Im Porträt

Wie ein Oftersheimer dank Tennis an eine Uni in den USA kam

Marcel Ueltzhöffer aus Oftersheim blickt auf seine Zeit im US-amerikanischen College-Tennis zurück, erklärt die Unterschiede zum deutschen Sport und berichtet, was ihm die Jahre im Ausland gebracht haben.

Von 
Lukas Heylmann
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Dieses Bild gehört zu einem Bericht über Marcel Ueltzhöffer, erschienen 2016 in der Universitätszeitung „The Murray State News“ - und in der Bildunterschrift findet sogar Oftersheim Erwähnung. © Ueltzhöffer

Oftersheim. Jetzt im Mai – oder kurz danach – stehen für viele Jugendliche oder junge Erwachsene einige große Entscheidungen an. Der Schulabschluss ist da, doch wie geht es danach weiter? Die Möglichkeiten sind heutzutage vielseitig, was zu Überforderung führen kann – und manche Optionen sind vielleicht auch gar nicht naheliegend.

Vor ungefähr neun Jahren war Marcel Ueltzhöffer an diesem Punkt. 2014 macht der Oftersheimer sein Abitur und bekommt danach eine Gelegenheit, die wohl nicht ganz alltäglich ist: ein Tennis-Stipendium, das ermöglicht, an einem US-amerikanischen College zu studieren, ohne die horrenden Kosten, die dafür normalerweise anfallen. „Für internationale Stunden wären das ungefähr 30 000 Dollar im Jahr“, erinnert sich Ueltzhöffer im Gespräch mit dieser Zeitung. „Das wollte ich als Erfahrung auf jeden Fall mitnehmen.“

Ueltzhöffer in seiner Zeit an der Wright State University in Dayton, Ohio. © Ueltzhöffer

Ein hundertprozentiges Stipendium hatte er allerdings nicht. „Das ist bei Männern im Sport selten“, erklärt der Tennisspieler und steigt damit bereits in die Wirren des amerikanischen College-Sports ein. „Dort gibt es eine Art Gleichheitsphilosophie, nach der es für jedes Stipendium für einen männlichen Studenten auch eines für eine Studentin geben muss. Die Frauen haben meist kein Football-Team und dafür gehen bei den Männern die meisten Stipendien drauf.“ In dem Tennis-Team der Murray State University im Bundesstaat Kentucky – Ueltzhöffers erste Station in den USA – gab es viereinhalb Stipendien für die acht Spieler.

Oftersheimer für zwei Jahre in Kentucky

In Murray blieb der Oftersheimer zwei Jahre lang, bevor an die Wright State University in Dayton, Ohio wechselte. Dort weilte er weitere drei Jahre, zwei davon für den College-Abschluss, eines für ein Praktikum. Während der insgesamt vier Studienjahre bestand Ueltzhöffers Alltagwohl zu mindestens gleichen Teilen aus Tennis und tatsächlichem Studieren, denn – und das sollte man erwähnen – der Sport, der das Stipendium ermöglicht, steht für gewöhnlich in keinem Zusammenhang mit den tatsächlichen Studieninhalten.

„Das war ein Zeitaufwand vergleichbar mit einem Werksstudentenjob“, blickt Ueltzhöffer zurück. „Zwei Stunden Tennistraining an bis zu fünf Tagen in der Woche, dazu noch zwei bis drei Stunden im Kraftraum. Teilweise hatten wir drei Spiele am Wochenende, das waren dann der komplette Samstag und der halbe Sonntag. Ein Wochenende gab es in dem Sinne also nicht.“ Frei vom Sport gab es also nur am Montag, „und das hätten sie auch noch gestrichen, wenn sie gekonnt hätten“, versichert der Tennisspieler und lacht. Vergleichbar mit dem Vereinssystem in Deutschland ist der College-Sport in den USA laut Ueltzhöffer kaum. „Es läuft alles über die Universität und für die spielt man ja auch. Dafür gibt es dann eine Art Ligensystem zwischen den Colleges. Viele sehr talentierte Sportler hören aber nach dem Studium auf, da es nur ganz wenige Möglichkeiten gibt, auf Amateurebene zum Beispiel Mannschaftssport zu betreiben“, erläutert der Oftersheimer.

Mehr als Amateursport

Dafür überschreitet der Sport an der Universität im Grunde teilweise die Grenze des Amateurwesens. „Die Universitäten bekommen so viel Geld von den Studierenden, dass sie riesige Plätze und Stadien bauen können“, erläutert Ueltzhöffer. Entsprechend hoch ist der Stellenwert: Die College-Teams haben ihre eigenen Fangemeinden.

„Das ist ein ganz anderer Hype sozusagen. Die Zuschauer feuern diese Uni-Teams an und es gibt ein richtiges Zugehörigkeitsgefühl mit dazu passenden Pullis und so weiter. Das kennt man in Deutschland eigentlich ja nur von den großen Fußballvereinen. Nur der Sport selbst ist nicht unbedingt fair oder leicht zugänglich“, findet der Tennisspieler. Allerdings sind die Mannschaften sehr national – Talente wie Ueltzhöffer selbst kommen auch aus Ländern wie England oder auch Venezuela an die US-Universitäten.

Hochkarätiger Trainer

Für die zwei Jahre in Kentucky war der Trainer der Mannschaft, in der der Oftersheimer tätig war, Mel Purcell, ein US-Amerikaner, der 1980 auf Platz 21 in der Tennis-Weltrangliste stand. „Er hat auch mal Boris Becker geschlagen“, fügt Ueltzhöffer mit einem Grinsen hinzu – 1986 in Hamburg.

„Purcell war für mich ein großer Anreiz“, erinnert sich der Oftersheimer, der mittlerweile für SAP arbeitet. „Und trotz seines sportlichen Stellenwerts war das ein wirklich lockerer Typ, mit dem man auch mal Späße machen konnte.“

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2019 kam Marcel Ueltzhöffer schließlich zurück nach Deutschland – nur um 2020 die nächste Chance für ein Studium im Ausland zu nutzen. Auch diesmal dank eines Tennis-Stipendiums. Der Weg führte ihn nach England, um seinen Master-Abschluss in International Management zu machen. Corona-bedingt sah da aber alles etwas anders aus. „Wir haben auch da extrem viel trainiert, nur die Spiele wurden lange immer wieder abgesagt.“ Das wandelte sich mit der Zeit, die Corona-Einschränkungen fielen im Vereinigten Königreich nämlich deutlich früher als in Deutschland.

Wichtige Erfahrungen für Marcel Ueltzhöffer

„Es war eine andere Erfahrung als in den USA, aber das System war ähnlich. Auch da habe ich Spieler aus Ländern wie Spanien, Italien oder sogar Chile getroffen“, erinnert sich Ueltzhöffer. Ende 2021 kam er schließlich mit seinem Abschluss zurück nach Deutschland.

Seine Auslandsaufenthalte möchte er auf keinen Fall missen. „Ich bin sehr froh darum, dass ich diese Möglichkeiten hatte. Alleine für die Sprachfähigkeit, die ich heute auch im Job brauche. Tennis spielt Marcel Ueltzhöffer natürlich immer noch – heutzutage in der Oberliga beim TC Sandhausen, vielleicht anders als einige seiner Mitstudenten aus der USA-Zeit. Alltäglich ist seine Geschichte vermutlich nicht, erhellend für so manchen, dessen Zukunft gerade beginnt aber vielleicht schon.

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