Oftersheim. Bürgermeisterkandidat Pascal Seidel hatte zum Thema „Barrierefreiheit“ zu einer Begehung durch die Gemeinde eingeladen. Zehn Teilnehmer, unter ihnen die Gemeinderäte Silke Seidemann, Frank Weiß und Michael Seidling (alle FWV) sowie Patrick Alberti (Grüne) und Ingo Staudt vom SPD-Ortsverein, wollten einen Überblick bekommen über die aktuellen Probleme für Menschen mit Behinderungen bei der Bewältigung von unterschiedlichen Hürden im öffentlichen Raum.
Der Nahverkehrsplan für den Rhein-Neckar-Kreis aus dem Jahr 2017 sieht vor, dass die Belange der in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen „mit dem Ziel zu berücksichtigen sind, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen“. Das betrifft nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern beispielsweise auch blinde oder sehbehinderte und gehörlose Menschen, sowie auch Eltern, die mit Kinderwagen oder ältere Menschen, die mobilitätseingeschränkt mit Rollator unterwegs sind. „Eine barrierefreie Gestaltung einer Haltestelle erweist sich nur dann als zweckmäßig, wenn auch das Haltestellenumfeld barrierefrei gestaltet ist“, heißt es in den Erläuterungen.
Bahnunterführung in der Mannheimer Straße: ein Ärgernis seit vielen Jahren
Für Bau und Unterhaltung der Haltestellen sind im Rhein-Neckar-Kreis die Kommunen als Straßenbaulastträger zuständig. Die Bahnunterführung in der Mannheimer Straße ist ein Ärgernis seit vielen Jahren. Die Rampen zur Unterführung sind viel zu steil. Die Bahn sieht sich nicht in der Verantwortung für einen barrierefreien Umbau und schon gar nicht für dessen Finanzierung. Seidel hatte das Hinweispapier „Ruhender Verkehr“ des Verkehrsministerium Baden-Württemberg mitgebracht. Kommunen haben im Rahmen des geltenden Rechts die Möglichkeit, über eine straßenrechtliche Umwidmung oder Teileinziehung bezüglich bestimmter der Verkehrsarten öffentliche Flächen umzugestalten.
Am meisten Spielraum besteht, wenn der Umgestaltung ein kommunales Verkehrskonzept zugrunde liegt, das vom Gemeinderat beschlossen werden muss. „Die Breite von Gehwegen ist ein entscheidendes Kriterium für die Qualität und Sicherheit des Fußgängerverkehrs“, heißt es in dem Hinweispapier. Von der Mindestbreite für Gehwege von 1,50 Metern kann nur punktuell, etwa aufgrund der baulichen Gegebenheiten eines Gebäudes, abgewichen werden. Es muss sichergestellt sein, dass mobilitätseingeschränkte Personen und Personen mit Kinderwagen an keiner Stelle auf die Straße ausweichen müssen.
Aufschlussreiche Stichproben
Die Oftersheimer Gruppe schaute sich einzelne Ecken an. Rollstuhlfahrerin Christina Arnold kam an vielen Stellen nicht durch. Bordsteine sind fast überall zu hoch. Seidel würde gerne einen durch das Verkehrsministerium geförderten Fußverkehrs-Check in die Gemeinde holen. Bei diesem Verfahren wird in Workshops und bei Rundgängen gemeinsam mit Bürgern, Politik und Verwaltung vor Ort diskutiert. Der Bürgermeisterkandidat würde auch ein Büro für ein Parkraumkonzept beauftragen. „Wir brauchen in Oftersheim ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, das den Status quo erfasst und Maßnahmen zur Verbesserung enthält“, meint Seidel in seinem Wahlprogramm.
Generell gelte es, „ein Parkraumkonzept zu erstellen, die Lücken im öffentlichen Nahverkehr zu füllen, sinnvolle Lösungen für die Attraktivierung des Radverkehrs in der Gemeinde zu schaffen, die Elektromobilität durch Ladestationen für E-Bikes und E-Autos zu fördern und die Einrichtung eines Bürgerbusses zu prüfen, wie nach dem Vorbild von Plankstadt“.
Nach der Bushaltestelle am Rathaus bewegte sich die Gruppe zum Rathaus selbst. Dort befindet sich der barrierefreie Zugang rechts am Fahrstuhl. Christina Arnold betätigte den Taster für die Türöffnung, der direkt links der Tür angebracht ist. Als die Tür nach außen aufging, musste sie zunächst zurücksetzen, was nicht ganz optimal ist. Der Taster müsste eigentlich an einem Pfosten mit etwas Abstand zur Tür angebracht sein oder alternativ weiter seitlich an der Fassade, meinte sie.
Im Bereich der Mozartstraße lobte die Rollstuhlfahrerin den barrierefreien Übergang von der Parkplatzseite zum alten Feuerwehrgerätehaus, monierte aber, dass dieser oftmals zugeparkt sei, etwa durch Paketdienste in zweiter Reihe. Über die Max-Planck-Straße ging es zurück zum Bahnhof. Seidel bedankte sich für den regen Austausch. Er möchte ein solches Informationsformat für die Zukunft beibehalten.
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