Oftersheim. Zum letzten Mal lädt das Josefshaus an diesem Samstag die interessierte Bevölkerung zum Besuch seiner Räumlichkeiten ein, bevor das bisherige weltliche Zentrum der Oftersheimer Katholiken geschlossen wird, um bald einer neuen Wohnbebauung zu weichen. Zu diesem Anlass soll noch einmal die Geschichte dieses stattlichen Gebäudes beleuchtet werden, seine vielfältigen Nutzungen und natürlich auch die vielen Begegnungen und Veranstaltungen, die Erinnerungen an vergangene Zeiten wecken. Dies ist der erste von drei Texten, die sich damit befassen.
Fast zeitgleich mit dem Kirchenbau entstand eine „Kinderschule mit Schwesternwohnung“, wie die Schwetzinger Zeitung am 11. Juli 1907 berichtete. Die Einrichtung bestand damals bereits seit fünf Jahren provisorisch an anderer Stelle. Der Neubau, welcher kaum zwei Drittel der heutigen Straßenfront einnahm und schon damals den Namen St. Josef trug, umfasste im Erdgeschoss zwei Räume für eben jene Kleinkinderschule sowie einen Mehrzweckraum für die Jugend, den Kirchenchor und Veranstaltungen.
Im Oftersheimer Josefshaus waren früher ein Nähsaal und Wohnungen
Im Obergeschoss befanden sich neben einem Nähsaal die Wohnungen der Schwestern aus dem Gengenbacher Mutterhaus. Dieser Platz musste bis nach dem Zweiten Weltkrieg ausreichen, erst zwischen 1953 und 1955 konnte das Haus nach dem sprunghaften Anstieg der Bevölkerung unter Pfarrer Wilhelm Hesch aufgestockt und Richtung Dietzengässel erweitert werden. Damit wurde unter anderem der Saal in seiner heutigen Größe mit Bühne geschaffen – wohlgemerkt auch vor allem für die Nutzung als „Kinnerschul“, wie manch ältere Oftersheimer noch heute das Josefshaus nennen.
Doch auch hier wurde es bald zu eng, und die Doppelnutzung dieser Räume war auf Dauer ebenfalls kein Zustand. Nachdem auf dem Grundstück Mozartstraße 5 in den Jahren 1971 und 1972 ein separater Kindergarten mit drei Gruppenräumen und neuen Schwesternwohnungen errichtet worden war, entspannte sich die Situation im Josefshaus, wenn auch weiterhin noch zwei Kindergartengruppen dort verbleiben mussten bis zur Erweiterung des Kindergartens 1980 und 1981.
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Doch schon vorher wurde um- und angebaut: Unter Pfarrer Josef Fischer erhielt um 1970 der Haupteingang ein Foyer mit Garderobe, 1975 und 1976 wurde im Bühnenbereich ein Stuhllager mit Nebenküche angefügt, dessen Untergeschoss für die Jugendarbeit vorgesehen war. Im Obergeschoss war nach dem Umzug der Schwestern neben der Hausmeisterwohnung und dem Konferenzraum Platz entstanden für weitere Gruppenräume. Auch die sanitären Einrichtungen wurden den Bedürfnissen der Zeit angepasst, ebenso die Hauptküche, die 2004 neu eingerichtet wurde, um beispielsweise an Fronleichnam mehrere Hundert Gäste mit frisch zubereiteten Speisen versorgen zu können. Der Saal erhielt 1983 eine neue Raumhülle in Verbindung mit der Erneuerung der technischen Ausstattung.
Weniger Bedarf an den Räumen des Oftersheimer Josefshauses
Wurden seinerzeit auch all diese Raumkapazitäten inklusive des „OJO-Kellers“ genutzt und mit Leben erfüllt, so zeichneten sich in den vergangenen Jahrzehnten wie auch in anderen Kirchengemeinden gewisse Entwicklungsprozesse ab, ausgehend von einer veränderten Religiosität in der Gesellschaft, die sich auch auf die Gebäudestruktur auswirkte.
Im Klartext bedeutete das im Fall Josefshaus: Nicht mehr alle Räume wurden gebraucht, der langgestreckte Bau erschien zusehends unwirtschaftlich hinsichtlich der Unterhaltskosten und anstehender umfangreicher Sanierungsmaßnahmen vor allem im energetischen Bereich, nicht zu vergessen die statischen Probleme der Kellerdecke im ältesten Gebäudeabschnitt. Nach zahlreichen Planungsvarianten vor allem ab 2012, die dem aktuell in Freiburg eingereichten Konzept vorausgingen, gilt es nun Abschied zu nehmen von einem Haus, das zweifellos auch einen Teil der Oftersheimer Ortsgeschichte geprägt hat.
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