Oftersheim. Sie wäre froh gewesen, hätte sie sich schon früher über die oft unübersichtlich erscheinenden Möglichkeiten der Pflege informieren können, eröffnet Maria Gramlich, Teamleiterin des Seniorennachmittags in Oftersheim, die Veranstaltung und begrüßt Karl-Heinz Bitz, den zuständigen Berater der Beratungsstelle Hockenheim.
„Es gibt nun seit über zwei Jahren die Möglichkeit, wohnortnahe Beratungen wahrzunehmen“, meint Bitz und fügt hinzu, dass er zwar nach Terminvereinbarung immer donnerstags im Oftersheimer Rathaus anzutreffen sei, er könne aber auch zu Pflegebedürftigen nach Hause kommen. Für Betroffene sei dabei zu beachten, dass die Beratungsstelle kostenfrei, unabhängig, neutral und anonym arbeite, folglich differenziert auf die Probleme der Menschen eingehen könne, informiert der gelernte Pfleger. „Manchmal sind wir Helfer im Alltag, aber auch Anwälte bei Problemen mit den Versicherungen oder Psychologen, wenn die Familie mit der Pflege überfordert ist“, betitelt der Referent den Aufgabenbereich der Beratungsstelle.
Lotsen im Dschungel der Angebote
Die Zielgruppe der Institution sei breit gefächert, von den Betroffenen selbst über Angehörige oder Interessenten seien alle willkommen, bestätigt der Referent und weißt darauf hin, dass auch Bürger, die sich nicht im Seniorenalter befinden, die Hilfe der Berater benötigen könnten.
„Eine Krankheit, physisch wie psychisch, aber auch Behinderungen können oft unerhofft eintreten. Dann sind wir als Berater Lotsen im Dschungel der zahlreichen Hilfen, Dienste und Angebote.“ Nicht annehmen dürfe die Beratungsstelle Privatversicherte, diese könnten allerdings das Sortiment der Compass-Pflegeberatung nutzen, meint der Pfleger.
Als bedenklich stuft der Redner den Umgang mit Demenzpatienten ein: „Mittlerweile ist jede zweite Beratung aufgrund einer Demenzerkrankung. Diese Menschen möchten wir mit Respekt behandeln, auch wenn die scheinbar perfekte Gesellschaft die Erkrankten stigmatisiert. Demenz darf aber nicht peinlich sein.“
Pflege durch die Angehörigen
Oft wünschten sich die Betroffenen, aber auch deren Angehörige, dass keine externe Hilfe beansprucht wird. Sei dies der Fall, gebe es die bisher noch einmalige Möglichkeit, ohne Urlaub zehn Tage frei zu bekommen. Dabei übernehme die Pflegekasse 90 Prozent des ausgefallenen Gehalts, versichert Bitz und ergänzt: „Das soll aber bald jährlich möglich sein.“
Ist eine längere Pflegezeit notwendig, könne man diese auch auf sechs, beziehungsweise sogar auf 24 Monate mit Wiedereinstellungsgarantie verlängern, erklärt der Vortragende mit dem Zusatz, dass es hierbei zwar keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung gebe, aber zumindest auf einen zinslosen Kredit.
Welche und wie viel Hilfe der Betroffene bekomme, ergebe sich aus dessen Einschränkungen. So sei es beispielsweise eine erhebliche Einschränkung in der Mobilität, könne man nicht mehr laufen, es sei aber offensichtlich weniger erheblich, könne man längere Strecken ausschließlich mit Hilfsmitteln laufen, macht der Referent deutlich mit dem Blick auf die vielen Gehhilfen, die sich vor der offenen Saaltür tummeln. Mehr Aufmerksamkeit wünscht der Redner bei psychischen Problemen: „Nicht mehr einkaufen zu können, wegen starker Antriebslosigkeit, lässt zu Recht auch einen Pflegeanspruch folgen.“
Ehrlichkeit bei der Begutachtung
Der Pflegegrad werde nach einem Punktesystem bestimmt – umso mehr Einschränkungen, desto höher die Punktzahl und folglich auch der Pflegegrad. Doch bei der Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse sei Ehrlichkeit geboten, mahnt der Referent an: „Viele meinen, dass es keiner wissen soll, dass man die Brille immer im Kühlschrank vergisst. Dann kommt die böse Überraschung bei der Einstufung des Pflegegrads.“ Gerade deshalb ist eine Beratung im Vorhinein fast immer ratsam.
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