Plankstadt/Oftersheim/Schwetzingen. Die ukrainische Fahne ist ausgebreitet. In diesem Moment überkommen die Gefühle die 18 Jugendlichen und zwei Betreuerinnen aus Kozelets, einige Tränen fließen. Ihre Situation mit dem in einem unerbittlichen Krieg gefangenen Vaterland und die immense Heimatverbundenheit sind für einen kleinen Moment greifbar bei der offiziellen Begrüßung im Trausaal des Plankstadter Rathauses. Seit Samstag ist die Gruppe in der Kurpfalz, nach über 30 Stunden Fahrt angekommen.
Die kürzlich gegründete Solidaritätspartnerschaft der Kreisstadt Schwetzingen und der Gemeinden Oftersheim und Plankstadt mit der ukrainischen Stadt Kozelets hat als Auftakt diesen Erholungsurlaub für die Gruppe organisiert. Nach dem ersten Ankommen und der Unterbringung und Versorgung in der Humboldtschule in Plankstadt hieß es für die Gäste, den Ort kennenzulernen und sich von der Reise auszuruhen. Zum offiziellen Willkommen kamen jetzt alle ehrenamtlich engagierten Helfer aus den drei Orten, Schwetzingens Bürgermeister Matthias Steffan und seine Assistentin Katja Hilbert, Andreas Oswald vom Bürgerbüro Schwetzingen, der auch als deren Ukraine-Beauftragter fungiert, sowie der Oftersheimer Bürgermeister Pascal Seidel mit der Sachgebietsleiterin Integration, Galina Gavras, auf Einladung von Bürgermeister Nils Drescher, Hauptamtsleiter Patrick Wiedemann, Bürgeramtsleiter Florian Weppelmann und der Integrationsmanagerin Isabel Tratberger ins Rathaus gekommen.
Ukrainische Stadt Kozelets erhält von der Solidaritätspartnerschaft vielseitige Unterstützung
Die drei Kommunen haben sich auf die Fahnen geschrieben, mit konkreten Projekten das Leben und die kriegsbedingten Umstände in Kozelets zu mildern. Neben dem aktuellen Erholungsaufenthalt soll es eine Unterstützung für die EDV-Ausstattung in der Verwaltung und den Schulen geben, hieß es im Vorfeld.
Herzlich ist die Begrüßung auf beiden Seiten. Bürgermeister Nils Drescher sprach von einer besonderen Reise: „Sie sind die ersten Botschafter aus der Ukraine, wir hoffen auf einen regen gegenseitigen Austausch, wenn es die Bedingungen ermöglichen.“ Seit Mai 2022 sind über 200 ukrainische Kriegsgeflüchtete nach Plankstadt gekommen, bezifferte Drescher. „In schwierigen Zeiten ist es wichtig, jemanden an seiner Seite zu haben, Freunde, die unterstützen. Sie sehen uns hier an ihrer Seite“, unterstrich Drescher und dankte der Ideengeberin Anna Demianova, die er als Brückenbauerin in dieser Aktion bezeichnete.
Demianova betonte das Glück, dass es trotz aller Hürden möglich wurde eine Solidaritätspartnerschaft zu gründen. Sehr bewegt wünschte sie sich und allen Beteiligten, dass es gelingen möge mit Liebe und offenen Herzen dafür zu sorgen, positive Stimmung und Gutes aus der Kurpfalz mit zurück in die Ukraine zu nehmen – und natürlich die Gewissheit, nicht alleine zu sein. Langer Applaus begleitete ihre Worte.
Die ersten Tage betreuen Plankstadter Verwaltungsmitarbeiter und Ehrenamtliche die Gäste. Ihr Programm startet mit einem Ausflug nach Speyer zum Dom und ins Technik Museum mit dem 3D-Kino. Am Dienstag geht es nach dem Frühstück und einem Tischtennisspiel nach Eppelheim zum Gartengolf, abends grillt der Plankstadter Jugendbeirat gemeinsam mit der Gruppe. Bergbahnfahrt, Schlossbesuch und mehr stehen für Mittwoch auf dem Programm. Ab Donnerstag sind die Jugendlichen mit Schwetzinger Helfern unterwegs. Andreas Oswald schilderte den ersten Tag als Bowlingausflug und den Freitag als Schwimmbadtag, was ein Wunsch aus der Runde gewesen sei. Ein Besuch im Schwetzinger Schloss und Garten gehört dazu sowie der Besuch bei einem Sommerfest mit Livemusik. Ein Ausflug in den Heidelberger Zoo und in die Springbude nach Ladenburg runden die Tage ab.
Austausch auf allen Ebenen
Für die zehn bis 21 Jahre alten Besucher geht es dann unter Oftersheimer Regie in den internationalen Garten zum Grillen und Kennenlernen. Entspannung steht auf dem Programm, bevor ein Kochkurs in die Welt der türkischen Speisen entführen wird. Spieleabend und Kino sollen spontan eingeflochten werden, dazu geht es zur Bundesgartenschau nach Mannheim und zum Golfen auf den Golfplatz Rheintal. Ein Diskoabend im Jugendzentrum soll dann für Ausgelassenheit sorgen und der Besuch beim Bundesligaspiel Hoffenheim gegen Freiburg ist sicherlich ein besonderes Erlebnis.
Die beiden ukrainischen Betreuerinnen Inna Penska und Viktoria Prima dankten für ein derart umfangreiches und vielfältiges Programm in dessen Fokus der intensive Austausch und das Kennenlernen stehen sollen. Sie honorierten, dass trotz der Schwierigkeiten dieser Besuch organisiert und durchgeführt wird. „Unser Bürgermeister und seine Stellvertreter sind voller Dank für diese Chance und betonen, dass es nicht das letzte Treffen gewesen sein soll“, so Inna Penska. Auch ihrerseits hoffe man nach Kriegsende auf einen regen Austausch auf allen Ebenen. Für den Empfang hatten die Gäste ihre traditionellen Kleidungsstücke – handgemacht und mit der typischen Stickerei „Wyschywanka“ versehen – angelegt. Ein tolles Bild voller ungefilterter Heimatliebe.
Die Gemeinde Kozelets liegt direkt am Fluss Oster im südwestlichen Teil der Region Tschernihiw, gut 70 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Kiew. Die Gemeinde umfasst 53 Dörfer und das Verwaltungszentrum in der städtischen Siedlung Kozelets. Die Bevölkerungsanzahl beträgt einschließlich der Dörfer und Weiler etwa 18 300 Personen, davon leben in der Stadt Kozelets 9500. Während der Gefechte in der Region Tschernihiw wurde der südliche Teil der Gemeinde teilweise beschädigt. Konkret wurden im Dorf Omelyaniv zwei Häuser vollständig zerstört und sechs weitere teilweise. Menschen kamen dabei bislang glücklicherweise nicht zu Schaden.
Die kriegerischen Handlungen Russlands in der Ukraine dauern jedoch bekanntermaßen weiter an und die Zivilbevölkerung hat darunter nach wie vor sehr zu leiden. Für den Wiederaufbau und humanitäre Hilfe ist die ukrainische Bevölkerung in Kozelets auf Unterstützung angewiesen.
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