Oftersheim. Nur etwa ein Fünftel der Bäume in deutschen Wäldern ist gesund. Das hat die jährliche Waldzustandserhebung des Bundeslandwirtschaftsministeriums für 2022 ergeben. Den Stichproben zufolge sind 21 Prozent des Bestands ohne Kronenschäden.
Dieses ernüchternde Ergebnis zeigt sich auch im Hardtwald und steht damit im direkten Zusammenhang mit einem Thema, das derzeit viele Oftersheimer Bürger stark beschäftigt, wenn sie im Wald unterwegs sind. An zahlreichen Wegen liegen die Stämme gefällter Bäume und auch abseits davon sind große Mengen totes Holz zu sehen. Als Laie ist es da naheliegend, sich zu fragen, wieso die zuständigen Forstbetriebe so viele Bäume fällen, die teilweise auf den ersten Blick gesund aussehen. Wir haben bei Forst BW, die für den Staatswald auch auf der Oftersheimer Gemarkung zuständig sind, nachgefragt.
Werden derzeit im Hardtwald mehr Bäume gefällt als üblich?
Die kurze Antwort: nein. Bernd Schneble, Leiter des Forstbezirkes Hardtwald, der sich vom Südrand Manheims bis südlich des Karlsruher Stadtgebietes erstreckt, verweist hier auf die Auswirkungen der vergangenen Jahre, die entweder zu heiß, zu trocken oder beides waren, was den Bäumen nachhaltig zusetzt. Dazu komme laut Martin Borowski, Schnebles Stellvertreter, noch, dass die Einschlagtätigkeit – also das Fällen der kranken Bäume – ein saisonal unterschiedlicher Vorgang sei und die Arbeiten besonders im Winter erfolgten. „Sägewerke verarbeiten das Holz aber über das ganze Jahr, weshalb es oft erst nach und nach eingesammelt wird“, so Borowski weiter.
Was macht die Baumfällungen notwendig?
Einen großen Teil des Forstbezirkes Hardtwald machen Kiefern und Buchen aus. Laut Bernd Schneble vertragen besonders Kiefern die Hitze der vergangenen Jahre schlecht, was sich deutlich an den Baumkronen zeigt. „Mit der Bewirtschaftung des Waldes und dem gezielten Verkauf von Holz hat das nichts zu tun“, führt er weiter aus. Hier müsse man zwischen planmäßiger und zufälliger Nutzung unterscheiden. Letztere bezeichnet das Fällen von Bäumen aus Gründen, auf die ein Forstbetrieb keinen Einfluss hat, zum Beispiel Sturmschäden, Schädlingsbefall oder eben Dürre- und Hitzeschäden. Im Hardtwald hatte der Anteil der zufälligen Nutzung bei der Einschlagtätigkeit laut Schneble in den vergangenen Jahren bei etwa 80 Prozent gelegen.
Einige Waldbesucher haben den Eindruck, dass auch gesunde Bäume gefällt werden – zum Beispiel, um mit dem Holz finanziell Profit zu erzielen. Trifft das zu?
Auch hier ist die kurze Antwort des Forstbezirksleiters: nein. „Wir holen kein Holz aus gesunden Beständen“, stellt er klar. „Wenn die Bäume noch stehen, lässt sich an den grünen Kronen schon erkennen, ob sie gesund sind. Schaut man sich die gefällten Bäume an, fehlt da teilweise schon die Rinde, weil sie so mitgenommen sind.“ Und dann gebe es keinen Grund mehr, sie stehen zu lassen, da sie auch dem Wald keinen mittelfristigen Nutzen mehr bieten. Denn, so erläutert Martin Borowski, wenn ein Baum abgestorben ist, fällt er innerhalb kurzer Zeit ohne Zutun um, was auch ein Sicherheitsrisiko darstelle.
Welche Maßnahmen gibt es, diese Bäume zu ersetzen?
Hier muss man laut Forst BW zwischen zwei Dingen unterscheiden: Naturverjüngung und Pflanzung. Bei ersterem Prozess wachsen Bäume natürlich nach, also weil zum Beispiel Wind oder Tiere die Samen verbreiten. Das ist laut den Experten grundsätzlich zu bevorzugen. „Auch wenn Buchen oder Kiefern schlechter mit den neuen Klimabedingungen umgehen können, würden wir nie natürlich nachwachsende Bäume entfernen, um sie durch andere Arten zu ersetzen, die wir erst pflanzen müssten“, stellt Bernd Schneble klar.
Kommen andere Baumarten grundsätzlich in Frage, um den Verlust aufzufangen?
Möglich wären klimabedingt zum Beispiel Eichen. An manchen Stellen im Bezirk pflanzt Forst BW diese auch bereits an, allerdings nur dann, wenn keine Hoffnung mehr auf Naturverjüngung besteht. Grundsätzlich ist der Wechsel zu anderen Arten hin schwierig, wie Martin Borowski betont: „Wir können die Frucht nicht so schnell wechseln wie ein Landwirt. Deutschland hat rund 10 Millionen Hektar Wald, die stellt man nicht einfach um. Wir haben aber peu à peu die Chance auf einen Baumwechsel.“ Denn wegen der Größe der betroffenen Flächen sei das für Forst BW anders rein personaltechnisch nicht zu leisten.
Werden die Baumfällarbeiten im Hardtwald im bisherigen Ausmaß weitergehen?
Laut Bernd Schneble ist das zu befürchten. „Wenn sich an den Sterbevorgängen und den Dürreschäden der Bäume nichts ändert, wird es so weitergehen“, sagt er.
Wie geht es dem Forstbezirk Hardtwald insgesamt?
„Objektiv schlecht“, lautet Martin Borowskis Fazit. Wie es mit dem Wald weitergehen wird, ist wie in den meisten Bereichen eine Frage der Finanzen, in diesem Fall auf Landesebene. „Letztlich können wir als Gesellschaft genau eines für unseren Wald tun“, sagt Bernd Schneble abschließend. „Wir müssen weniger CO2 produzieren.“
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