Ortsmitte

„Die Wärtschaft“ in Plankstadt ist Geschichte

Das Gasthaus hat nach Kündigung durch die Gemeinde seit einigen Tagen für immer geschlossen. Das sagen Christina und Volker Seitz als ehemalige Pächter dazu.

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Andreas Lin
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Volker Seitz steht im ehemaligen Lokal inmitten von Gegenständen, die sich im Lauf der Jahre angesammelt haben. © Lin

Plankstadt. Es ist kalt in der „Wärtschaft“. Aber nicht nur im eigentlichen Sinne ist in dem Gasthaus in der Ortsmitte der Ofen aus, sondern auch insgesamt: Nach über siebeneinhalb Jahren hat das beliebte Lokal am Rathausplatz für immer seine Türen geschlossen, weil die Gemeinde als Inhaber des Gebäudes den Pachtvertrag gekündigt hat. Christina und Volker Seitz sind gerade dabei, die letzten Küchenutensilien, Geräte und Dekoartikel auszuräumen. Am Montag ist Schlüsselübergabe, dann endet für die beiden Betreiber ein Lebensabschnitt: „Alles in allem war es eine schöne Zeit“, bilanziert Christina Seitz.

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Dass die jetzt relativ schnell und auch unerwartet zu Ende gegangen ist („Darauf waren wir nicht vorbereitet“), liegt daran, dass die Gemeinde Plankstadt von ihrem kurzfristigen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat. „Der Gemeinderat hat aufgrund der stark eingeschränkten Öffnungszeiten dem bisherigen Pächter gekündigt“, teilt die Verwaltung auf Anfrage unserer Zeitung mit. Konkret gehe es darum, dass sie seit geraumer Zeit nur noch donnerstags bis samstags geöffnet hatten, erklärt Christina Seitz. Damit seien sie der im Pachtvertrag geregelten Betriebspflicht nicht nachgekommen, was den Gemeinderat offensichtlich zu seiner Entscheidung gebracht hat. Doch diese Reduzierung der Öffnungstage hatte ihre Gründe.

Ausschlaggebend war ein Unfall von Christina Seitz im Oktober, der sie wochen-, ja monatelang außer Gefecht setzte. Diesen großen Ausfall in der Küche hatten sie anfangs noch im Team aufgefangen. Als dann aber eine weitere Köchin in Mutterschutz ging, war nur noch eine Kraft da. „Wir mussten einfach die Zeiten runterfahren, damit sie es schafft“, sagt Volker Seitz. „Es war vom Personal her nicht anders zu schaffen.“Und in diesen Zeiten neue gastronomische Kräfte zu finden, sei schwierig. So mussten sie beispielsweise das gesamte Weihnachtsgeschäft absagen.

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Dabei hatten sie gerade die lange Corona-Zeit einigermaßen überstanden – dank Einfallsreichtum und neuer Ideen wie dem Liefer- und Abholservice oder dem „Wärtschaftsladen“. „Wir haben auch da niemanden vom Personal entlassen, die Leute mussten ja Geld verdienen.“ Doch nach den Lockdownphasen sei manches anders geworden: „Das Ausgehverhalten der Menschen hat sich verändert“, sagt die Gastronomin.

„Die Wärtschaft“ in Plankstadt: 2015 eröffnet

Anfang Dezember 2015 – genau mit dem Weihnachtsmarkt vor der Tür– hatten sie einst ihr Lokal mit dem besonderen Konzept eröffnet: „Esse wie dahoam“ hieß das Motto bis vor Kurzem – gutbürgerliche Küche mit Plänkschter und Kurpfälzer Gerichten. Und alles im einheimischen Dialekt auf der Karte beschrieben: „Schnitzel mit Kadoffelsaload“, „Seelachsfilet mit Gemies, Salzkadoffel & Rieslingsahnesoß“ oder „Leggaare Dampfnudel wie vun da Oma Marianne“. „Wir haben den Laden aus dem Nichts aufgebaut und etabliert“, blickt Christina Seitz stolz zurück auf die lange Zeit. „So lange war noch nie jemand hier auf dem Lokal drauf“, weiß ihr Ehemann Volker als Ur-Plankstadter. Gern erinnert er sich auch an viele schöne Abende, an Events mit Livemusik oder an deren Highlights zurück. Das ist jetzt Geschichte.

Jetzt ist er mit dem Foodtruck in der Region unterwegs. © Lin

Aus der Gastronomie hat er sich nach der Schließung allerdings nicht verabschiedet. Seit einigen Monaten ist Volker Seitz als „Kurpfälzer“ mit dem Foodtruck unterwegs, verkauft Dampfnudeln, Kartoffelsuppe oder Maultaschen auf Wochenmärkten oder anderen Hotspots, zusätzlich bei Firmenevents oder Straßenfesten. „Das kriegt er alleine mit einer Köchin hin“, erklärt Ehefrau Christina, die mit einem weinenden und lachenden Auge die „Wärtschaft“ verlässt. „Wir wünschen unseren Nachfolgern die gleiche gute Zeit, wie wir sie hatten – zum Wohle einer belebten Ortsmitte.“

Für die Gemeinde geht es nun darum, eine geeignete Nachfolge für diese zentrale Gaststätte zu gewinnen. Bürgermeister Nils Drescher bedauere die schwierige Lage, in der sich viele Gastronomiebetriebe aktuell befinden, heißt es in der Mitteilung der Gemeinde. Er sei jedoch aufgrund der guten Standortbedingungen zuversichtlich, einen neuen Betreiber zu finden und stehe Interessenten gerne auch persönlich für Auskünfte zur Verfügung. Erste Interessenten gebe es schon. Mal sehen, wann im Lokal des Gemeindezentrums, das einst das „Café 2000“ war, wieder der Ofen angeht.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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