Oftersheim. Klimaschutz ist ein zentrales Thema für Städte und Gemeinden, dem sich auch Oftersheim stellen muss. Denn das völkerrechtlich verbindliche Pariser Klimaschutzprotokoll schreibt die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen vor, für Baden-Württemberg ist die Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahre 2040 festgelegt. Daher hat die Gemeinde Oftersheim einen Klimaschutzmanager, Martin Hirning, eingestellt, der Strategien entwickelt, kommunale Projekte betreut und Aufklärungsarbeit leistet.
Hirning hat einen Stammtisch als lockere Austauschplattform für Interessierte ins Leben gerufen, bei dem Fragen zu Klima, Klimaschutz, Klimafolgenanpassungen, Energie, Strom, Mobilität, Konsum und weitere relevante Themen diskutiert werden. Dieser Stammtisch findet jeden ersten Donnerstag im Monat statt, zuletzt am Donnerstagabend in der Pizzeria Aquila. Gekommen waren diesmal sechs Teilnehmer, die höchst unterschiedliche Motivationen, Wissen und Interessen zu dem Thema mitbrachten.
Oftersheim liege im Mittelfeld der Pro-Kopf-Emissionen im Rhein-Neckar-Kreis
Hirning gab zunächst eine kleine Einführung zu Historie und Status quo in Oftersheim. Zum Beginn seiner Tätigkeit veranstaltete er mehrere Bürgerforen, bestehend aus 30 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern im Alter von 15 bis 70 Jahren. Dieser tolle Input wurde bereits 2023 in das umfangreiche Klimaschutzkonzept „Ofdasche wird Klimafit“ eingearbeitet, das als Grundlage für umzusetzende Maßnahmen dient, ausgehend von den Charakteristika von Oftersheim und den erhobenen Daten zur gemeindlichen Energie- und Treibhausgas-Bilanz. Zu den Treibhausgasen gehören Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Hirning betonte, dass Oftersheim derzeit im Mittelfeld der Pro-Kopf-Emissionen im Rhein-Neckar-Kreis liege. Null Emissionen zu erreichen, ohne Öl, Gas und Kohle zu verbrennen, sei aber überlebenswichtig.
Das Klimaschutzkonzept steht auf den drei tragenden Säulen Effizienz, Suffizienz und Konsistenz. Die Effizienz, die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme, betrifft vor allem die Verbesserung technischer Gegebenheiten, zum Beispiel bei der Wärmedämmung, die dann effizient ist, wenn sie im Sommer kühlt und im Winter wärmt.
Neben der kommunalen Wärmeplanung wurde auch eine Sanierungsstrategie für alle kommunalen Gebäude erarbeitet. In diesem Zusammenhang erwähnte Hirning die Sanierung des gemeindeeigenen Wohnhauses in der Oftersheimer Eichendorff-Straße 10 bis 12, ein Gebäude aus den 1950er Jahren, wo ein Wärmedämmverbundsystem an die Fassade aufgebracht wird und auf komplett verbrennungsfreie und 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung mit Grundwasserwärmepumpe, Wärmerückgewinnung aus Abluft, Solarthermieanlage, Pufferspeicher und PV-Anlage umgestellt wird.
Klimafreundliches Verhalten soll in Oftersheim vereinfacht werden
Suffizienz bedeutet in diesem Kontext geringer Verbrauch. Klimafreundliches Verhalten soll erleichtert werden, zum Beispiel durch wetterfeste und gut zugängliche Fahrradstellplätze, die die Nutzung des Fahrrads anstelle des PKWs wahrscheinlicher machen. Zusätzlich zu den schon bestehenden 12 öffentlichen Ladepunkten wird eine weitere Ladesäule mit zwei Ladepunkten und mit einem E-Carsharing Auto an der Ecke Franz-Schubert-Straße und Schillerstraße entstehen. Zu den Zielen gehöre ein massiver Ausbau einer öffentlichen Ladeinfrastruktur und Carsharing-Angebote, bekräftigte Hirning.
Mit Konsistenz ist der Begriff Nachhaltigkeit verbunden. Die Verminderung bestehender Emissionen soll durch den dauerhaften Umstieg auf regenerative Energien, unter anderem erreichbar durch den (Aus-)Bau von Solaranlagen auf den Dächern Oftersheims oder die Inbetriebnahme von Nahwärmenetzen für eine klimafreundliche Wärmeversorgung erreicht werden. Die meisten Häuser in Oftersheim heizen nach wie vor mit Gas und Öl. Die erst zukünftig grüne und damit klimafreundliche Fernwärme gebe es derzeit im Neubaugebiet Nord-West sowie am Hardtwaldring, so der Experte.
Es gehört zu den Aufgaben des Klimaschutzmanagers, den Bürger von Oftersheim für Fragen und Antworten zur Verfügung zu stehen. Zu dem kostenlosen Beratungsangebot zählen unter anderem kostenlose Beratungen und die Thermografie-Analyse, bei der festgestellt wird, wo ein Gebäude viel Wärme verliert und wo weniger. Eine Fördermittelrecherche gehört ebenfalls dazu.
Welche Maßnahmen die Gemeinde Oftersheim fördert
Denn die Gemeinde fördert Klimaschutzmaßnahmen, wie beim Einbau von Solarthermie-Anlagen, Photovoltaik inklusive Balkonkraftwerken, ebenso bei der Abschaffung von Kraftfahrzeugen und Teilnahme am Carsharing, bei Dämmungsmaßnahmen sowie bei Klimafolgeanpassungsmaßnahmen wie Fassadenbegrünung oder Schaffung von Versickerungsflächen.
Von den fachkundigen Informationen hat Michael Kinzer, der zum Stammtisch gekommen war, profitiert. „Infos von neutraler Seite haben mir sehr geholfen,“ sagte der Hausbesitzer. Er hat eine Wärmepumpenanlage installiert, er besitzt zur Stromgewinnung eine PHotovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher, um auch ohne direkte Sonneneinstrahlung versorgt zu bleiben und ein Balkonkraftwerk, für das er Förderung erhielt. Laut seiner App habe diese sich innerhalb von knapp zwei Jahren zu zwei Dritteln amortisiert. „Man ändert sein Verhalten,“ fügte er hinzu, denn die Geräte werden bei Sonnenschein eingeschaltet, weil er für Strom möglichst nichts mehr bezahlen wolle. Und natürlich sammelt er Regenwasser für den Garten und den Haushalt.
Über Balkonanlagen lasse sich die Grundlast an Stromverbrauch, etwa für Standby-Geräte, Kühlschrank und Tiefkühltruhe, abdecken, wenn die Sonne scheint.
„Für den Stammtisch ist die individuelle Erfahrung interessant,“ sagte Dr. Rolf Henn, der ebenfalls zum Stammtisch gekommen war und am Klimaschutzkonzept der Gemeinde mitgearbeitet hatte. Neugierig auf alles, was noch kommen wird, ist Ralf Senn, der als Energieversorger gearbeitet hat. Aber es sollte einfach alles schneller gehen, sagte Pierre Herrmann, Energieberater in spe mit Schwerpunkt Wohngebäude. Einen neuen Gesichtspunkt zur ökologischen Stromgewinnung brachte Georg Jährling ein: Die Methanverstromung. Das Thema stand aber nicht auf der Tagesordnung.
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