Oftersheim. Die Prunksitzung gehört hierzulande zu den traditionellen Highlights der Fasnacht. Und sie wird noch bedeutsamer, wenn der örtliche Karnevalsverein ein Jubiläum feiert: Der Carneval Club Grün-Weiss Oftersheim 1975 wird dieses Jahr 50 Jahre alt – und das ist in der fünften Jahreszeit doppelter Grund zu feiern.
So hatte der Verein ein reichhaltiges Programm mit Musik und Tanz, Akrobatik, Scherzen und viel Animation zusammengestellt sowie Gäste aus Hockenheim und Ketsch eingeladen zum Mitmachen. Die Veranstaltung am Samstagabend in der Kurpfalzhalle war schon seit Wochen ausverkauft. Dabei erschien das Publikum mit allerbester Laune und diese wurde im Laufe der fünfstündigen Veranstaltung noch fröhlicher und ausgelassener. Einlass und Verköstigung der Gäste übernahmen Mitglieder des Vereins. „Wir haben das ganze Jahr über für Fasching gearbeitet“, sagte Lisa Weissmann, die ersten Vorsitzende des Vereins. Sie und ihre Stellvertreterin Sarah Rebmann haben „alles durchlebt“, vom Kindergardetanz, Show-Tanz, über die Rolle als Prinzessinnen bis zu der Funktion als Vorstände.
„Sterneflitzer“ stehlen die Show auf der Bühne in Oftersheim
Monika Michaelis, die Sitzungspräsidentin, eröffnete die Prunksitzung. Sie begrüßte die Gäste im Publikum und auf der Bühne sowie Unterstützer, zu denen auch der Carnevalsclub Blau-Weiß Hockenheim und die Ketscher Guggenmusik-Band gehörten und bat alle an der Show aktiv Teilnehmenden auf die Bühne. „Einmarsch“, hieß es, und es kamen zuerst die ganz kleinen Gardetänzerinnen, die „Sterneflitzer“ im tänzelnden Gardegalopp, dann die Größeren, schließlich die Erwachsenen, es kamen ein paar Hexen und die Guggenmusik-Kapelle Hewwlguggler. Natürlich durfte die Carnevalsprominenz nicht fehlen: Prinzessin Stephie I. (bürgerlich Stephanie Much) und Marco I. (bürgerlich Marco Scanio) sowie ein verwegener Pirat in edlem Gewand und mit langen schwarzen Locks, der eine gewisse Ähnlichkeit zu Captain Jack Sparrow hat, der sich jedoch als Bürgermeister Pascal Seidel herausstellte, sowie Mitglieder des Elferrats.
Nach dem ersten Applaus verließen alle die Bühne und das Programm konnte losgehen mit Vorführungen der Tanzmariechen Mila Knobloch und Frieda Brucker sowie der kleinen Gardetänzerinnen der „Sterneflitzer“, der Grün-Weiß-Garde-Marsch und schließlich den Tanzmariechen Mila Schmidt und Samia Heyer. Stets zu Scherzen aufgelegt war der weithin bekannte deutsch-äthiopische Comedian Berhane Berhane, der quasi schon als „Vorgruppe“ von Bülent Ceylan auf der Bühne gestanden hatte. Berhane erzählte, dass er zeitweise auch in Oftersheim gelebt habe. Wie ist es wohl, als Schwarzer in Deutschland zu leben? Man gehöre immer schnell zu den Verdächtigen, den Schwarzfahrern, den Taschendieben, den Gaunern – aber Berhane nahm all diese Situationen mit – „schwarzem“ – Humor und machte sie zum Teil seiner lustigen Show. Und wer etwas nicht verstehe oder glaube, sage einfach „Nein, wirklich, ahhhh!“ – und damit animierte er das Publikum, das gerne mitmachte.
Klara Kohlbecker erzählt einen Witz nach dem anderen
Witze erzählen konnte auch Ulknudel Marion Striebich als Klara Kohlbecker. Mehr noch: Sie zeigte Ganzkörper-Einsatz und holte einen Mann aus dem Publikum, damit er ihr helfe, einen Tisch zu tragen, was ihre Bühne geben sollte; sie sang dann ihr Lieblingskinderlied „Liebe kleine Schwarzwaldmarie“. Er musste ihr auch helfen, auf den Tisch zu steigen und wieder herunter zu kommen. Natürlich nahm sie jede Gelegenheit wahr, den fremden Mann zu verwirren und sich ungeschickt an seine Brust zu werfen. „Herr Heinz“, wie sie ihn nannte, nahm es allerdings mit Humor!
Eine deutlich ernstere, sehr schöne Aufführung präsentierte die Gardegruppe in bunten Kostümen und Perücken. Ihr Thema waren Gefühle wie Freude, Ekel, Angst, Wut, die sie tänzerisch darstellten. Den Saal so richtig zum Beben brachte Stimmungskanone Claudio Glässer. Arme hoch, Arme links, Arme rechts – so und mit ähnlichen Anweisungen bewegte er das Publikum, bis etliche Gäste singend auf den Stühlen und er selbst auf einem Tisch im Publikum standen. Ein bisschen Spaß muss sein – und ein bisschen Ballermann auch.
Einen Junggesellenabschied in Las Vegas feiert das Männerballett „Bierathleten“ mit einer Choreografie, das sie „Hangover“ nannten und dabei einen Rückblick auf zu viel Party gaben. Die etwas später hinzugekommene Braut war … der Bürgermeister Seidel! Nach der Show wurde er wieder Pirat.
Alle Helfer werden in Oftersheim gewürdigt
Eine der wirklich sympathischen Gesten der Sitzungspräsidentin war, dass sie sich nach jeder Aufführung die Zeit nahm, alle Teilnehmenden einzeln mit Namen vorzustellen – egal wie groß die Gruppe war. Und sie würdigte auch die Arbeit der Leute „im Hintergrund“, die betreuenden Personen, Trainer und Coaches – und so versammelte sie etwa zur Halbzeit der Veranstaltung diese Leute auf der Bühne und zollte ihnen Ehre und Anerkennung vor dem applaudierenden Publikum.
“The show must go on“: Die „Metamorphose von der Hausfrau zur Diva“ zeigte die Prinzessgarde. Mit schlichten weißen Schürzen kamen sie auf die Bühne, aber bald danach legten sie diese ab und tanzten in glitzernden rosa Kleidern. Als „Leistungssport vom Allerfeinsten“ kündigte Sitzungspräsidentin Michaelis die Rope-Skipping-Gruppe der TSG Seckenheim an. Tatsächlich führten sie allerlei komplizierte Figuren, raffinierte Formationen und ungewöhnliche Kombinationen im Seiltanz vor. Eine der aufwendigsten Shows zeigte die große Gruppe der Dancing Girls: „Nosferatu, die Spinne“. Sie hatten weiße Gesichter mit Ornamenten aus Spinnenformen und sehr lange Wimpern. Sie waren in schwarz-weißen Kostümen gekleidet und trugen einen spinnenförmigen Rucksack mit Leuchten auf dem Rücken. Als überdimensionierte Figur bewegten sie sich wie eine Spinne mit acht Beinen auf die Mitte der Bühne zu. In einer streng strukturierten Choreografie löste sich die Spinne auf, die Tänzerinnen formierten sich neu zu symmetrischen Formen und bauten erneut Spinnen auf, die schon fast Angst einflößten.
Hewwlguggler aus Ketsch zeigen ihr Können
Nach dieser kreativen Show kamen die Hewwlguggler mit „Sweet Caroline“ und „La Cucaracha“ aus Ketsch. Es war eine so große Kapelle, dass nicht alle auf die Bühne passte; so platzierten sich die Musiker mit Schlagwerken vor der Bühne. Viele Kinder spielten mit und es war ein sehr rhythmischer Auftritt, zudem das Publikum, teilweise immer noch auf Stühle stehend, fröhlich mittanzte. Prinz Marco I war ganz in seinem Elan, denn er spielt die Posaune bei den Hewwlguggler.
Den Abschluss des Programms bildete das Paar Anna und Kevin Solert mit internationalen Hits von ABBA, Nena, den Village People und mehr. Die Besucher waren müde und doch noch voller Energie, als die schöne, aufregende, fröhliche Prunksitzung um Mitternacht zu Ende ging.
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