Plankstadt. Feste Eckpunkte im Laufe des Monats Mai sind die Eisheiligen, die Gedächtnistage der Heiligen Pankratius zwischen 12. und 14. Mai: Servatius und Bonifatius. In Norddeutschland und den Niederlanden wird auch noch der 11. Mai, der Tag des heiligen Mamertus, dazugezählt.
Von altersher setzten die Bauern in der Region auf ihre Erfahrungen mit der Natur; so erwarteten sie für diese Tage einen verspäteten polaren Kälteeinbruch mit Nordwinden und sogar Frost. Dies hat zu der Bezeichnung „Eisheilige“ oder mancherorts auch „die gestrengen Herrn“ geführt. In Süddeutschland, Österreich und der Schweiz gehört auch der 15. Mai, der Gedächtnistag der heiligen Sophia, zu den Eisheiligen und wird im Volksmund daher „die kalte Sophie“ genannt.
In Plankstadt wurde auf das Ende der Eisheiligen gewartet
Und so wurde aus diesen Erfahrungen heraus vor dem Ende der Eisheiligen auch in Plankstadt im Garten nicht gepflanzt und kein Vieh auf die Weide getrieben. Ein alter Bauernspruch lautet: „Pankrazi, Servazi, Bonifazi , sind drei frostige Bazi, und am Schluss fehlt nie die kalte Sophie“.
Langjährige Wetterbeobachtungen zeigen jedoch, dass ein Temperatursturz inzwischen häufig erst um den 20. Mai auftritt. Stimmen etwa die „Eisheiligen“ nicht mehr? Des Rätsels Lösung findet sich unter anderem in der Geschichte des Kalendersystems: 1582 hat Papst Gregor VIII. eine Kalenderreform veranlasst, wodurch die Unterschiede des Julianischen Kalenders zum Sonnenjahr weitgehend korrigiert werden konnten. Der Tag der „Kalten Sophie“ (15. Mai) lag vor der Reform auf dem Tag, der heute dem 22. Mai entspricht. Mit den Auswirkungen der „Eisheiligen“ ist deshalb in der Zeit vom 19. bis zum 22. Mai zu rechnen. Gehen die Eisheiligen ohne Kälteeinbruch vorüber, ist nach den alten Beobachtungen mit einem schönen Herbst zu rechnen.
Die meteorologische Ursache dieser, von Wetterforschern Singularität genannte Wettererscheinung, ist ein alljährliches Hoch über Schottland, welches in Mitteleuropa Kaltlufteinbrüche bedingt. Die trockene Luft verursacht insbesondere nachts tiefe Temperaturen. Inzwischen erleben wir jedoch, dass sich diese alten Wetterregeln verändern; viele machen dafür den Klimawandel verantwortlich.
89 Prozent Wahrscheinlichkeit: Witterungsregelfall Schafskälte ist verlässlich
Ein Witterungsregelfall, der statistisch eine unglaublich hohe Eintreffwahrscheinlichkeit von 89 Prozent hat, ist die Schafskälte zwischen dem 8. und 15. Juni. Damit sind empfindlich kühle, wechselhafte und oft auch regenreiche Tage gemeint, die sich nach einer ersten sommerlich warmen Witterungsperiode Ende Mai meist noch vor Mitte Juni einstellen. Da um diese Zeit in Europa meist die Schafe geschoren wurden, waren diese Tage bei den Schäfern gefürchtet; die frisch geschorenen Tiere konnten sich beim plötzlichen Kälteeinbruch auf den Tod erkälten. Ein wichtiger Tag ist auch der 8. Juni, der Gedenktag des heiligen Medardus. „Regnet’s am Medarditag, so regnet’s 40 Tag danach!“ Im Juni entscheidet sich, ob der Sommer trocken oder nass wird.
Die Wetterregeln zum Siebenschläfertag (27. Juni) beziehen sich darauf. Allerdings ist der Siebenschläfertag seit der gregorianischen Kalenderreform meteorologisch auf den 7. Juli verschoben. Deshalb sind die Wetterregeln zu diesem Tag mit Vorsicht zu genießen: „Ist der Siebenschläfertag nass, regnet’s ohne Unterlass!“
Schöne Tage versprechen abends herumschwirrende Junikäfer sowie Glühwürmchen und Spinnen. Verkriechen sie sich, so ist mit Regen oder Unwetter zu rechnen. Überhaupt hatten die Bauern früherer Zeiten viel mehr Anzeichen wahrgenommen, die auf eine Wetteränderung hindeuteten. Das war natürlich auch nötig, weil es wissenschaftlich fundierte Wetterprognosen noch nicht gab. Zum Beispiel bemerkten sie, dass Steine und Äxte zu schwitzen begannen, wenn Regen kam. Sie bemerkten, dass sich Fichtenäste zur Erde neigten, wenn das Wetter trocken blieb, und sich bei nahendem Schlechtwetter nach oben richteten. Dies alles geschieht auch heute noch, aber wem fällt es noch auf oder wer vermag solche Phänomene zu deuten?
Wetter in Plankstadt: Auf die Schafskälte folgt der Spargelsylvester
Ein letzter wichtiger Lostag im Monat Juni ist das Fest des heiligen Johannes des Täufers am 24. Juni – ein anderer Name Spargelsylvester ist nicht schwer zu deuten. Am Ende der Schafskälte steht der Übergang zur Erntesaison. Die Futtergräser sind reif, das Sommergetreide beginnt seine Reifezeit. Mit dem Beginn der Heuernte wurde der Begriff des Johannisschnitts geprägt. „Wenn die Johanniswürmer glänzen, darfst richten du deine Sensen“ und „Vor dem Johannistag, man Gerst’ und Hafer nicht loben mag“ sind bekannte Binsenweisheiten.
Einige Pflanzen wie Rotbuche, Eiche und einige Ahornarten treiben um Johannis zum zweiten Male aus, was den Begriff Johannistrieb prägte. Darunter versteht man übrigens auch scherzhaft eine übersteigerte Sexualität älterer Männer.
Wie schon erläutert, müssten auch die Modalitäten der Kalenderreform bei den Beobachtungen berücksichtigt werden. Wie dem auch sei und ob es mit der heutigen Wetterrealität noch übereinstimmt, sei dahingestellt. Trotzdem freuen sich viele, wenn die Prophezeiungen einigermaßen zutreffen, denn damit ist der Beweis geliefert, dass die Vorfahren auch ohne technische Hilfsmittel eine gute Beobachtungsgabe hatten
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