Begräbnisstätte

Tag des Friedhofs: Ein Blick in die Geschichte in Oftersheim

Der "Tag des Friedhofs" findet seit 2001 statt und soll Friedhöfe als soziale, kulturelle und ökologisch wertvolle Orte hervorheben. In Oftersheim reicht die Geschichte des Gottesackers bis in die Bronzezeit zurück.

Von 
Hans-Peter Sturm
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Ein Luftbild des Ortskernbereichs von 1931 zeigt links unten den alten Kirchhof mit evange-lischer Kirche und darüber St. Kilian. In der Bildmitte der Schulhof und das Rathaus mit seinem Turm. Auf dem Ackergelände rechts befinden sich heute Kurpfalzhalle und Festplatz. © Huko

Oftersheim. Man hört immer wieder von besonderen „Tagen“ im Jahresreigen, die einem bestimmten, mitunter exotischen, Thema gewidmet sind. Weniger exotisch gibt es seit 2001 den „Tag des Friedhofs“, initiiert vom Bund deutscher Friedhofsgärtner (BdF) im Zentralverband Gartenbau gemeinsam mit den bundesweit tätigen Friedhofsgärtnern, Steinmetzen, Bestattern, Floristen, den Städten und Kommunen sowie Religionsgemeinschaften und Vereinen.

Jeweils am dritten Septemberwochenende finden verschiedene Aktionen zum Thema „Friedhof“ statt, seit 2023 koordiniert vom Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur (VFFK). Den Friedhof als sozialen, kulturellen und ökologisch wertvollen Ort ins öffentliche Bewusstsein rufen, verbunden mit aktiver Kulturpflege und dem Dialog der Religionen – das sind die Zielsetzungen dieses Tages, der in diesem und im nächsten Jahr unter dem Motto „endlich und lebendig“ steht.

Urnenfund im Dietzengässel in Oftersheim

In Oftersheim sind diesbezüglich keine Aktivitäten vorgesehen, doch das Thema soll auch vor aktuellem Hintergrund Anlass bieten, kurz in die Geschichte der örtlichen Begräbnisstätten zu blicken. Der erste Hinweis auf eine solche ist zugleich das früheste Indiz für eine Besiedelung im heutigen Ortsetter. So wurde im Jahr 1880 im Garten des Anwesens Mannheimer Straße 52 am Dietzengässel beim Bau eines Brunnens in 1,7 Metern Tiefe eine Urne geborgen, „welche ohne Zweifel einem Urnenfriedhof aus der späteren Bronzezeit angehörte“, wie es der Grabungsbericht aus Karlsruhe von 1884 feststellte.

Die alte evangelische Kirche um das Jahr 1910, damals noch umgeben von den Grabsteinen des Kirchhofes. Heute ist der Vorplatzbereich der Christuskirche hier zu finden. © Huko

Über die Größe dieser Begräbnisstätte aus der Zeit um 1000 bis 700 vor Christus liegen keine Hinweise vor, doch es darf durchaus davon ausgegangen werden, dass sie auch jenes Gelände im Bereich Dietzengässel und Josefshaus umfasste, auf dem just in dieser Woche die Abrissarbeiten für die geplante Neubebauung begonnen haben.

Spätestens ab dem Hochmittelalter befand sich der Friedhof um die damalige St. Kilianskapelle, wie der erste Ortsplan anhand von Unterlagen aus dem Jahr 1439 zeigt, heute im Bereich der Christuskirche und dem vorderen Schulhof anzusiedeln. Ab 1832 wurde der „Kirchhoff“, so die Bezeichnung im Lagerbuch von 1772, aufgrund der anwachsenden Bevölkerung dreimal nach Westen erweitert, zuletzt 1884 und 1885. Im Zuge dessen erhielt er auch jene Sandsteinmauer, die noch heute entlang der Freiherr-vom-Stein-Straße und zum Festplatz hin, dort allerdings zum Teil hinter Gebüsch versteckt, erhalten ist.

Mehrere Erweiterungen

Da auch dieser Platz bald nicht mehr ausreichte, wurde schließlich der Friedhof komplett ausgelagert und 1918 schließlich südlich des Dorfes am Kohlwaldweg bei der Friedenslinde ein neuer Gottesacker eröffnet. 1949 errichtete die Gemeinde dort unter anderem aus Spendengeldern die erste Leichenhalle, die 1956 und vor allem 1972 erweitert wurde.

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Im „alde Käischhouf“, wie die älteren Oftersheimer Einwohner heute noch sagen, fanden bis 1950 Kinderbeisetzungen statt, ehe er endgültig aufgelassen wurde. In der Folgezeit erfuhr er, ausgehend vom Bau der Christuskirche 1956, bis 1999 insgesamt vier tiefgreifende Umgestaltungen – so gab es zeitweise einen runden Teich mit Goldfischen, später quadratische Hochbeete mit Springbrunnen und teils üppigem Blumenschmuck.

Wie der Friedhof in Oftersheim umgestaltet wird

Die letzte Gestaltungsmaßnahme zielte auf die Nutzung des „Gemeindeparks“ ab, so die heute offizielle Bezeichnung, als „Event-Location“. Ausgehend von „Musik im Park“ finden dort inzwischen auch zeitweise Open-Air-Kinos wie auch Mittelaltermärkte statt.

Wie andernorts hat sich auch in der Hardtgemeinde Oftersheim die Friedhofskultur in den vergangenen Jahrzehnten tiefgreifend gewandelt. Einen Erweiterungsbedarf dürfte es in der näheren Zukunft wohl kaum geben, denn die augenscheinlich immer größer werdenden Freiräume in den Gräberreihen weisen unübersehbar auf den Trend zur Urnenbestattung hin.

"Garten der Erinnerung" in Oftersheim von Gärtnern gepflegt

Diesem Bedarf Rechnung tragend, sprach sich die Gemeinde für ein entsprechend anzulegendes Gräberfeld aus, das im November 2011 als „Garten der Erinnerung“ eröffnet wurde. Dabei handelt es sich um einen gärtnergepflegten Teilbereich innerhalb des Friedhofs in Kooperation mit der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner aus Karlsruhe (GBF). Der großen Nachfrage wegen erfuhr dieser „Garten“ mit seinen geschwungenen Wegeführungen und besonderem Bepflanzungskonzept schon vier Jahre später eine Erweiterung.

Noch vieles gäbe es zu erwähnen, allein zur Geschichte der Ehrenmale für die Gefallenen und der Gemeinde Katsch, doch das soll bei anderer Gelegenheit erfolgen, um auch diese Themenbereiche, wie eingangs erwähnt, „ins öffentliche Bewusstsein“ zu rufen.

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