahre alten „Weber-Hauses“ habe ihn geschmerzt, auch wenn der zuständige Bauleiter ihm versichert habe, einige alte Balken davon aufzuheben. Auch als vor mehreren Jahren das Ordinariat Freiburg den Abriss des alten Pfarrhauses beantragt habe, habe er sich eingeschaltet: „Jetzt bleibt es erhalten, nachdem das Denkmalamt sich dazu entsprechend geäußert hatte. Nur der nicht historische Anbau darf weichen, um einem größeren Platz zu machen“, freut sich Sturm.
Mögliche Funde aus der frühen Oftersheimer Ortsgeschichte?
Nun trat er aufgrund der aktuell begonnenen Arbeiten wegen möglicher Funde aus der Frühgeschichte des Ortes an die Baufirma „Gredler + Söhne“, an die Gemeindeverwaltung und an unsere Zeitung heran. Denn passe man nicht auf, so es diese denn gebe, seien sie für immer verloren.
Er habe recherchiert und sei dabei in einem Buch fündig geworden: „1968 erschien ‚Oftersheim – Ein Dorf und seine Geschichte‘ von Autor Franz Volk . Dort wird von einem Urnenfund in einem Brunnenschacht, quer gegenüber des ‚Weber-Hauses‘ in der heutigen Mannheimer Straße 52 berichtet“, so Sturm.
Die aus späterer Zeit stammenden und besonderen Steine, da gebogen, aus denen der Schacht bestanden habe, seien heute noch im Heimatmuseum eingelagert und der Urnenfund im Museum, allerdings in Karlsruhe. „Dass dort noch mehr Zeugnisse der langen Geschichte des Ortes im Boden liegen, ist ja nicht auszuschließen“, ergänzt er.
Adresse in Oftersheim ist mit damaliger Fundstelle der Urne identisch
Dies bestätigte auf Anfrage Dr. Clemens Lichter, der Kurator Prähistorische Archäologie und Antike Kulturen des Badischen Landesmuseums, genau wie den Fundort, auf Anfrage dieser Zeitung: „Wenn ich es recht sehe, ist die Fundstelle Grundstück Gieser mit der angegebenen Adresse in der Mannheimer Straße identisch, das wäre allerdings anhand der Ortsakten beim zuständigen Landesamt für Denkmalpflege zu prüfen.“
Der Kurator erklärt weiter: „Aus fachlicher Sicht wäre in einer Entfernung von 50 Metern von einer bekannten Grabstelle der Urnenfeldkultur (UK) mit weiteren Funden zu rechnen, das hängt allerdings auch von der Größe der Grabgruppe ab. Aus der UK kennen wir in unserem Raum kleine Friedhöfe mit wenigen Bestattungen bis zu größeren, mit mehreren Dutzend Gräbern. Wie ich bei Wagner 1911 (Schrift von Ernst Wagner, Archäologe der in Baden tätig war) lese, waren zur Fundzeit wegen der bestehenden Bebauung keine weiteren Untersuchungen möglich.“
Solche Nachrichten dürften nicht für Begeisterung bei Bauträger sorgen und – zumindest die Entstehung von neuem dringend benötigten Wohnraum betreffend – auch bei der Gemeinde, wäre doch mit erheblicher Verzögerung des Projekts zu rechnen, sollte ein Archäologenteam anrücken um Ausgrabungen auf dem Gelände vorzunehmen. Bürgermeister Pascal Seidel meinte dazu: „Es ist eine Privatbaumaßnahme. Wenn solche Hinweise kommen, muss der Auftraggeber diesen natürlich nachgehen. Allerdings ist es noch sehr früh, sich darüber Gedanken zu machen. Denn die Aushubarbeiten sind erst für Anfang 2026 vorgesehen.“
Vorher werde der Kindergarten St. Kilian abgerissen und das Josefshausgelände Übergangsstandort mit einer Containerlösung für die Kinder. Er habe sich aber umgehend mit dem Bauträger in Verbindung gesetzt. Und der Bauleiter der Abrissfirma, Marc Keller, bestätigte: „Unser Auftraggeber hat angekündigt, dies mit uns zu besprechen.“ Pascal Seidel ergänzte: „Natürlich liegt es auch im Interesse unserer Gemeinde, sollte es Funde geben, dass diese erhalten bleiben.“
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/oftersheim_artikel,-oftersheim-grossprojekt-in-oftersheim-3000-jahre-alte-relikte-im-boden-_arid,2247920.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/oftersheim.html