Gemeinderat entscheidet

Neutralitätspflicht vor dem Rathaus in Oftersheim

Kommunale Räumlichkeiten sind keine Orte für den Bürgermeisterwahlkampf. Darin war sich der Gemeinderat von Oftersheim einig.

Von 
Stefan Kern
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Wahlkampfveranstaltungen sind bis zum 18. September beziehungsweise 2. Oktober hier ausgeschlossen: Der Rathausvorplatz mit dem Glockenbrunnen soll im Zuge der Bürgermeisterwahl ein neutraler Platz sein und bleiben. Gleiches gilt ebenfalls für das Verwaltungsgebäude in der Eichendorffstraße 2. Der Ratstisch ordnet es so ein, dass es genügend Alternativen in der Gemeinde gebe. © Klaehn

Oftersheim. In der jüngsten Gemeinderatssitzung gab es viel zu besprechen. Im Fokus der intensiven Diskussionen stand der Umgang mit Elternbeiträgen an Kindertagesstätten, die Gestaltungsrichtlinien für das Gebiet „Ortsmitte Oftersheim II“ sowie die Vermietung von kommunalen Räumlichkeiten an Bürgermeisterwahlbewerber.

Härtefallregel entlastet Eltern

Leicht fiel es den Entscheidungsträgern am Ratstisch nicht. Die eventuelle Rückerstattung von Elternbeiträgen im Kontext der pandemiebedingten verkürzten Betreuungszeiten im Ganztagsbereich beschrieb ein Dilemma, das niemand für alle Seiten zufriedenstellend auflösen konnte. Gerade weil Eltern in den vergangenen beiden Jahren erhebliche Belastungen zu tragen gehabt hätten. Am Ende goutierte die große Mehrheit des Gemeinderates aber trotzdem, dass die Elternbeiträge nicht rückerstattet und auch weiterhin auf dem regulären Niveau beibehalten werden.

Bürgermeister Jens Geiß betonte vorab, dass die Oftersheimer Kindergärten im Vergleich zu anderen Gemeinden eine relativ geringe Schließquote aufwiesen. Und auch die durchschnittliche Betreuungszeit von 42,5 Stunden im Ganztagsbereich sei vertretbar. Wichtig, so Geiß, sei die bereits eingeführte Härtefallregel, um Eltern, die tatsächlich in Schwierigkeiten sind, zu entlasten. Darüber hinausgehend betonte Geiß aber, dass auch die Kommune Teil der Solidargemeinschaft sei und Eltern, die das könnten, ihren Teil tragen sollten. Unterm Strich beläuft sich dieser Teil, der als Rückerstattung für die Eltern im Raum steht, auf knapp 46 000 Euro.

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Ganz grundsätzlich, daran erinnerte Geiß, trügen Eltern im Schnitt weniger als 20 Prozent der Betriebskosten. „In Teilen sind es weniger als 17 Prozent.“ Heißt im Umkehrschluss, die Gemeinde trägt über 80 Prozent der Kosten, was den Haushalt im Jahr mit rund fünf Millionen Euro belastet. Natürlich sei das Ansinnen der Eltern auf Rückerstattung nachvollziehbar. Doch Geiß bat um Verständnis, dass die Verwaltung diesem Ansinnen über die Härtefallregel hinaus nicht entsprechen will.

Auch Professor Dr. Jens Wagenblast (CDU) betonte, dass Eltern, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten seien, über die Härtefallregel geholfen werden könne. „Eltern in Not werden nicht alleingelassen.“ Simone Rehberger (GL) forderte, dass es auch darum gehe, für Eltern nicht monetäre Lösungen zu schaffen. Heißt für sie, die Betreuung müsse wieder den Ansprüchen angepasst werden. Generell bestehe ja ein Betreuungsanspruch im Ganztagsbereich von bis zu 50 Stunden. Bei 42,5 fehlen 7,5 Stunden. Am Ende goutierte der Gemeinderat den Verwaltungsvorschlag bei zwei Enthaltungen und einer Gegenstimme mit 17 Jastimmen.

Den Ortscharakter erhalten

Die Sache war unstrittig. Das Ortsbild soll erhalten bleiben und dafür verabschiedeten die Ratsmitglieder unter der Leitung von Bürgermeisterstellvertreterin Annette Dietl-Faude, die die Sitzung für den befangenen Bürgermeister Jens Geiß leitete, ohne Diskussion eine Gestaltungsrichtlinie im Zuge des Sanierungsgebietes „Ortsmitte Oftersheim II“. Als Leitlinie gab Dietl-Faude die Faustformel aus, „vieles kann, aber nicht alles muss.“

In den kommenden Jahren werden im Kontext des jüngsten Sanierungsprogramms Renovierungen aller Art gefördert. Um hier aber einen Wildwuchs zu vermeiden und damit das ortstypische Erscheinungsbild zu erhalten, heißt in Oftersheim den ursprünglich dörflichen Charakter, sollen Richtlinien greifen an die sich potenzielle Bauherren zu halten haben.

Da geht es unter anderem um den Erhalt der Satteldächer, die mit naturroten oder rotbraunen Tonziegeln oder Dachsteinen gedeckt sein müssen. Solaranlagen müssen an die jeweilige Dachneigung angepasst sein und die Anordnung möglichst symmetrisch in geometrischen Formen, wie einem Rechteck, sein. Balkone und Wintergärten sind nur auf der vom öffentlichen Straßenraum abgewandten Seite zulässig, Außenwände sollten verputzt sein und auf grelle, glänzende oder sehr dunkle Farbtöne sollte verzichtet werden. Es waren Punkte, die am Ratstisch einhellig geteilt und damit auch einstimmig beschlossen wurden.

Keine Orte für Stimmenfang

Einigkeit bestand am Ratstisch auch über den Punkt, dass kommunale Räumlichkeiten im Sinne der allgemeinen Neutralitätspflicht keine Orte für den kommenden Bürgermeisterwahlkampf sind. Anmietungen von kommunalen Liegenschaften für Wahlkampfveranstaltungen sind damit bis zur Bürgermeisterwahl am 18. September beziehungsweise 2. Oktober ausgeschlossen.

Nicht betroffen ist von dieser Entscheidung das Aufstellen von temporären Wahlständen auf kommunalen Parkflächen und Plätzen, mit Ausnahme des Rathausvorplatzes und des Bereichs vor dem Verwaltungsgebäude in der Eichendorffstraße 2.

Es gebe, so steht es in der Verwaltungsvorlage, mit Gaststätten und Vereinsräumen eine ausreichende Zahl von Alternativen, in denen der Bürgermeisterwahlkampf stattfinden könne.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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