Oftersheim. „Es ist vorbei, die Zeit mit dir war wunderschön“, sangen die Kerwe-Borscht am Dienstagabend unter großer Anteilnahme der Besucher in der Mannheimer Straße 59. Denn die Kerwe wurde zu Grabe getragen, wie es die Tradition verlangt – nach vier tollen Tagen voller Spaß, Heiterkeit und gefeierter Gemeinschaft.
Kerwe-Kaplan Ingo Paul war die Trauer in Wort und Habitus anzumerken, als er die Grabrede für die Schlumpel mit Namen „Gieslinde vun der Friedhofskoschdä“ hielt. Klar kam auch die Heiterkeit nicht zu kurz, denn in deren Zeichen stand die gesamte Veranstaltung. Besonders sei auch der Besuch ihrer Cousine, der „Amtsschimmel-Greta“ gewesen, die „uff dem Rothausdach gehoggt hot“, und so immer über die ganze Kerwe geschaut habe, was im Dorf so passiere. Immer wieder betonte der „Geistliche der guten Laune“: „Weil Ofdaschä, des sind wir alle!“, der allen Sponsoren für ihre Spenden dankte, wie Freibier, Ouzo und leckeres Essen.
Beim Tanz im Rose-Saal habe Gieslinde mit einer spontan übergezogenen Tischdecke wild mit den Borscht auf den Tischen getanzt, sehr zur Freude der Gäste. So etwas habe man noch nicht gesehen.
Kerwe-Kaplan Ingo Paul legt den Finger in die Wunden Oftersheims
Traditionsgemäß brachte er zudem – gewohnt launig – Dinge zur Sprache, die in der Gemeinde nicht in Ordnung seien. Er beklagte etwa, dass von den 22 Gemeinderäten zur Kerwe-Eröffnung gerade einmal sieben anwesend gewesen seien – obwohl diese sonst stets betonten, wie wichtig es sei, die Traditionen zu pflegen. Und bei der Beerdigung seien es jetzt noch weniger.
Auch wunderte man sich, warum ausgerechnet die Freiwillige Feuerwehr ihre Jahreshauptübung auf den ersten Tag der Kerwe gelegt hatte. Nächstes Jahr feiere Oftersheim stolze 1260 Jahre, aber: Es sei kein Umzug in Sicht. Das sei traurig. Im Frühjahr habe es an einem Wochenende rund fünf Vereinsveranstaltungen gegeben. So nehme kein Verein etwas ein und so mancher habe sich deshalb auch gefragt, ob es in Oftersheim ein Vereinskartell gebe.
Humorvolle Kritik an Sterbekosten, Hundeknoddel und Egoisten
Außerdem sei das Sterben ganz schön teuer geworden – daher auch der diesjährige Schlumpelname, sie nimmt es mit Galgenhumor. Zudem seien die Personalkosten so hoch, dass in Erwägung gezogen werde, Ziegenböcke das Gras fressen zu lassen, anstatt es zu mähen, wie böse Zungen behaupteten. Auch wenn dies wichtig sei, sei es verwunderlich, dass das Deutsche Rote Kreuz nicht dazu eingeladen gewesen sei. Wie ein Kerwe-Pfarrer lange vor seiner Zeit einmal gesagt habe, sei dies „traurig, traurig, traurig“. Vielleicht könne man ja im nächsten Jahr etwas mehr an die Gemeinschaft, an die Tradition und das Miteinander denken, denn „Ofdaschä“, das seien sie schließlich alle. Schon ab dem zweiten Mal sprachen alle Anwesenden den Refrain mit.
Auch wolle er über „Hundeknoddel“ sprechen. Es sei absolut unverständlich, dass Hundebesitzer das große Geschäft ihrer Lieblinge in eine Tüte packten und diese verknoteten, sie aber danach irgendwo in irgendein Gebüsch werfen. „Wie blääd muss man soi, dass ma des ned in dä nägschdä Milläma schmeiße dut“, fragte Paul. Zu beschuldigen seien allerdings nicht die Tiere, sondern die Menschen. Darüber sollte man einmal nachdenken.
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Eine weitere, gewohnt humorvoll vorgebrachte Kritik ging an die Erwachsenen hinsichtlich der kostenlosen Kerwe-Gaben. „Können wir uns darauf einigen, dass die Kinder zuerst ihre Schokoküsse bekommen“, fragte er. Gegeben hätte es Rosen für die Frauen, Ouzo und Bier für die Herren und eben Schokoküsse für die Kinder. Doch die Erwachsenen hätten bei der Süßspeise schneller als die Kinder zugegriffen. Vieles bekämen die Borscht geschenkt. „Aber mir nehme nix mit hääm“, betonte Paul.
Er schloss: „Wir wollen weiter gemeinsam feiern und vor allem wissen wir, wenn wir uns alle gegenseitig unterstützen, sind wir unschlagbar. Schaut auf das, was wir erreicht haben! Freut euch daran, wie erfolgreich wir sind, denn auch dieses Jahr hat ‚Ofdasche‘ sportlich wieder Geschichte geschrieben.“ Die Veranstaltung endete mit gemeinsam gesungenen Liedern und einem Umtrunk.
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