Im Interview

Markus Gastl: Visionär und Permakultur-Pionier in Oftersheim

Markus Gastl, ein Natur- und Landschaftsführer, teilt seine inspirierende Geschichte und die Entstehung seines Permakultur-Gartens "Hortus Insectorum". Sein Garten fördert die Artenvielfalt und den Schutz einheimischer Pflanzen und Insekten.

Von 
Marco Montalbano
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Natur- und Landschaftsführer Markus Gastl (r.) hält im Bürgersaal Oftersheim einen Vortrag über Permakultur und Naturgarten. © lenhardt

Oftersheim. Markus Gastl gilt als Visionär. Schon oft wurde über den Natur- und Landschaftsführer berichtet. Nach einer langen Reise vor über 20 Jahren fasste er den Entschluss, der Natur etwas zurückzugeben. Unter dem Motto „Vielfalt, Schönheit und Nutzen“ legte er in Mittelfranken auf 7500 Quadratmetern den „Hortus Insectorum“, also den „(Nutz)Garten der Insekten“ an, der inzwischen als einer der schönsten Bayerns gilt. Das Besondere: Es handelt sich um einen geschlossenen Kreislauf, bekannt als Permakultur.

Auf Chemie und nicht heimische Arten verzichtet er dabei, spart ganz nebenbei viel Wasser und Geld und erntet schmackhaftes Bio-Gemüse und -Obst. Nun sprach er auf Einladung der veranstaltenden Gemeindebücherei Oftersheim und der Volkshochschule Bezirk Schwetzingen (VHS) im Bürgersaal über seine Erfahrungen.

Aktivist und Wegbereiter in Sachen naturnaher Garten

Gastl ist Gründer der Hortus-Bewegung und schon fast eine Ikone. 800 naturnahe Gärten sind auf der Website eingetragen. Auf Führungen zeigt er die Wunder der Natur. Doch wie kam es dazu? Darauf geht der Autor nach der herzlichen Begrüßung durch VHS-Leiterin Gundula Sprenger und Büchereichefin Anette Hörstel ein: „Mit Anfang 30 verwirklichte ich mir einen Kindheitstraum mit einer Reise durch Süd- und Nordamerika.“ Mit dem Fahrrad sei er im argentinischen Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, gestartet, um zweieinhalb Jahre und fast 42 000 Kilometer später im kanadischen Inuvik, einem der nördlichsten Orte Amerikas, zu landen.

Während der Reise habe er sowohl Tränen der Freude als auch der Trauer geweint. „3000 Kilometer nur Ödland. Da wird man verrückt oder lernt, demütig zu sein.“ Schaue man genauer hin, sehe man winzige Blumen, die sich zwischen den Steinen versteckten, genau wie andere Pflanzen und Tiere. „Wir sind von Wundern umgeben“, so Gastl. Auch habe er tausende Kilometer lang nur Soja- und Zuckerrohrfelder gesehen, für die riesige Flächen des Amazonas-Gebiet abgeholzt wurden. „Das ist Futter für die Tiere, von denen unser Fleisch stammt und der Rohstoff für den Alkohol, der zu 95 Prozent für die Beimischung zum Dieselkraftstoff genutzt wird.“

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Täglich würden Tierarten ausgerottet und Pflanzen landeten auf der roten Liste. Nach seiner Rückkehr habe er den „Hortus Insectorum“ geschaffen – eine Oase für einheimische Pflanzenarten und Insekten, die mit gut Dreiviertel die größte Gruppe der Lebewesen der Erde darstellen.

Naturnaher Garten wird in drei Bereiche gegliedert

Die Gliederung in drei Bereiche minimiere den Arbeitsaufwand und sorge für einen geschlossenen Kreislauf: Die Pufferzone besteht aus einer vielgestaltigen Hecke aus einheimischen Sträuchern wie Wildrosen und puffert schädliche Einflüsse von außen ab. In der Hotspot-Zone fördern abgemagerte Böden das Wachstum einheimischer Blumen und Kräuter und in der Ertragszone wird schließlich auf humosem Boden Gemüse angebaut.

„Dabei wird die Qualität des Bodens durch Zufuhr organischen Materials aus der zweiten Zone kontinuierlich verbessert“, betont er. Die ersten beiden Bereiche gieße er nie: „Wenn wirklich etwas eingeht, war der Standort einfach nicht geeignet“, so Gastl. Er gieße nur im Ertragsbereich, was durch aufgelegte „Mulchwürste“ aus der Wiesenmahd wenig sei, denn diese hielten die Feuchtigkeit im Boden, düngten ihn langfristig und Nacktschnecken legten darunter gerne Eier ab, die so leicht entfernt werden könnten.

Viele wertvolle Anregungen bei Auftritt in Oftersheim

Artenvielfalt verglich Gastl mit dem Netz eines „Traumfängers“: „Wir liegen darin wie in einer Hängematte und schneiden täglich mehr Knoten durch das Ausrotten von Tieren oder Pflanzen heraus. Darum müssen wir die Vielfalt fördern. Mit der Natur zu leben ist viel besser als gegen sie“, so der Aktivist. Er wolle motivieren, statt auf Probleme hinzuweisen.

Besucher Peter Würges aus Oftersheim meinte: „Wir konnten fünf Jahre nicht in unseren Garten. Als es wieder ging, waren wir verblüfft und gehen jetzt immer mehr Richtung Ertragsgarten“ und ergänzte: „Besonders die Idee mit den Mullwürsten und dem geschlossenen Kreislauf finde ich toll.“ Elke Jokisch fand: „Wir machen es schon so ähnlich. Aber seine Tipps, vor allem die, welche Pflanzen für welchen Boden geeignet sind, sind großartig.“

Und Anette Hörstel verriet zum Engagement ihres Gastes: „Auf der Buga in Mannheim wurde ein Teil nach seinem Konzept gestaltet. Als ich davon erfuhr, lud ich ihn ein. Die große Resonanz darauf freut mich sehr.“

Info: Weitere Infos gibt es unter www.hortus-insectorum.de

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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